Im Technologiekonzern ABB brodelt es. Viele Mitarbeiter, auch auf Kaderstufe, verstehen nicht, warum die ABB-Führung – entgegen früheren Aussagen – die Stromnetzsparte an die japanische Hitachi verkaufe, obwohl ABB-CEO Ulrich Spiesshofer dieses historische ABB-Herzstück dauernd als «zukunftsträchtig» lobte, selbst am Tag des Verkaufs. In der Schweiz wechseln nun 2800 Mitarbeiter den Arbeitgeber.
Während amtierende ABB-Kader aus Angst schweigen, tritt nun Ex-ABB-Chef Edwin Somm an die Öffentlichkeit, via Interview in der «Schweiz am Wochenende». Er stellt wegen der Kehrtwende einen Vertrauensverlust fest – «bei Kunden und Mitarbeitenden». Die Aussagen von CEO Spiesshofer, Schweizer Jobs seien auch bei Hitachi sicher und der Sitz bleibe in der Schweiz, hält Somm für «nichtssagend»: «Herr Spiesshofer hat ja dieses Geschäft verkauft und ist für die Entwicklung des Geschäftes gar nicht mehr zuständig!» Es handle sich um eine «Hoffnungslüge».
Nun werde in Tokio entschieden. «Kapitalismus in Höchstform» sei es, den gesamten Verkaufserlös den Aktionären zu geben. Das Timing der Bekanntgabe, kurz vor Weihnachten, zeige: «Die Chefs haben die Menschen schlicht vergessen.» In einem Leserbrief an die CH-Media-Zeitungen bezeichnet auch Paul Küng, ehemaliger CFO bei ABB Schweiz, den Verkauf der Stromnetzsparte an das japanische Unternehmen als «Skandal». Obwohl er selber Aktionär ist, bemängelt er, dass das Geld vom Verkauf nicht der ABB als Unternehmen zu Gute komme. Und auch aus der Politik gibt es massiven Widerstand. Für Aargauer CVP-Politiker und ehemalige Bildungsdirektor Rainer Huber ist der Verkaufsentscheid schlicht «zum Kotzen».
(me)