CYCLOS. Dass die «normalen» Uhren nur 12 Stunden anzeigen, störte den Baselbieter John Ermel (48) schon lange. Von den 24-Stunden-Uhren, bei denen der Stundenzeiger eine einzige Umdrehung pro Tag macht, hält er allerdings nichts. «Weil man sich die herkömmlichen Stundenwinkel gewohnt ist, muss man beim Ablesen komplett umdenken.»
Der gelernte Architekt, Ingenieur und Designer Ermel, der unter anderem bei Santiago Calatrava assistierte, hatte seine Eingebung 1989, als er als Uhrendesigner an einer Auftragsarbeit sass. Die Idee, den Stundenzeiger auf zwei verschiedenen Umlaufbahnen für die beiden Tageshälften schicken zu lassen, sollte Ermel nicht mehr loslassen.
Ein langer Weg zur Serienreife
Zehn Jahre später (!) liess Ermel seine Lösung, die auf dem mathematischen Phänomen der «Pascal’schen Schnecke» basiert, patentieren. Unter der Marke Cyclos Watch erschien 2003 das Modell day&night in einer auf 25 Exemplare limitierten – und rasch ausverkauften – Initial Edition in Gehäusen aus Gelb- und Rotgold. Wirklich neu und einzigartig war das System eines Stundenzeigers, der dank einer ungemein cleveren Mechanik seine Länge verändert. Der Stundenzeiger beschreitet aus derselben Achse zwei Kreise für die ersten und die zweiten zwölf Stunden des Tages. Um Mitternacht ist er ganz kurz, am Mittag am längsten, doch beide Male steht er an der gewohnten 12-Uhr-Position oben auf dem Zifferblatt. Man muss das System in Aktion sehen, um seine Subtilität wirklich zu begreifen, am besten auf der Cyclos-Website. Uhrentechnisch umgesetzt und zur Produktionsreife entwickelt wurde die Komplikation zusammen mit niemand Geringerem als dem Duo Robert Greubel und Stephen Forsey, die bei Sammlerkreisen vor allem mit höchst komplexen Tourbillons für Furore sorgen.
Warten auf den Durchbruch
Die Uhren von Cyclos sind seit 2003 auf dem Markt. Die verschiedenen Modelle der Kollektion sind nach allen Regeln der Kunst gearbeitet, mit viel Liebe zum Detail. Ermel investierte nicht nur viel Zeit in die eigenständige Mechanik, sondern auch in die Gestaltung von Gehäuse, Zifferblatt und Zeigern. Die internationale Fachpresse war ob der Kombination von innovativer Technik und gelungener Ästhetik des Lobes voll. Der grosse Durchbruch blieb bis heute dennoch aus. Die Cyclos ist eher ein Stück für Charaktere mit Hang zum Understatement, für den Oligarchen mit Geltungsdrang ist ihre Erscheinung zu schlicht. «Mit einem ‹grossen Namen› auf dem Zifferblatt und entsprechendem Marketing-Know-how sähen die Stückzahlen anders aus», vermutet Ermel, nach wie vor mit viel Elan und Optimismus am Werk und vom Potenzial seiner Ideen überzeugt.
Die Quadratur des Kreises
Der neueste Streich des hartnäckigen Erfinders ist eine Uhr mit quadratischem Zifferblatt, deren Minutenzeiger sich in der Länge verändert und sich regelrecht bis in die vier Ecken hinausstreckt. Der Effekt ist verblüffend, die Technik hat etwas von Poesie. Ermel erzählt nicht ohne Stolz, dass er diese Tischuhr 2006 an der «BaselWorld» am Stand der AHCI präsentieren durfte, der renommierten Académie Horlogère des Créateurs Indépendants. «Natürlich wird diese Idee auch als Armbanduhr kommen», sagt Ermel. Eine Terminprognose ist ihm nicht zu entlocken. «Zehn Jahre wird es aber nicht mehr dauern», ergänzt er bloss geheimnisvoll.