Am 11.  Januar dieses Jahres konnte Mark Zuckerberg (Bild) den «Gefällt mir»-Knopf klicken: An jenem Dienstag teilte Myspace mit, die Hälfte ihrer 1100 Mitarbeiter zu entlassen und zahlreiche Ländergesellschaften, etwa die deutsche, komplett zu schliessen. Die Userzahlen des sozialen Netzwerkes sind von 350 Millionen auf zuletzt 100 Millionen zurückgegangen, Gewinne sind weit ausser Sicht.

Nun schwenkt Medientycoon Rupert Murdoch, sonst Niederlagen nicht gewohnt, die weisse Fahne: Er hat Myspace zum Verkauf gestellt. Gegen Facebook hat der einstige Marktführer keine Chance mehr. Der Online-Dienst, erst vor sieben Jahren von Mark Zuckerberg und drei Studienkollegen in ihrem Schlafsaal in Harvard gegründet, hat alle Konkurrenten längst abgeschüttelt und verbreitet sich schneller als je ein Medium zuvor, schneller gar als das Internet selber: Glaubt man den Erhebungen der Online-Statistiker Socialbakers, hat Facebook am 20.  Januar die Schwelle von 600 Millionen regelmässigen Usern überschritten. Das sind über ein Zwölftel der Weltbevölkerung und mehr Anhänger, als Buddha hat. Wäre Facebook eine Nation, wäre sie der drittgrösste Staat der Erde.

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Der Papst pflegt eine Facebook-Seite, Queen Elizabeth II ebenfalls, selbst Nordkorea verwendet Facebook zu Propagandazwecken (der Bundesrat hingegen schläft mal wieder). In der Schweiz nutzen knapp zweieinhalb Millionen den Dienst, jeder dritte Einwohner.

Facebook ist die meistbesuchte Website auf dem Planeten dank einer Kombination aus Narzissmus und Voyeurismus: Durch die Plattform weiss man, was die Menschen denken, wohin sie reisen, wofür sie Geld ausgeben, selbst wann sie mit ihren Partnern Schluss machen (meist montags und kurz vor Weihnachten). «Wir sind in das Facebook-Zeitalter eingetreten», resümierte kürzlich das «Time»-Magazin und kürte den erst 26-jährigen Zuckerberg zur «Person of the Year».

Verdrängungsmacht

Dabei ist Facebook längst nicht mehr nur eine Spielerei, wo man die Ferienerlebnisse teilt und sich über die Lieblingsband austauscht. Die Plattform entwickelt sich zum Zentrum des Internets: zur eigenen Homepage, zum E-Mail-System, zur Einkaufsmeile. Und transformiert so, nebenbei, ganze Industrien.

Etwa jene des Fotosharings: 2004, bevor Zuckerberg erstmals in die Tasten griff, verarbeiteten Plattformen wie Shutterfly, Snapfish und Flickr Millionen von Bildern. Inzwischen schlittern sie Richtung Bedeutungslosigkeit – dafür werden auf Facebook pro Minute nicht weniger als 135  860 Fotos hochgeladen.

Oder die Game-Industrie: Mehr als 200 Millionen Menschen spielen regelmässig auf Facebook, mehr als auf den aktuellen Spielkonsolen Xbox 360, PlayStation 3 und Wii zusammen. Zwar sind Grafik und Sound lachhaft im Vergleich mit den millionenschweren Produktionen der traditionellen Spielehersteller. Aber als viel wichtiger hat sich das soziale Element herausgestellt: Beim populärsten Spiel, FarmVille (60 Millionen Nutzer), etwa kann man die Bauernhöfe der Freunde besuchen, in Mafia Wars (19 Millionen) mit Freunden Verbrecherclans bilden.

Derzeit transformiert Facebook die Anzeigenindustrie. Denn Zuck, wie ihn seine Freunde kurz nennen, hat über seine Nutzer Informationen, von denen Marketingleute nur träumen: nicht nur zu Alter und Geschlecht, Ausbildung und Wohnort, sondern auch zu den Vorlieben. Wer sich bei Facebook einschreibt, verrät in der Regel freiwillig, welche Filme, Bands und Bücher er toll findet, welchen Sport er betreibt, welche seine Lieblingsmannschaften sind und vieles mehr.

Mehrere Studien zeigen, dass sich die Benutzer dabei erstaunlich ehrlich präsentieren. Diese Selbstdeklaration erlaubt der Anzeigenindustrie eine nie da gewesene Präzision für Werbung: Wenn etwa eine neue, besonders umweltschonende Wandfarbe lanciert werden soll, sehen die Facebook-Anzeige nur Männer zwischen 18 und 40 Jahren, die sich für Heimwerken interessieren und sich als ökoorientiert outen.

Die japanische Fluggesellschaft ANA erreichte mit Werbung an User, die sich für die Kultur des Landes der aufgehenden Sonne interessieren, Durchklickraten von 25 Prozent – das ist über 100-mal mehr als der Schnitt bei Banneranzeigen. Marketingprofis sehen in Facebook die derzeit beste Werbeplattform. «Sie ist für uns das, was das Fernsehen in den sechziger Jahren war», sagt etwa Davide Grasso, Marketingchef von Nike.

