Der Ex-Chefbuchhalter von Christoph Blocher bei der Ems-Chemie streitet gegen seine Verurteilung aus dem September 2010. Der 75-Jährige ist in Berufung gegangen und steht am Montag zusammen mit seinem Komplizen vor dem Kantonsgericht in Chur.
Die Berufungsverhandlung findet nicht am Kantonsgericht statt, sondern - wegen des erwarteten öffentlichen Interesses - im Churer Kirchgemeindehaus Titthof. Der Hauptangeklagte wurde vor einem Jahr erstinstanzlich vom Bezirksgericht in Domat/Ems wegen eines Millionbetrugs zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.
Der gebürtige Deutsche soll die Ems-Chemie in Domat/Ems um 13 Millionen Franken betrogen haben. Schuldig gesprochen wurde der frühere Chefbuchhalter wegen Betrugs, Urkundenfälschung, Geldwäscherei und Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage.
Fast unerschöpfliche kriminelle Energie
Das Gericht war über das von der Staatsanwaltschaft beantragte Strafmass von sechs Jahren Gefängnis hinausgegangen. Begründet wurde die um zwei Jahre höhere Strafe mit der «kriminellen Energie» des Mannes, die laut dem Gerichtsvorsitzenden «fast unerschöpflich» gewesen sei.
Der mutmassliche Komplize des Buchhalters, ein 67-jähriger ehemaliger Verkaufsangestellter der Ems-Chemie, wurde zu vier Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Beide Angeklagten waren in Berufung gegangen und befinden sich seit der erstinstanzlichen Verurteilung auf freiem Fuss. Sie hatten die ihnen zur Last gelegten Delikte stets rundweg bestritten.
Die zwei Männer sollen zwischen Juni 1995 und August 2004 mit fiktiven Rechnungen 9,9 Millionen Franken von der Ems-Chemie abgezweigt haben. Der 67-Jährige soll Rechnungen an das Chemie-Unternehmen geschickt haben, der Buchalter löste jeweils die Zahlungen aus. Aufgeflogen ist der Millionen-Betrug wegen einer Fehlbuchung.
Zusätzlich soll der Buchhalter zwischen August 1996 und Juli 2004 ohne geschäftsmässigen Grund Schecks im Betrag von über drei Millionen Franken ausgestellt haben. Die Untersuchungsbehörden stellten bei ihm 7,8 Millionen Franken sicher.
Vorherige Straftat verjährt
Der 75-Jährige begründete die Herkunft des Geldes mit der Hinterlassenschaft seiner Frau und einer geschickten Anlagestrategie, mit der er gut verdient habe. Beim Mitangeklagten wurde kein Geld gefunden. In erster Instanz waren die beiden Männer verpflichtet worden, der Ems-Chemie gegen 14 Millionen Franken zurückzuerstatten.
Die erstinstanzliche Gerichtsverhandlung letztes Jahr brachte vermutlich nicht die ganze Wahrheit ans Licht. Der Vorsitzende des Bezirksgericht hatte bei der Urteilsverkündung Andeutungen in dieser Richtung gemacht.
Schon 1992 fehlten in der Kasse des damals von Christoph Blocher geleiteten Chemie-Unternehmens 1,5 Millionen Franken. Der Buchhalter wurde aber nicht zur Verantwortung gezogen, weil die vermutete Straftat verjährt war.
(tno/sda)