Ob Stadtflitzer oder SUV - die Autobauer arbeiten mit Hochdruck an der schon länger angekündigten Elektroauto-Offensive. Auf der Automesse in Genf zeigen Volkswagen, Daimler und BMW, aber auch ihre Konkurrenten aus Frankreich, Japan und Schweden, mit welchen Modellen sie im kommenden Jahrzehnt die Käufer zum Schwenk auf emissionsfreies Fahren gewinnen wollen.
«Unsere Zukunft ist elektrisch», sagte BMW-Chef Harald Krüger am Dienstag in Genf. Neben rein batterieelektrisch fahrenden Modellen rollen etliche Hersteller auch Hybridwagen, die zwecks langer Reichweite auf den Verbrennungsmotor noch nicht ganz verzichten, ins Rampenlicht.
Die Hersteller forcieren den Umstieg auf Elektromobilität nicht ganz freiwillig. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, zwingt die Europäische Union die Industrie zu immer sparsameren, klimaschonenderen Autos. Das nächste Etappenziel für die Neuwagenflotte der Autobauer von maximal 95 Gramm Kohlendioxid Ausstoss im Schnitt pro Kilometer rückt immer näher. Wer diese Marke 2021 reisst, muss saftige Strafen zahlen. Die CO2-Werte der meisten Autobauer stiegen insgesamt aber 2018 das zweite Jahr in Folge, wie das Beratungsunternehmen Jato erklärte. Denn zum einen boomt der Absatz von PS-starken Geländewagen. Zum anderen brach seit dem VW-Dieselskandal 2015 der Verkauf von relativ sparsamen Selbstzündern ein.
«2021 ist noch ein hartes Rennen», erklärte Krüger weiter. Er sei aber optimistisch, die Zielmarke zu schaffen. Der nächste Schritt der CO2-Regulierung in der EU, nach dem bis 2030 die Emissionen nochmals um 37,5 Prozent sinken müssen, sei hingegen eine «dramatische Herausforderung». BMW sieht sich für das Rennen gut aufgestellt.
In diesem Jahr kommt der Elektro-Mini auf den Markt, im kommenden Jahr folgt der ix3. Audi präsentiert in Genf eine Studie des SUV Q4 e-tron. Mercedes gibt mit einem Konzeptfahrzeug einen Vorgeschmack auf die rein elektrisch fahrende Grossraumlimousine EQV. Das Serienmodell des batteriebetriebenen Vans soll im September auf der IAA in Frankfurt gezeigt werden. «Wir haben einen Plan, wie wir die Ziele erreichen können», sagte Zetsche. Mercedes-Benz will Strafzahlungen für zu hohe Abgaswerte unbedingt vermeiden. Der italienisch-amerikanische Autobauer Fiat Chrysler hingegen schließt dem neuen Chef Mike Manley zufolge nicht aus, Bußgeld an die EU zu zahlen, wenn das günstiger sei als neue Technologie zu entwickeln.
Baukasten sollen Kosten senken
Auch Volkswagen setzt alles auf die Karte Elektromobilität. Wenn Ende 2019 in Zwickau der erste «ID» vom Band gerollt ist, sollen weitere Modelle folgen. Insgesamt wollen die Wolfsburger schon im nächsten Jahr mehr als 100'000 reine Elektroautos verkaufen, um so die Klimavorgaben zu erfüllen.
Dabei müssen die Autobauer bei Elektroautos noch eine Zwickmühle lösen. Denn Käufer sind nur mit langer Reichweite zu überzeugen, und Reichweite braucht mehr Batteriezellen, die den Preis über den der Verbrennermodelle treiben. Volkswagen setzt deshalb auf ein bewährtes Rezept: einen Antriebsbaukasten, der Basis verschiedener Modelle wird - und sogar an andere Autobauer geliefert werden könnte. Das durch den Streetscooter der Post bekannt gewordene Aachener Start-up e.Go Mobile AG will die E-Mobilitätsplattform MEB von VW nutzen. Das in Genf als Studie präsentierte VW-Kleinfahrzeug ID. Buggy könnte Unternehmenskreisen zufolge ein Gemeinschaftsprojekt sein. In einer ersten Welle sollen in den nächsten Jahren rund 15 Millionen reine E-Fahrzeuge auf der MEB-Plattform entstehen.
Hoffnungsschimmer im Zollstreit
Gar nicht gebrauchen kann die Autoindustrie angesichts der milliardenhohen Investitionen, dass die Autokonjunktur durch den Handelsstreit mit den USA und den Brexit einbricht. Höhere Einfuhrzölle auf dem wichtigen US-Markt würden die deutschen Autobauer schwer treffen, weil sie über höhere Preise die Nachfrage bremsen oder bei Preiszugeständnissen den Gewinn schmälern.
Die Autobauer kämpfen deshalb unvermindert gegen die von US-Präsident Donald Trump angedrohte Zollerhöhung auf Autos aus Europa. BMW sei immer wieder in intensiven Gesprächen mit der US-Regierung, um höhere Importzölle zu verhindern, erklärte Vorstandschef Krüger. «Wir sind uns sicher, dass wir die Wahrscheinlichkeit von Importzöllen in den USA reduziert haben - ob auf Null, muss man sehen», sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche.
(reuters/tdr)