Es war ein verblüffendes und historisches Ereignis: Die Generalversammlung verweigerte der UBS-Führung am Donnerstag die Décharge. Erst zum zweiten Mal überhaupt sah sich die Spitze eines SMI-Konzerns mit solch einer Misstrauensbekundung konfrontiert. 

UBS-Präsident Axel Weber nahm umgehend Stellung – per Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung»: Das sei «kein Votum gegen die heutige Geschäftsleitung oder den Verwaltungsrat. Denn die Aktionäre haben allen anderen Traktanden zugestimmt», meinte er in einem am Freitag veröffentlichen Gespräch. «Aber wir nehmen das Votum sehr ernst».

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Man müsse wohl insbesondere den amerikanischen Aktionären besser erklären, dass es zwischen den USA und Frankreich Unterschiede gibt, wie man sich aussergerichtlich einigt. «Vielfach fehlt das grosse Bild.» Er rechne jedenfalls nicht mit einer Welle von Klagen, so Weber.

Tatsächlich wird die Verweigerung der Décharge in den meisten Reaktionen als juristisch zweitrangig beurteilt. «Eine Schadensersatzklage gegen die Bankführung erscheint aus heutiger Sicht absurd», schreibt die NZZ mit aller Deutlichkeit. Auf der anderen Seite verlören die Aktionäre ja nichts, wenn sie der Bankführung «gleichsam für alle Fälle» die Décharge verweigern. Tatsächlich hatte ja auch der Stimmrechtsberater ISS, welcher ein Nein zur Décharge gefordert hatte, den Schritt bloss als vorbeugende Massnahme dargestellt. 

Von Denkzetteln und Ohrfeigen

In einem weiteren NZZ-Kommentar ist denn auch die Rede von einer (nur) «symbolischen Ohrfeige» – eine Interpretation, die weit verbreitet ist. Die «Aargauer Zeitung» wählte dazu das Wort «Denkzettel», für die «Südostschweiz» war es ein «Schuss vor den Bug», der «Tages-Anzeiger» nahm die etwas angriffigere Formulierung «schallende Ohrfeige».

Der Kommentar dort weist darauf hin, dass da immerhin Axel Weber und Sergio Ermotti vom Aktionariat abgestraft wurden: Ausgerechnet jene Spitzenleute, «welche sich stets rühmen, die Bank von Altlasten wie den Vorwürfen der Zinsmanipulationen befreit zu haben, kassieren die erste Decharge-Verweigerung seit der Ära Ospel.

Insgesamt habe man hier also einen Warnschuss gehört: «Die Aktionäre sind offenbar nicht von der Prozessstrategie überzeugt. Und in den USA wagt die Bankführung im Streit um Schadenersatz wegen des Verkaufs von Ramschhypotheken gleich den nächsten Prozess. Sollte auch dieser in erster Instanz verloren gehen, dürfte der Druck auf die UBS-Führung nochmals steigen.»

Internationale Resonanz gering

In der Romandie meinte das führende Wirtschaftsmedium «L’Agefi», das Abstimmungsresultat sei zwar ein Zeichen der Missbilligung («désaveu»); aber es trage nicht wirklich dazu bei, die mittelfristigen Unsicherheiten über die Lage der UBS zu verstärken.

Entsprechend der bescheidenen realjuristischen Bedeutung des Ergebnisses blieb die internationale Resonanz eher gering. Leitmedien wie
«Financial Times», das «Wall Street Journal» oder «Bloomberg» beliessen es bei der Berichterstattung – und verwiesen allenfalls darauf, dass solch eine Rückweisung «unusual» sei.

Spürbar wird wohl eines: Dass die Aktionäre etwas aufmüpfiger werden. Immerhin erlebte Deutschland jüngst einen ähnlich unerwarteten Schlag: Ende April verweigerte die Hauptversammlung des Agrarchemie- und Pharmakonzerns Bayer dem CEO Werner Baumann die Entlastung; erstmals überhaupt erhielt ein amtierender Dax-Chef solch eine Klatsche.

Das Njet der UBS-Aktionäre in Basel sei eine ungewöhnliche Situation, meinte denn auch Michael Moeller, Aktienstratege bei UBP, auf CNN Money: «Sie zeigt auch die Macht, die Stimmrechts-Beratung und -Stellvertretung haben». Offenbar seien viele Aktionären jenen Ratschlägen gefolgt.

Die UBS-Spitze müsse nun mit den Stimmrechtsvertretern zusammenarbeiten, «um die Aktionäre wieder auf ihre Seite zu kriegen».

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