Am 1. April hatte Vincent Ducrot seinen ersten Arbeitstag als SBB-CEO. Um seinen Vorgänger Andreas Meyer ist es seither ruhig geworden. Am Donnerstag aber meldete sich der Ex-Chef zu Wort. Auf Facebook frohlockte er: «Gestern war mein letzter Tag unter SBB-Vertrag. Heute, am 1.10.2020, ist mein ‹Independence Day›.»
Letzter Tag unter SBB-Vertrag? Das wirft Fragen auf. Im April liessen die SBB verlauten, Meyer habe sein Amt «per Ende März» abgegeben. Auf Nachfrage von SonntagsBlick erklärt Meyer: «Mit den SBB wurde im September 2019 abgemacht, dass das Arbeitsverhältnis auf Ende September 2020 aufgelöst wird. Mit der Bekanntgabe des Rücktritts konnte die offizielle Suche nach einem Nachfolger gestartet werden.»
Damals sei nicht klar gewesen, wann eine geeignete Person zur Verfügung stehe und ob sie ein Einführungsprogramm benötige. «Deshalb wurde vereinbart, dass ich bis Ende September 2020 zur Verfügung stehen würde.»
Kündigungsfrist von einem Jahr
Auf die Frage, ob er in den sechs Monaten seit seinem Abgang weiterhin den vollen CEO-Lohn erhalten habe, geht Meyer nicht ein. Ein SBB-Sprecher richtet jedoch aus: «Andreas Meyer hat im September 2019 seinen Rücktritt bekannt gegeben. Vertraglich ist geregelt, dass seine Kündigungsfrist ein Jahr beträgt. Daher lief sein Vertrag bis Ende September 2020. Der Lohn ist Bestandteil des Vertrags.»
Aufgrund der frühzeitig abgeschlossenen Nachfolgeregelung sei der Wechsel dann im April erfolgt, erklärt der Sprecher noch. Es sei aber vereinbart worden, dass Meyer bis Ende September 2020 «jederzeit zur Verfügung» stehen müsse. Im Klartext bedeutet das: Der SBB-Verwaltungsrat um Präsidentin Monika Ribar wollte, dass Ducrot bereits im April übernimmt – und musste in den vergangenen sechs Monaten deshalb zwei CEO-Löhne berappen.
450'000 Franken fürs Nichtstun
Das war ein teurer Spass: 2019 erhielt Meyer von den SBB inklusive Pensionskassenbeiträgen 1'155'230 Franken. Zieht man davon erfolgsorientierte Lohnbestandteile (228'519 Franken) und Spesenpauschale (25 '200 Franken) ab, bleiben rund 900 '000 Franken. Wie der Sonntagsblick berichtet, dürfte Meyer in den vergangenen sechs Monaten rund 450'000 Franken erhalten haben – fürs Nichtstun.
(mlo)