Viele Handynutzer haben sich bei einer Reise ins Ausland jahrelang über die hohen Roaming-Gebühren von Schweizer Anbietern geärgert. Erst recht, als die EU vor rund eineinhalb Jahren die Roaming-Gebühren in Europa gänzlich abschaffte. Die Schweiz wurde immer wieder als «Roaming-Hölle» bezeichnet; die ständige Suche nach W-Lan zum Verschicken der neusten Ferienbilder gehörte für Schweizer auf Reisen dazu.
Jetzt soll das Telefonieren und Surfen im Ausland auch ohne das ständige Überprüfen der Datenpakete möglich sein. Die Swisscom lanciert ein neues Abo, bei dem die ständig kritisierten Auslandgebühren wegfallen sollen. «Mit dem neuen Abo können Kunden so sorglos surfen wie daheim», verspricht Produktchef Dirk Wierzbitzki.
Für das neue Abo «inOne mobile go» verlangt die Swisscom 80 Franken pro Monat ohne Kombirabatt. Damit würden die Bedürfnisse von rund 80 Prozent der Swisscom-Kunden abgedeckt werden, heisst. Das neue Abo löst die bisherigen 1,8 Millionen Abos «inOne mobile» XS bis XL ab. Es kommt am 25. Februar auf den Markt.
Keine Mehrkosten im Ausland
Es gab zwar bereits davor ähnliche Angebote von allen Schweizer Anbietern. Sie kosteten jedoch deutlich mehr und die Datenvolumen waren auf eine Handvoll Gigabyte oder auf bestimmte Länder begrenzt. Das neue Abo der Swisscom soll nun aber tatsächlich «unbegrenztes» telefonieren und surfen ermöglichen, heisst es vom grössten Schweizer Telekomanbieter.
Unbegrenzt heisst in diesem Fall 40 GB pro Monat mit einer Maximalgeschwindigkeit von 100 Megabit pro Sekunde. Ist diese Datenmenge aufgebraucht, wird die Geschwindigkeit automatisch gedrosselt. Es würden dabei keine Mehrkosten anfallen, verspricht Wierzbitzki. Nach seiner Ansicht sei ein Datenvolumen von 40 Gigabyte «ziemlich viel». Man könne damit über zwei Stunden lang Netflix im Ausland anschauen, betont Wierzbitzki.
Weshalb die Swisscom dieses Angebot nicht bereits früher eingeführt habe? «Da die Schweiz nicht in der EU ist, müssen die Kosten für Roaming unter europäischen und den Schweizer Anbietern anders verrechnet werden», sagt Wierzbitzki. Da die Schweizer aber viel ins Ausland reisen würden und dort entsprechende Datenmengen nutzen, habe man nun gute Konditionen aushandeln können.
Trennung von Abo und Gerät
Mit dem neuen Abo reagiert die Swisscom auch auf einen Trend: Die Beschaffung eines neuen Smartphones sei bei vielen Kunden in den Hintergrund gerückt. Während ein neues Handy früher ein wesentlicher Bestanteil für die Wahl des Anbieters war, verliert es zunehmend an Bedeutung. «Nur noch zehn Prozent der Kunden wünschen sich heute noch das neuste Gerät zu einem vergünstigten Preis», sagt Wierzbitzki. Die meisten Nutzer, über 90 Prozent, würden ihr Smartphone so lange benutzen, bis es kaputt geht, sagt der Produktchef. Die Gründe für das sinkende Interesse am neusten Gadget seien vielfältig:
Einerseits seien die Neuerungen bei den verschiedenen Geräte-Generationen nicht mehr so bedeutend, anderseits würden sich die Konsumenten zunehmend Gedanken um das Thema Nachhaltigkeit machen, heisst es.
Deshalb trennt die Swisscom wie andere Anbieter neuerdings den Handykauf vom Abo. Vergünstigte Geräte sind nicht mehr erhältlich. Bei Konkurrenten wie Sunrise, M-Budget oder UPC war das auch schon vorher möglich. Der «blaue Riese» zieht nun mit diesem Angebot nach. Kunden könnten aber weiterhin neue Geräte erwerben – auf Ratenzahlung und mit Versicherung. Zusätzlich könne man auch Pakete abschliessen, mit denen man mit einem Aufpreis von bis zu 20 Franken auf bis zu drei Geräten gleichzeitig surfen könne. Für 70 Franken pro Monat sei nicht nur das unbegrenzte Surfen und Telefonieren in EU-Ländern, sondern auch in den USA und Kanada möglich.
Auf Anfrage, ob Sunrise mit ähnlichen Angebote nachziehe, verweist der zweitgrösste Schweizer Mobilfunkanbieter auf bereits bestehende Angebote – die jedoch teurer sind. «Im Gegensatz zu anderen Dienstleistungen sinken die Roamingpreise jeweils mit Blick auf die Reisesaison», sagt Sprecher Rolf Ziebold.
5G im Testbetrieb
Die Swisscom hat am Donnerstag aber nicht nur ihr neues Abo bekannt gegeben, sondern sich auch zur Einführung von 5G in der Schweiz geäussert. Wie weit die Beschaffung der dafür nötigen Lizenzen fortgeschritten sei, wollte Swisscom-Chef Urs Schaeppi allerdings nicht verraten, gab sich jedoch zuversichtlich: «Sobald wir die Lizenzen haben, gehen wir in den Rollout.» Dabei wolle der «blaue Riese» in diesem Jahr in über 60 Städten 5G-Netze testen. Nicht nur in den Metropolregionen, sondern auch in ländlichen Gebieten, sagt Schaeppi.
Mit der Einführung von 5G will die Swisscom im laufenden Jahr auch erste 5G-fähige Smartphones anbieten, etwa von asiatischen Herstellern wie Samsung, Oppo oder Huawei.
Zum derzeitigen Wirbel um den chinesischen Netzwerkinfrastrukturanbieter Huawei betonte Schaeppi, dass die Swisscom beim Betrieb der Netzwerkinfrastruktur mit dem schwedischen Hersteller Ericsson zusammenarbeite. Einzelne Infrastrukturprodukte der Swisscom würden jedoch auch vom chinesischen Ausrüster stammen. Zu dieser Nutzung sagte Schaeppi: «Es gibt bisher keine Beweise, dass Huawei Kunden ausspioniert.»