80 der 100 weltgrössten Anzeigenkunden werben heute auf Facebook. In den USA landet dort inzwischen jede vierte Online-Anzeige, haben die Marktforscher von ComScore ermittelt. Und Facebook liefert ihren Anzeigenkunden vielfältige Tools, um die Effizienz der Werbeschaltung nach allerlei Parametern auszuwerten.

Fans in Armeestärke

Als besonders cleverer Schachzug hat sich der «Gefällt mir»-Button erwiesen: Wer sein Wohlwollen für eine Marke oder ein Produkt mit einem Klick auf den gereckten Daumen bezeugt, erstellt damit einen neuen Eintrag auf seiner Pinnwand. Nun weiss auch das Umfeld, dass Implenia-Präsident Anton Affentranger angetan ist von «National Geographic», dass Hublot-Chef Jean-Claude Biver auf Lindt-Schokolade steht und AmCham-CEO Martin Naville ein Fan von BILANZ ist. Die Werbung hat auf einmal einen persönlichen und damit glaubwürdigen Kontext – und wird deshalb um 30 Prozent besser wahrgenommen als herkömmliche Werbung, wie die Marktforscher von Nielsen festgestellt haben.

Inzwischen haben über zwei Millionen externe Websites den Knopf übernommen, und Firmen wie Coca-Cola, Starbucks oder Disney beschäftigen ganze Abteilungen, um ihre Millionen von Anhängern zu pflegen. Facebook, eine Armee von unbezahlten Markenbotschaftern. Die lohnen sich: Jeder Facebook-User gibt im Schnitt 60 Euro pro Jahr mehr aus für Produkte, von denen er Fan ist, hat die Marketingfirma Syncapse errechnet. Kein Wunder, tun die Firmen alles, um eine grosse virtuelle Anhängerschaft zusammenzurufen.

«Es ist auf Facebook sehr laut geworden, und es wird immer lauter», sagt Simon Künzler, der mit seiner Agentur Xeit Schweizer Kunden in Sachen Social Media berät. Geschummelt wird dabei auch: Mehr oder weniger seriöse Anbieter wie Fan Builder, Increase Your Fans oder uSocial bieten die «Likers», wie die Anhänger auch genannt werden, gleich paketweise zum Kauf. Das Schnupperangebot: 500 Fans für 39.99 Dollar oder, wenn es ein bisschen mehr sein darf, gleich eine Viertelmillion Anhänger zum Spezialpreis von knapp 9000 Dollar, nur noch für wenige Tage!

Der Faceboom bleibt auch für Schweizer Unternehmen nicht folgenlos. Eine «komplette Umkehr des Mindset bei vielen Firmen» hat Thomas Achhorner, Partner bei den Strategieberatern der Boston Consulting Group (BCG), in letzter Zeit festgestellt: «Früher waren die Unternehmen sehr restriktiv, was Social Media angeht. Jetzt erwarten sie teilweise sogar von ihren Mitarbeitern, sich dort zu präsentieren.»

Und sie sind selber aktiv: Die Swiss etwa, eine der Schweizer Vorreiterinnen hinsichtlich Social Networks, schaltet auf Facebook nicht nur Werbung, sondern erlaubt auch einen Blick hinter die Airline-Kulissen, veranstaltet Gewinnspiele und beantwortet Fragen der Passagiere. Die wichtigste Erkenntnis: «Man muss gut zuhören, die Leute ernst nehmen und ihnen rasch Feedback geben», sagt Christian Lüdi, zuständig für sämtliche Social-Media-Aktivitäten: «Würden wir einfach nur die Pressemitteilungen dort publizieren, würde das kaum Beachtung finden.»

Während der Vulkanaschewolke etwa informierte die Swiss ihre gestrandeten Passagiere regelmässig über Twitter und Facebook und erhielt dafür viel Lob. «Man findet keine andere Schweizer Grossfirma, die eine ähnlich enge Beziehung zu ihren Facebook-Fans hat», urteilt Stefan Schär von Social Media Schweiz. Da liegt es nahe, dass die Airline ihren Auftritt auch zur Personalrekrutierung nutzt. Auch die Migros findet einen Teil ihrer Lehrlinge inzwischen auf der Plattform, und die Tourismusdirektion Gstaad sorgt via Facebook dafür, dass Hotels und Bergbahnen genug Personal haben. Wie man Facebook-Fans in Umsatz verwandelt, zeigt Chipsfabrikant Zweifel.

Dessen Management staunte nicht schlecht, als sich im Sommer 2009 innert kurzem gleich zwei Facebook-Gruppen bildeten, welche die Wiedereinführung eines 14 Jahre zuvor eingestellten Produktes verlangten, der Snacketti-Zwiebelringe. Ein Jahr lang schaute man bei Zweifel zu, wie die Fanseiten immer mehr Dynamik und Mitglieder gewannen, dann versprach man, die Wiedereinführung zu prüfen. Über den Stand dieses Prozesses wurden die inzwischen 12 000 Anhänger wöchentlich informiert.

