Bei Apples Entwicklerkonferenz WWDC geht es seit Jahren traditionell um neue Versionen der Software für iPhone, iPad und Mac. Aber mit der starken Konkurrenz wird es für den Konzern bei der diesjährigen Auflage nicht so einfach, Nutzer und Programmierer zu beeindrucken.
Apples Entwicklerkonferenz WWDC war in diesem Jahr wie immer binnen Minuten ausverkauft - aber Apple-Chef Tim Cook und sein Team stehen diesmal unter stärkerem Druck als sonst, etwas Grosses zu präsentieren.
Die Planke liegt hoch
Google und Facebook haben bei ihren Events in den vergangenen Monaten die Planke höher gelegt. Der Suchmaschinen-Konzern stellte eine Vision vor, wie künstliche Intelligenz den ganzen Alltag durchdringen soll, zum Beispiel über Lautsprecher, mit denen man sich unterhalten kann. Und das weltgrösste Online-Netzwerk öffnete seinen Kurzmitteilungsdienst Messenger für Chatbots, die im Auftrag von Firmen mit Verbrauchern kommunizieren sollen.
Auch wenn es bei den beiden Apple-Rivalen immer wieder hiess, Neues werde «später im Laufe des Jahres verfügbar sein» - für Apple wird es diesmal schwierig, das Publikum nur mit Updates der Betriebssysteme von iPhone und Mac zu begeistern. Gefragt ist eine grosse Vision für das Zusammenspiel von Geräten, Software und künstlicher Intelligenz.
Sprachsteuerung ist in
Neben Google und Facebook macht auch Amazon Druck: Der Online-Händler feiert in den USA Absatzerfolge mit seinem sprechenden vernetzten Lautsprecher Echo. Der heisse Trend ist, mit Technik immer mehr per Sprache zu kommunizieren, egal ob es darum geht, die Wettervorhersage zu erfahren, eine Einkaufsliste zu erstellen oder das Licht einzuschalten.
Apple war auf diesem Feld ein Pionier im Massenmarkt - schliesslich kam die sprechende Assistentin Siri schon im Herbst 2011 in die iPhones. Und während Amazons Echo nur Englisch sprechen und verstehen kann, parliert Siri in 22 Sprachen, darunter Deutsch, Hebräisch und Finnisch. Doch Siri wird von Einschränkungen bei der Verknüpfung mit anderen Diensten zurückgehalten und versteht auch nicht immer, was man ihr sagt.
Siri soll besser werden
Jetzt soll laut Medienberichten eine neue, verbesserte Siri im Mittelpunkt der WWDC stehen, auch als Antwort an Google, Facebook und Amazon. So berichtete die Website «The Information», der Zugriff auf Siri solle für alle App-Entwickler geöffnet werden - ein wichtiger Schritt, um die Verwendung des Sprachassistenten im Alltag zu etablieren und ihn zu verbessern. Ausserdem werde Siri schliesslich auch im Mac einziehen, berichtete das gewöhnlich sehr gut informierte Blog «9to5Mac».
Spekuliert wurde auch über Apples Überlegungen, auf Basis der TV-Box Apple TV ein eigenes Konkurrenzgerät zu den vernetzten Lautsprechern von Google und Facebook zu machen, doch selbst wenn das stimmt, dürfte die WWDC dafür noch zu früh kommen. Unklar bleibt auch, wie weit Apple mit der Arbeit an einem neuen TV-Dienst ist, über den schon seit Jahren berichtet wird.
Offensive bei Musik-Streaming
Dagegen soll den Berichten zufolge der vor rund einem Jahr gestartete Streaming-Musikdienst Apple Music jetzt massiv renoviert werden. Apple kommt nach jüngsten Zahlen aus dem Frühjahr auf rund 13 Millionen zahlende Abo-Kunden und wurde damit schnell zur klaren Nummer zwei in dem Geschäft.
Der Marktführer Spotify hat aber mit über 30 Millionen Abonnenten immer noch deutlich mehr - und von Apple konnte angesichts der Zahl von 800 Millionen Nutzern seiner Geräte und Dienste ein noch schnelleres Wachstum erwartet werden, zumal es Apple Music auch für Android-Geräte gibt.
Nun soll den Berichten zufolge die Bedienung der App verbessert werden, die einige Nutzer zu komplex und unlogisch fanden. Zudem beschwerten sich einige über Probleme bei der Verschmelzung ihrer Musik-Sammlungen in Apples iTunes mit dem neuen Cloud-Service.
Dienste werden als Geldquelle immer wichtiger für Apple. Der Konzern verdient einen Löwenanteil seines Geldes mit Hardware, also mit iPhone, iPad, der Apple Watch und dem Mac - und das wird auch so bleiben. Aber der Smartphone-Markt kühlt ab, die iPhone-Verkäufe dürften in diesem Jahr nach Schätzungen von Analysten erstmals seit dem Start 2007 sinken. Die Börse will entsprechend Fortschritte im Service-Geschäft sehen.
Apple Pay auch in der Schweiz
Der Bezahldienst Apple Pay soll nach Informationen des Technologieblogs «Recode» für Geschäfte im Web freigegeben werden und zuletzt wurde auch über einen baldigen Start in der Schweiz spekuliert. Der «9to5Mac»-Reporter Mark Gurman, der in den vergangenen Jahren frühzeitig über zahlreiche Apple-Neuerungen berichtete, hörte auch, dass der Konzern an Zahlungen zwischen Nutzern in seinem SMS-Ersatz iMessage arbeite.
Die Seite «MacDailyNews», die bisher keine solche Trefferquote vorweisen kann, schrieb, Apple wolle iMessage auch auf Android-Geräten verfügbar machen. Bisher läuft der Dienst nur auf Apple-Geräten. Das hat allerdings auch etwas damit zu tun, dass der Konzern so lückenlos für Datensicherheit mit Verschlüsselung sorgen kann.
Umstellung auf Abo-Modell
Eine grosse Ankündigung machte Apple bereits vor Beginn der WWDC. Im App Store sollen verstärkt Abo-Bezahlmodelle für Anwendungen (Services) und Medien-Inhalte (Content) zugelassen werden. Dabei wird der Konzern nach dem ersten Jahr nur noch 15 Prozent statt des üblichen Anteils von 30 Prozent vom Abo-Preis einbehalten. In der Ankündigung von Apple-Marketingchef Phil Schiller bei «The Verge» blieb allerdings unklar, welche Apps genau nun auf ein Abo-Modell umgestellt werden können - und welche nicht.
Wie immer die Details genau ausfallen werden: Der Schritt von Apple könnte das Geschäftsmodell bei Apps und Medien-Inhalten umkrempeln. Die Konkurrenz wollte Apple die Bühne nicht alleine überlassen und reagierte schnell auf den Vorstoss: Auch Google will nach «Recode»-Informationen in seiner Plattform auf 15 Prozent runtergehen - und zwar sogar ohne ein Jahr Wartezeit. Apple-Chef Tim Cook kann sich damit trösten, dass Google endlich mal wieder Apple kopiert.
(sda/cc)