Gewinneinbrüche, Lohnkürzungen, Werkschliessungen: Die deutsche Autoindustrie steckt in der grössten Krise seit Jahrzehnten. Im Zentrum steht Volkswagen, der weltweit zweitgrösste Autokonzern mit 200’000 Mitarbeitenden. Nach dem markanten Gewinneinbruch im dritten Quartal will VW die Löhne senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Schon im September hatten die Wolfsburger ein Sparprogramm angekündigt und die seit mehr als 30 Jahren geltende Beschäftigungssicherung aufgehoben. Auch Werkschliessungen stehen zur Diskussion.

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Doch VW ist kein Einzelfall. Auch bei der Konkurrenz in München und Stuttgart harzt es gewaltig. Sie leidet mit ihrer Premiumstrategie ebenfalls unter Absatzproblemen in China, wo der Anteil teurer ausländischer Autos sinkt. Gleichzeitig flutet die erstarkte chinesische Autoindustrie Europa mit günstigeren E-Autos, und das bei einer ohnehin schwachen Nachfrage. Die europäischen Autoverkäufe haben nicht mehr das Niveau von vor Corona erreicht. 

Bei BMW schlägt zudem eine Rückrufaktion wegen Mängeln an der Bremse auf die Profitabilität. An der Börse haben die Aktien von BMW dieses Jahr sogar noch mehr (minus 28 Prozent) verloren als jene von VW (minus 23 Prozent).

Wie die Grafik jedoch zeigt, dauern die Probleme von VW in den Augen der Anlegerinnen und Anleger schon deutlich länger an. Expertinnen und Experten bezeichnen den Diesel-Skandal im Jahr 2015 als Wendepunkt. Doch davon schien sich der Konzern erholt zu haben. Seit Corona geht es mit dem Kurs nur noch bergab, von über 200 Euro auf unterdessen weniger als 90 Euro.

Die Gründe für den Vertrauensverlust der Börse sind vielfältig: In China hat VW die Marktführerschaft verloren. Die schwache Marktlage in Europa hat zu Überkapazitäten geführt. Die Energiekrise hat die Kostenprobleme verschärft. 

Gemäss der Zürcher BWL-Professorin Anja Schulze sind aber auch Managemententscheidungen und eine verspätete Reaktion auf den Elektromobilitätsboom mitverantwortlich. VW habe zu lange an der Verbrennertechnologie festgehalten. Auch die Entscheidung, Batterien nicht selbst zu produzieren, sei ein Fehler gewesen.