AWD kämpft an allen Fronten: Unerfreulicher Geschäftsgang, drohende Klagen in Österreich und Deutschland und so weiter. Sind Sie vom Zukauf noch überzeugt?
Bruno Pfister: Ja, das bin ich. Der Kauf war von strategischer Natur. In erster Linie ging es darum, die Vertriebskapazität vor allem in Deutschland ausbauen zu können. Das eröffnet Swiss Life Zugang zu neuen und anderen Kundensegmenten. Auch in der Schweiz. Der Erfolg mit unserem neuen Produkt «Champion Duo», das wir zusammen mit AWD entwickelt haben, gibt uns recht. Weiter erhielten wir dank AWD den Marktzugang zu Österreich sowie Mittel- und Osteuropa. Und nicht zuletzt verfügt AWD über sehr viel Produkte-Know-how, was uns wiederum einen Wettbewerbsvorteil verschafft.
Das klingt alles sehr überzeugend. Dennoch hat sich AWD im vergangenen Jahr schlecht entwickelt.
Pfister: Das Investment hat sich gelohnt. An dieser Logik hat sich nichts geändert. Das Einzige, was uns dazwischengekommen ist, ist die Finanzkrise. Das konnte niemand voraussehen. Mit der Krise haben sich die Geschäftspläne mit AWD um rund zwei Jahre verschoben.
Aus Österreich und Deutschland drohen nun Klagen. Rückstellungen haben Sie bereits gebildet. Inwiefern machen Sie sich Sorgen über den Ruf von AWD, der dadurch noch mehr geschädigt werden könnte?
Pfister: In Österreich ist der Schaden bereits erfolgt. Wir sahen jedoch nicht tatenlos zu. Wir haben in Österreich die Führung ausgewechselt und Massnahmen ergriffen, um der Situation Gegensteuer zu geben. Die Talsohle liegt hinter uns. Erste Anzeichen zeigen bereits, dass die Massnahmen greifen. So weisen erste Zahlen eine Stabilisierung aus.
Mit welchem Ausgang rechnen Sie bei den Klagen?
Pfister: Die Klagen sind aus heutiger Sicht schwierig abschliessend zu beurteilen. Vorgeworfen wird uns eine systematische Fehlberatung, was nicht zutrifft. Tatsache ist, dass wir erste Prozesse gewonnen haben. Dies wiederum dokumentiert, dass keine systematische Fehlberatung vorliegt. Allerdings gibt es in grossen Unternehmensorganisationen immer wieder schwarze Schafe. Damit kann auch bei AWD nicht ausgeschlossen werden, dass in der Vergangenheit in einzelnen Fällen Fehler passiert sind. Dies wird sich nun in den kommenden Gerichtsverhandlungen weisen.
Im Herbst 2009 wechselte Marco Bauer, CEO von AWD Schweiz, zur Zurich Financial Services. Momentan wird die Stelle interimistisch geführt. Wann werden Sie diesen Posten wieder mit einem Schweizer CEO bekleiden?
Pfister: Zeitlich möchte ich mich nicht festlegen. Aber ich würde sagen, dass bis Ende Jahr ein Entscheid gefällt wird.
Im Gegenzug haben Sie einige Mitarbeiter von Zurich für sich gewinnen können. Schlagen Sie nun den erfolgreichen «Zurich way» ein?
Pfister: Die Neubesetzungen beziehen sich ja auf die Personen und nicht auf das Unternehmen Zurich. Wir gehen mit unserem Effizienz-Programm «Milestone» unseren eigenen Weg.
Viele Versicherungsexperten halten eine Kapitalerhöhung für angebracht, damit Swiss Life im Markt endlich agieren kann und nicht immer nur reagieren muss. Was halten Sie davon?
Pfister: Damit bin ich nicht einverstanden. Schauen Sie sich unsere Solvenz an mit 164%. Im europäischen Vergleich sind wir damit sehr gut aufgestellt. Auch im Bereich Swiss Solvency Test (SST) stehen wir im grünen Bereich. Daher gibt es überhaupt keinen Grund, eine Kapitalerhöhung vorzunehmen.
Im Geschäft mit Wrapper-Produkten - Private Placement Life Insurance (PPLI) - profitierten Sie im Vergleich zu Bâloise nicht allzu stark von der italienischen Steueramnestie. Woran sind Sie gescheitert?
Pfister: Der Unterschied liegt darin, dass wir geografisch wesentlich breiter abgestützt sind als unsere Konkurrenz. Es kann gut sein, dass unsere Mitbewerber um ein Vielfaches mehr Ressourcen für den italienischen Markt aufwendeten. Hingegen konnten wir beispielsweise ein stärkeres Wachstum in Luxemburg und in Liechtenstein verzeichnen.