1. BILANZ: Warum geht es der Consulting-Branche heute so, wie es ihr ergeht?
Bruno Simma: In unserer Branche koexistieren Grosse und Kleine. Erfolgreich sind jene, die ihren Kunden auf menschliche und effiziente Art echten Nutzen bringen. Die Consultants-Show ist out.
2. Welche Ursachen machen Sie für diese Entwicklung geltend?
Das Know-how für den Einkauf von Beratungsleistungen ist bei unseren Kunden im Lauf der Zeit stark gestiegen; die Kosten für Beratung müssen sich möglichst schnell rechnen.
3. Was halten Sie für die grössten Sünden im Management-Consulting?
Wie in jeder anderen Branche auch: dem Vertrauen des Kunden nicht gerecht zu werden.
4. Was verachten Sie am meisten bei den Unternehmensberatern?
Show anstatt Substanz.
5. Was schätzen Sie am meisten bei der Unternehmensberatung?
Das bedingungslose Engagement für den Erfolg des Kunden – dies ist der Antriebsmotor jedes echten Unternehmensberaters.
6. Welche sollten die wichtigsten positiven Charaktermerkmale eines Beraters sein?
Neben den intellektuellen Fähigkeiten sind dies wohl Realitätsnähe und Entscheidungsvermögen. Die Begründung ist einfach: Beratung lebt heute vom Umsetzungserfolg.
7. Was muss Ihres Erachtens geschehen, damit die Consulting-Branche wieder expandieren kann wie vor drei, vier Jahren?
Wir haben vor drei, vier Jahren eine eigentliche «Beratungsblase» erlebt. Ich finde den jetzigen Zustand besser: Die Gesamtnachfrage wächst geringfügig, dafür nimmt die selektive Nachfrage nach qualitativ hervorragender Beratung stark zu.
8. Welche Fehler im Beratungsprojekt entschuldigen Sie am ehesten?
Es passiert allen Beratern immer wieder, über den «Rand» des eigentlichen Projektes hinaus zu arbeiten, ohne dabei auf Zeit und Kosten zu achten. Dieser «Fehler» wurzelt eindeutig in den Genen jedes Beraters.
9. Der beste Consultant (ausser Ihnen) heisst?
Ich habe Lukas Mühlemann während seiner Zeit bei McKinsey als Berater sehr geschätzt.
10. Warum ist Consulting heute so wichtig?
Strategien zu formulieren und – vor allem – sie durchzusetzen, ist eine Herkulesaufgabe, und sie wird nicht einfacher. Erfahrene externe Begleiter können, vom Auftraggeber richtig eingesetzt, die Erfolgschancen erhöhen.
11. Welche Eigenschaften schätzen Sie an einem Auftraggeber (CEO oder Verwaltungsratspräsident) am meisten?
Erfolgreiche Unternehmensführer haben Menschen gern, können Vertrauen schenken und ihren Mitarbeitern und Geschäftspartnern aktiv zuhören.
12. Welche Eigenschaften schätzen Sie an einem Auftraggeber (CEO oder Verwaltungsratspräsident) am wenigsten?
Wenn er versucht, eine «Alibi»-Beratung zu bekommen, das heisst, wenn er sich nur seine eigene Meinung bestätigen lassen will.
13. Welche Art von Projekten mögen Sie am liebsten?
Meine Lieblingsprojekte betreffen ganzheitliche Aufgabenstellungen, wie Strategie und Organisation, verbunden mit der Verpflichtung, die Umsetzungsziele erreichen zu helfen.
14. Ihre grösste Schwäche im Beratungsprojekt?
Ich neige persönlich dazu, mir viel zu viel vorzunehmen, und gerate daher gelegentlich in Zeitnot.
15. Ihre grösste Stärke im Beratungsprojekt?
Unsere Kunden jedenfalls erwähnen erfreulich oft den Überblick und die Erfahrung.
16. An welches Projekt erinnern Sie sich nur äusserst ungern?
Wir unterstützten den Chef und Eigentümer eines nichtkotierten Milliardenkonzerns in Fragen der Spitzenorganisation, inklusive Nachfolgeregelung. In der Umsetzung haben wir uns mit unserem Namen gegenüber dem extern gefundenen «Nachfolger» verbürgt. Leider kam alles ganz anders…
17. An welches Projekt erinnern Sie sich am liebsten?
Am Tag der Geburt meiner jüngsten Tochter konnte ich die Eigentümer einer grösseren Familienunternehmung überzeugen, die Bilanz nicht zu hinterlegen, sondern den Turnaround zu versuchen. Die Übung war äusserst schwierig – mit Hilfe der Banken gelang sie aber.
18. Welche von Beratern entwickelte Methodik (respektive welches Instrument) hat in Ihren Augen die Welt der Unternehmen massgeblich verändert?
Porters Strategie-Analyse-Konzept (Five Forces) schwingt obenaus.
19. Was können Unternehmer von Ihnen lernen?
Lerne täglich – Sie wissen ja: wer immer strebend sich bemüht…
20. Was können Sie von Unternehmern lernen?
Ich führe seit vielen Jahren ein Verzeichnis von Unternehmeraussagen. Das Résumé lautet: «Mit den richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gelingt (fast) alles!»