So wie die Schweizer Fussballnationalmannschaft immer bunter wird, so geht es auch auf unseren Hochzeiten zu und her. Im Jahre 1970 haben sich auf 75 Prozent der Feste eine Schweizerin und ein Schweizer vermählt. Heute ist das nur noch auf 52 Prozent der Feste so, was ein bisschen erstaunt, schliesslich besteht die schweizerische Bevölkerung immer noch zu fast 80 Prozent aus Schweizer Bürgern. Umgekehrt vermählt sich lediglich auf 12 Prozent der Feste eine Ausländerin mit einem Ausländer, was schon wieder ein bisschen erstaunt, beträgt der Anteil der Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz doch etwas mehr als 20 Prozent.
Das Rätsel lässt sich leicht lösen. Sowohl Schweizer wie Ausländer leben nicht separiert voneinander, also heiraten sie auch nicht separiert voneinander. Es ergeben sich immer öfter «Mischehen», die politisch korrekt «binationale Ehen» genannt werden. Privat kommen sich Einheimische und Einwanderer auf alle Fälle sehr viel näher, als manche rechtsnationalen Politiker glauben. Just dieses Heiratsverhalten sei auch ein wichtiges Indiz dafür, dass die Integration der Ausländer eigentlich als Erfolgsstory zu betrachten sei, schreibt der Westschweizer Soziologe Etienne Piguet in seinem neuen Buch mit dem Titel «Einwanderungsland Schweiz» (Haupt Verlag). Tatsächlich stieg der Anteil der binationalen Ehen kontinuierlich an: von 16 Prozent im Jahre 1970 auf heute 36 Prozent. Und je länger die Einwanderer in der Schweiz lebten, umso höher sei die Chance, dass sie sich mit Einheimischen vermählten, schreibt Piguet.
Am meisten gefragt sind Partner aus Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien. Inzwischen haben aber auch die Immigranten aus dem Balkan gute Chancen auf dem hiesigen Heiratsmarkt, wie die Statistik aus dem Jahr 2004 belegt: Von 950 Männern, die ursprünglich aus Serbien und Montenegro stammen, vermählten sich 332 mit einer Serbin oder Montenegrinerin, 468 mit einer Schweizerin, 150 mit einer andern Ausländerin. Noch «besser» integrieren sich die Türken: Von den 780, die in der Schweiz geheiratet haben, wählten 253 eine Türkin, 428 eine Schweizerin, 99 eine andere Ausländerin. So gesehen ist die moderne Schweiz ein gelebtes multikulturelles Biotop. Gemäss Heiratsstatistiken bleiben bis jetzt nur die Immigranten aus Sri Lanka am liebsten unter sich. Von 92 Tamilinnen, die in der Schweiz geheiratet haben, entschieden sich 72 für einen Tamilen.
Selbstverständlich gibt es auch eine andere Seite der Medaille: «Scheinehen», die mit dem einzigen Ziel geschlossen werden, an den roten Pass mit dem weissen Kreuz heranzukommen. Zudem bestellen gewisse Schweizer Männer zum Beispiel Thailänderinnen oder Ukrainerinnen noch immer «aus dem Katalog»; und auch Schweizerinnen lachen sich zuweilen fernab der Heimat einen Ausländer an, besonders gern in der Karibik und in Nord- und Westafrika. Nicht in jedem Fall wird dank binationaler Ehe also eine hier ansässige ausländische Person «integriert». Bisweilen werden auch Menschen extra zu diesem Zweck in die Schweiz «importiert».
Ob bei Heiraten ausser der Liebe noch andere Faktoren im Spiel sind – das ist eine Frage, die sich mit statistischen Methoden natürlich nicht erheben lässt. Nur so viel: Im Jahr 2004 haben 7879 Schweizer Männer eine Ausländerin geheiratet; dabei stammten 2834 Frauen aus dem EU- und dem Efta-Raum, was doch ein auffallend tiefer Anteil ist. Umgekehrt haben von 729 Thailänderinnen, die vorletztes Jahr in der Schweiz geheiratet haben, sich 623 für einen Schweizer entschieden: Hier offenbart sich ein Ausmass an «Integration», das doch etwas verdächtig gross ist.