Die schlechte Nachricht stand schon vier Monate vor dem Turnier 2005 in den Zeitungen: Omega wird nach fünf Jahren als Titelsponsor des European Masters in Crans-Montana aussteigen. Punkt, Schluss. In der Turnierwoche selber rätselten die Golfjournalisten darüber, wie es wohl weitergehen werde. Wird ein neuer Hauptsponsor zu finden sein? Werden Co-Sponsoren wie Credit Suisse das Turnier für die nächsten Jahre notdürftig über Wasser halten? Am Samstag folgte die Ankündigung: Medienkonferenz über die Zukunft des Turniers am Sonntag um 16 Uhr.
Ahnungslos und voller Erwartung versammelten sich die Medienleute im Konferenzraum und vernahmen aus dem Mund von Omega-Präsident Stephen Urquhart: Der Schweizer Uhrenhersteller verlängert den Vertrag als Titelsponsor des European Masters um fünf Jahre bis 2010!
Plötzlich ging alles sehr schnell
Freude und Überraschung waren allenthalben gross. Heute blickt Yves Mittaz mit dem Abstand von über einem halben Jahr auf das denkwürdige Turnier der ersten Septembertage 2005 zurück. Der rührige Turnierdirektor lüftet das Geheimnis über den Ablauf der Dinge. Noch beim Turnierstart am Donnerstagmorgen gab es nicht den geringsten Zweifel am Ausstieg Omegas. Zwei potenzielle neue Sponsoren machten sich vor Ort ein Bild, ohne schon Verhandlungen geführt zu haben. Am Rand der Fairways auf dem Walliser Hochplateau war auch ein führender Vertreter der Swatch Group, zu der Omega gehört. Das Wetter war prächtig, die Stimmung unter den Tausenden von Golffans ebenso, Stars wie Sergio Garcia und Luke Donald zeigten Zauberschläge am laufenden Band. Plötzlich, so Mittaz, ging alles sehr schnell. Die Uhrenbosse meldeten sich. Man sei möglicherweise doch bereit zu verlängern. Am Freitag war der neue Kontrakt unterschriftsreif. Nur die Öffentlichkeit wurde noch bis Sonntag im Ungewissen gehalten!
Die unverhoffte Wende kann Mittaz heute mit Recht als das Wunder von Crans bezeichnen. Omega ist für das traditionsreiche Turnier auch deshalb ein Glücksfall, weil Superstars wie Ernie Els und Sergio Garcia als Werbebotschafter des Uhrenlabels unter Vertrag stehen. So dürfen sich die Golffans auch in den nächsten fünf Jahren auf klangvolle Namen auf der Teilnehmerliste freuen. Sergio Garcia, der Sieger 2005, und der australische Jungstar Adam Scott auch er gehört den Top Ten der Weltrangliste an besitzen in Crans Wohnungen und verbringen im Winter wie im Sommer mehrere Wochen ihrer golffreien Zeit im Wallis.
Selbst mit Antrittsgagen von mehreren hunderttausend Franken lassen sich die allesamt auf der US PGA Tour engagierten Topstars des Golfsports heute kaum noch nach Europa locken. Sie alle sind längst Multimillionäre, für die das Geld nicht mehr das Wichtigste ist. Sie jagen den sportlichen Erfolg, Titel in erster Linie an den vier Majorturnieren US Masters, US Open, British Open und US PGA Championship. Oder aber sie suchen das Besondere, eine vergnügliche, erholsame Turnierwoche, zu der sie auch ihre Familien mitnehmen. Zu dieser Kategorie der besonderen Turniere darf sich das European Masters zählen. Wenn Sergio Garcia, Luke Donald oder Eduardo Romero Jahr für Jahr davon schwärmen, wie sehr es ihnen auf dem Alpenkurs gefalle, sind dies keine leeren Worte. Ambiente, Empfang und herzliche Atmosphäre sind die Trümpfe. Dass das Preisgeld in diesem Jahr von 1,7 auf 2,0 Mio Euro angehoben wird, spielt eine untergeordnete Rolle für die Superstars eigentlich gar keine.
In Paris das Doppelte
Der spanische Sonnyboy Sergio Garcia, die charismatische Nummer sechs im Weltranking, spielte in der letzten Saison nur gerade dreimal in Europa: Am Spanien-Open, am British Open und in Crans-Montana. Andere Turnierveranstalter sind nicht in dieser beneidenswerten Lage. Am Open de France in Paris etwa gibt es das Doppelte zu verdienen (4 Mio Euro), auf der Startliste lässt sich aber kein einziger Golfer von höchstem Renommee finden. Das hoch dotierte German Masters in Köln hat seinen Titelsponsor verloren. Es verschwindet heuer Knall auf Fall.
Starkes Teilnehmerfeld
Wer sind überhaupt die Golfer, die ein europäisches Turnier zu einem Topturnier erheben können? Sie lassen sich an zwei Händen abzählen: Tiger Woods, Vijay Singh, Phil Mickelson, Ernie Els, Retief Goosen, Sergio Garcia, dazu ein Altstar wie der «Weisse Hai» Greg Norman oder das amerikanische Enfant terrible John Daly. Viele Stars miteinander zu präsentieren wäre nach Yves Mittaz' Meinung ein zweischneidiges Schwert. Die Fans könnten sich dermassen verwöhnen lassen, dass sie ein schwächeres Teilnehmerfeld nicht mehr richtig zu schätzen wüssten. Er ist zufrieden damit, was er für 2006 in Aussicht stellen kann: Sergio Garcia aus der allerersten Kategorie, Adam Scott aus der Kategorie 1B. Ob sich Ernie Els zeigen wird, ist offen.
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Prominenz: Immer hoher Besuch in den Bergen
2000: Thomas Björn, Darren Clarke, Lee Westwood, Michael Campbell, Nick Faldo, Severiano Ballesteros, Miguel Angel Jimenez, Eduardo Romero.
2001: Ernie Els, Craig Stadler, Adam Scott, Justin Rose, Paul Casey, Nick Faldo, Severiano Ballesteros, Eduardo Romero.
2002: Ernie Els, Retief Goosen, Craig Stadler, Nick Faldo, Paul Lawrie, Thomas Björn, Lee Westwood, Michael Campbell, Miguel Angel Jimenez, Eduardo Romero.
2003: Ernie Els, Sergio Garcia, Colin Montgomerie, David Howell, Eduardo Romero, Paul Lawrie, Michael Campbell, Paul Casey, Trevor Immelman.
2004: Ernie Els, Sergio Garcia, K.J. Choi, Luke Donald, Miguel Angel Jimenez, Paul McGinley, David Howell, Thomas Björn, Michael Campbell, Eduardo Romero.
2005: Sergio Garcia, Luke Donald, Paul Casey, Miguel Angel Jimenez, Ian Woosnam, Paul Lawrie, Eduardo Romero.