Gemütlich im Liegestuhl am Pool auf einer südlichen Insel, im eigenen Weinberg in der Toskana oder auf dem Segelschiff unterwegs in die Antarktis so stellt sich männiglich das Leben nach dem Consulting vor. Zehn oder 15 Jahre harter Arbeit dürften für die Verwirklichung solcher Träume ja wohl genügen.

Die Vorstellung vom süssen Nichtstun nach erfolgreicher Beratertätigkeit ist jedoch naiv: Wer jahrelang mit Highspeed arbeitet, wird darin kaum eine Herausforderung entdecken.

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Wechsel normal

Auch macht nicht jeder, der einmal in einem Beratungsunternehmen Chefetagenluft schnupperte, zwingend eine Karriere wie Franz Humer, Fred Kindle oder Peter Wuffli allesamt Ex-Consultants. Die Wahrheit ist sehr viel unspektakulärer: Der Wechsel von der Consulting- zur «normalen» Karriere ist sehr häufig und die Motivation dazu dies zeigt zumindest die nicht repräsentative Umfrage der «Handelszeitung» unter «Überläufern» kaum eine andere, als innerhalb einer anderen Branche zu wechseln. «Ich brauchte einfach eine neue Herausforderung», erklärt etwa Ralph Halter, acht Jahre lang IT-Consultant bei Bearingpoint/Anderson und heute im Private Banking Operationsbereich bei Credit Suisse tätig.

Ihm ist der Wechsel leicht gefallen. «Es war kein Riesenschritt.» Punkto Arbeitslast und Dynamik sei seine jetzige Tätigkeit vergleichbar, besonders, seit er auch hier wieder im Projektmanagement tätig ist. Positiv vermerkt er das Wegfallen des ökonomischen Drucks: «Als Consultant hatte ich drei Ziele: Akquisitionsvolumen, verwaltetes Projektvolumen und die persönlich verrechenbare Zeit der Druck war beachtlich.» Selbst Kulturschock und Imageprobleme sind ausgeblieben: «Schliesslich sind viele meiner heutigen Kollegen ebenfalls Ex-Consultants.»

Bedürfnisabgleich entscheidend

Eine geradezu klassische Motivation zum Ausstieg zumindest für Frauen nennt Tracey Keys: «Ich habe ein Kind bekommen.» Sie, die zwischen 1987 und 2003 sowohl als Senior Consultant für Beratungshäuser wie Booz Allen als auch als selbstständige Unternehmensberaterin arbeitete, bekleidet heute eine 80%-Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lausanner IMD. Ihr Leben habe sich seither sehr verändert, räumt sie ein. Dennoch vermisse sie nichts. «Ich habe andere nicht bessere oder schlechtere Ansprüche an mein Berufsleben.»

An ihrer früheren Tätigkeit habe sie alles genossen: Die intellektuelle Herausforderung, das Reisen, den Austausch mit Kollegen und Kunden, die ständige Weiterentwicklung. Einiges davon biete auch ihre heutige Stelle am IMD mit dem Vorteil, dass sie mit ihrer Mutterschaft vereinbar ist.

Wäre eine Consultant-Karriere als Mutter nicht auch denkbar? Allen wohlmeinenden Absichtsbekundungen und Programmen grosser Beratungshäuser zum Trotz Keys glaubt nicht daran: «Wer im Job seriös und engagiert ist, ist auch als Mutter so und damit ständig hin- und hergerissen.» Letztlich müsse man die geschäftliche Realität des Consultings erkennen: Es sei ein hochanspruchsvolles, terminbasiertes Geschäft, das auf entsprechend flexiblen Mitarbeitenden aufbaue. «Wenn man diesen Anforderungen nicht genügen will, muss man etwas ändern.» Sprich: Einen anderen Arbeitgeber suchen.

Landung im Auge behalten

Auch Patrik Gisel, Mitglied der Geschäftsleitung und Departementsleiter Markt & Vertrieb bei der Raiffeisen-Gruppe, hält seine 18 Monate bei BCG für eine nutzbringende Phase seines Arbeitslebens. Die Gewohnheit, zielorientiert und effizient zu arbeiten, komme ihm auch in seiner heutigen Funktion noch zugute.

Wie alle anderen Befragten würde auch er Hochschulabsolventen den Einstieg in ein Beratungshaus empfehlen. «Gleichermassen empfehlenswert», konkretisiert er jedoch, «ist der rechtzeitige Umstieg in eine Linienposition.» Die Bearbeitung und Verantwortung im Bereich taktischer Problemstellungen in einem operativen Unternehmen könne nur gut tun. Im Consulting sei man innerhalb des Unternehmens ausschliesslich von Highflyern und Topleuten umgeben, analysiert er dezent kritisch: «Man lernt nicht, auch schwächere Leute in betriebliche Prozesse zu integrieren, und lebt faktisch in einer Scheinwelt.»

Ex-Consultants, die sich zu deutlicher Systemkritik bekennen, waren nicht zu sprechen. Vermutlich liegen sie am Pool oder sind dabei, in ihrem Weinberg die Reben zu schneiden.