Glencore hat im Jahr 2022 rund 16 Milliarden Franken Gewinn gemacht – vor allem mit dem Kohlegeschäft. Deswegen ist es einfach, Glencore zu hassen. Denn das Geschäft ist dreckig, es ist eine Klimasünde, die hinter Werbevideos der Firma versteckt wird, die alles immer so sauber darstellen, so die Argumentation.  

Ja, das Kohlegeschäft hat vergangenes Jahr sehr viel Kohle gebracht. Mit der Kohle wurde unter anderem dafür gesorgt, dass die Deutschen nicht frieren müssen. Oder hätte Glencore sie frieren lassen sollen? Ja, das ist überspitzt formuliert, aber was soll die Schlussfolgerung sein? Glencore hat niemanden gezwungen, die Kohle zu kaufen. Es gab Käufer, die sie unbedingt wollten. 

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Der Gewinn ist Rückwärtsschau, aber die Börse bewertet die Zukunft

Zudem ist der Gewinn zwar hoch, aber an der Börse haben die Investoren eher negativ darauf reagiert: Die Aktie ist seither leicht gefallen. Wie passt das zusammen? Der Gewinn ist eine Rückwärtsbetrachtung. Die Gewinne mit Kohle wurden vergangenes Jahr realisiert und werden sich kaum so wiederholen. Die professionellen Investoren wissen, dass das Kohlegeschäft nicht nachhaltig ist, keine lange lukrative Zukunft hat. Und an der Börse wird die Zukunft bewertet, nicht die Vergangenheit. 

Darum ist Glencore an der Börse «nur» 70 Milliarden Franken wert. Zum Vergleich: Nestlé machte 2022 auch einen Gewinn von 16 Milliarden Franken, ist aber an der Börse über 300 Milliarden Franken wert. Wenn Glencore das Kohlegeschäft verkaufen würde, ginge die Aktie fast sicher steil nach oben – da sind sich die Analysten und Analystinnen einig. Das liegt auch daran, dass viele Investoren die Aktie von Glencore nicht kaufen, weil sie nicht derart in Klimasünden investieren dürfen oder wollen. Das ist auch der Grund, warum der aktivistische Investor Bluebell Capital eine Abspaltung des Kohlegeschäfts von Glencore fordert. 

Viel Arbeit, hohe Löhne und Riesenparty

Warum verkauft also Glencore nicht sofort? Nun, zuerst muss man einen Käufer finden, der einen ansprechenden Preis zahlen will. Zudem liess sich jetzt doch gerade so viel Geld mit Kohle verdienen. Die Boni der Chefs und Mitarbeitenden sind sicher nicht nur vom Aktienkurs abhängig, sondern mindestens auch vom Gewinn der Firma.

Geld ist wichtig in der Firma, in welcher Work-Life-Balance eher ein Schimpfwort ist. Zumindest in Bezug auf die Händler hatte der ehemalige Glencore-Chef Ivan Glasenberg mal gesagt, dass, wer im Bewerbungsgespräch nach Work-Life-Balance fragt, sich bei Glencore in der Adresse geirrt habe.

Für die Strapazen gibt es hohe Löhne und hohe Boni. Zudem feiern die 900 Mitarbeitenden bei Glencore jeweils eine der teuersten Weihnachtspartys der Schweiz in der Zuger Bossard Arena. Dafür wurden schon Musiksuperstars wie Sting, Bryan Adams, die Simple Minds, Jamiroquai, Mary J. Blige oder Pink eingeflogen. Den Anlass soll der Multimilliardär Ivan Glasenberg bis zu seinem Rücktritt als Glencore-Chef im Jahr 2021 jeweils aus seinem privaten Portemonnaie bezahlt haben.

Die Feier findet weiter statt, aber der neue Chef Gary Nagle dürfte kaum die Mittel haben, sie aus seiner Privatschatulle zu finanzieren. Er hat im Jahr 2021 zwar rund 3 Millionen Franken verdient, aber der Anlass in der Bossard Arena soll jeweils 1,5 Millionen Franken gekostet haben.

Apropos Nagle: Bevor er CEO wurde, war der 47-Jährige Chef des Kohlegeschäfts. Das ist also sein angestammter Bereich. Es dürfte ihm daher besonders schwerfallen, seine Hausmacht abzuspalten. Aber eines Tages wird er es tun und der Aktienkurs dürfte steigen.