Davos ohne HCD kannst Du Dir das vorstellen?» Die emotionalen Parolen auf der Homepage des HC Davos drücken jedem Fan auf die Tränendrüsen. Ziel: Jede und jeder mit ein wenig Herzblut für den Eishockey-Rekordmeister soll in die eigene Tasche greifen und spenden. Das ist auch bitter nötig, denn der HCD pfeift finanziell aus dem letzten Loch. Bis am 31. März muss die im Dezember notfallmässig einberufene «Task Force HCD» rund 3,4 Mio Fr. auftreiben, um die angehäuften Schulden zu tilgen. Dies verlangt die Nationalliga, ansonsten wird sie dem Bündner Traditionsklub die Spiellizenz für die kommende Saison verweigern. Der HCD müsste den Konkurs anmelden und in der 4. Liga neu beginnen.

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Eine Horrorvorstellung für Tarcisius Caviezel: Der HCD-Fan und CEO der Burkhalter Gruppe führt die Task Force an und ist fast rund um die Uhr auf Geldsuche. «Zurzeit haben wir etwa die Hälfte beisammen», so Caviezel. Mit der neugegründeten Hockey Club Davos AG will er die Führung des angeschlagenen Vereins an der Generalversammlung von Ende März in die eigenen Hände nehmen. Doch die Zeit läuft dem designierten HCD-Präsidenten davon. Das fehlende Geld ist wohl nur noch innert geforderter Frist aufzutreiben, wenn sich wie jüngst beim FC Servette ein wohltätiger Retter aus dem Nichts erhebt und einen grossen Betrag aus dem Hut zaubert.

Sammelaktionen sollen Zug retten

Obwohl sich der HCD in der weitaus misslichsten Lage befindet, offenbart auch der Blick auf die restlichen Klubs der Nationalliga A ein mehrheitlich trübes Bild. Bangen um die neue Lizenz muss zum Beispiel auch der EV Zug. Zurzeit fehlt rund 500000 Fr. in der Kasse. Wie in Davos wurde auch in der Innerschweiz eine grosse Sammelaktion zur Rettung des Klubs gestartet. Diese führt wahrscheinlich zum Ziel: Zugs Geschäftsführer Roland Wyss ist zuversichtlich, dass der Fehlbetrag in den kommenden Wochen dank vieler kleiner Spenden zusammengebracht wird. Ein Fragezeichen muss auch bei Servette gesetzt werden. Insider vermuten, dass die amerikanische Hauptinvestorin Anschutz die sich anhäufenden Verluste nicht mehr lange decken wird. Die Lizenzvergabe ist jedenfalls auch bei den Genfern noch hängig.

In zweiter Instanz erhalten haben die Spielbewilligung inzwischen die ZSC Lions und Ambri-Piotta. Die Zürcher konnten den Verlust von über 1 Mio Fr. aus dem Vorjahr mit einer Aktienkapitalerhöhung auffangen. Dazu konnte mit green.ch ein neuer Hauptsponsor an Land gezogen werden. Der ZSC-Sportchef Simon Schenk rechnet im Falle von drei ausverkauften Playoff-Heimspielen gegen Davos sogar mit einem ausgeglichenen Ergebnis per Ende April. Ein solches wird gemäss Direktor Roland von Mentlen auch Fribourg-Gottéron vorlegen. Die Aktionäre des Klubs haben einer Aktienkapitalerhöhung zugestimmt, die aufgrund des Terminkalenders der Nationalliga bis Ende März vollzogen sein muss. Ohne Wenn und Aber bereits im Dezember haben einzig die beiden sportlichen Überflieger Lugano und Bern sowie die Abstiegskandidaten Basel und Langnau die Lizenz für die Saison 2004/2005 erhalten.

An der finanziellen Misere im Schweizer Spitzen-Eishockey hat sich also auch in dieser Saison nichts geändert. Trotz ständiger Aufforderungen seitens der Nationalliga, ein vernünftigeres Kostenmanagement zu betreiben, stehen heute zwei Klubs sogar am Abgrund. Eine Entspannung der Situation ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Die Mehrheit der Vereine hat vor einem Monat nämlich entschieden, dass die Zahl der spielberechtigten Ausländer in der Nationalliga A ab nächster Saison von drei auf vier erhöht wird. Mindestens einer davon muss aus dem EU-Raum kommen. Für Nationalliga-Präsident Franz A. Zölch ist klar, dass dieser Beschluss den finanziellen Druck auf die Klubs nochmals markant erhöhen wird. Gleichwohl war es für ihn ein logischer Entscheid. «Da EU-Ausländer den Schweizern mit den bilateralen Verträgen gleichgestellt werden, wäre diese Regelung früher oder später gezwungenermassen gekommen», ist er überzeugt. Roland Wyss vom EV Zug kann diese Argumentation nicht gelten lassen. Seiner Meinung nach hätten sich die Klubs problemlos darauf einigen können, einfach keine weiteren Ausländer zu kaufen. Auch für Roland von Mentlen von Fribourg-Gottéron hat die Solidarität unter den Klubs versagt. «Die Ausländerregelung wurde von den grossen Klubs missbraucht, um die eigenen Interessen durchzusetzen.»

Die Ausbildner-Klubs bleiben auf der Strecke

Ähnlich wie im Fussball, wo Basel der Konkurrenz wirtschaftlich und sportlich enteilt ist, bahnt sich auch im Schweizer Eishockey immer mehr eine Zweiklassengesellschaft an. Auf der Strecke bleiben werden die typischen Ausbildner-Klubs, deren Talente schon in jungen Jahren von der wohlhabenden Konkurrenz weggekauft werden. Aber funktionieren kann die Liga mittelfristig nur dann, wenn bestimmte Rahmenbedingungen auch den Kleinen sportlich eine faire Chance ermöglichen. Diese kleine Chance möchte von Mentlen mit Fribourg in den Playoffs packen und das übermächtige Lugano «frühzeitig in die Ferien schicken».