Gross war der Jubel, als der Entscheid positiv ausfiel. Letzten September kamen 380 Facebook-Fans ins Werk im aargauischen Spreitenbach, um den Startknopf zur Produktion zu drücken. Seit Oktober ist das Produkt wieder im Handel. «Unsere Ziele und Erwartungen wurden deutlich übertroffen», sagt Christoph Ernst, Social-Media-Verantwortlicher bei Zweifel: «Wir sind sehr zufrieden.» Und die Markenfans sind noch einmal loyaler geworden. Facebook ist seitdem integraler Bestandteil der Zweifel-Strategie.

Mit einer ähnlichen Aktion brachten letztes Jahr 20  000 Fans den Yogi Drink Apfel von Emmi zurück in die Schweizer Supermarktregale. Dass neue Produkte zuerst auf den Facebook-Seiten angekündigt werden, ist inzwischen bei vielen Firmen normal. «Man macht die Fans so zu Komplizen und steigert ihre Identifikation», sagt Markenexperte und Werber Dominique von Matt.

User als Mitarbeiter

Auch Nestlé bekam die Macht der Facebook-Gruppen zu spüren, allerdings auf die harte Tour: Letzten Frühling bezichtigte Greenpeace den Konzern der Verwendung eines Palmöls, dessen Gewinnung den Lebensraum des Orang-Utans zerstöre. Schnell erschienen Boykottaufrufe auf der damals 750  000 User starken KitKat-Fanpage, einzelne tauschten ihr Profilbild gegen ein verändertes KitKat-Logo mit der Aufschrift «Killer» aus.

Statt in den Dialog zu treten, wurden die Nestlé-Administratoren ausfällig und löschten die kritischen Beiträge – was den Zorn der Community erst recht provozierte. Als der Multi die Fanpage daraufhin ganz sperren liess, verlor er endgültig das Gesicht (inzwischen ist sie wieder online). Dabei lässt sich die kreative Energie der User viel produktiver nutzen.

Die Migros etwa, eine der aktivsten Schweizer Firmen in Social Media, startete auf Facebook und ihrer eigenen Plattform Migipedia eine Kampagne zum Sammeln von Ideen, welche Produkte den Nutzern im Regal fehlten. Die Vorschläge reichten vom Sushi-Bastel-Kit über einen holländischen Brotaufstrich bis zum M-Budget-Turnschuh.

Das erste Produkt, ein Gesellschaftsspiel namens Migropoly, geht nun in Produktion. «Dank Facebook können wir die Bedürfnisse unserer Kunden besser berücksichtigen», sagt Leila Summa, Social Media Director der Migros, welche die Plattform als moderne Umsetzung des Dialogs à la Duttweiler sieht. Beim Detailhandelsriesen ist das Thema, wie bei vielen Schweizer Firmen, organisatorisch im Marketing verankert.

Schon einen Schritt weiter ist da der US-Computerbauer Dell. Dort gibt es keine Social-Media-Abteilung; die aktive Mitwirkung auf Facebook und Co. wird von allen Angestellten erwartet. Für die Benutzung des Telefons gebe es schliesslich auch keine Abteilung, heisst es bei Dell.

«Im internationalen Vergleich stecken Schweizer Unternehmen da noch eher in den Kinderschuhen», sagt Thomas Hutter von der Social-Media-Agentur Hutter Consult. Die zunehmende wirtschaftliche Macht von Zuckerberg und seinen 1700 Angestellten bringt einen anderen grossen Internetplayer in Bedrängnis: Google, bislang unangefochtener Marktführer bei Onlinewerbung.

Denn Facebook hat einen gewaltigen Vorteil: Die Firma muss nicht auf Grundlage der Suchhistorie mühsam erraten, was einen User interessieren könnte – sie weiss es durch die Selbstdeklaration. Und Menschen sind glaubwürdiger als Maschinen: «Das Geschäft mit der Internetsuche wird zutiefst umgekrempelt durch soziale Netzwerke», sagt Augie Ray, Analyst bei Forrester Research. «Schliesslich interessiert Sie nicht, was Google für wichtig hält. Sondern was Ihre Freunde für wichtig halten.» Kein Wunder, hat Google mit Orkut und Buzz schon zwei – bislang erfolglose – Versuche unternommen, eigene soziale Netzwerke zu lancieren.

Die starke Stellung bringt Facebook ein ähnliches Problem wie dem als Datenkraken verschrienen Suchkonzern: «On the internet, nobody knows you’re a dog», heisst ein inzwischen berühmter Cartoon aus dem Jahr 1993. Doch die Zeit der Pseudonyme in anonymen Foren, die Ära der bizarren Avatare in virtuellen Welten ist vorbei. Die Leute wollen sich nicht mehr verstecken, sie wollen gefunden werden. Allen voran auf Facebook.

Dass Zuckerberg und seine Mannschaft deshalb über ihre 600 Millionen Mitglieder mehr wissen als jede Regierung über ihre Bürger, ruft weltweit die Datenschützer auf den Plan. Zumal das Unternehmen in seiner Politik notorisch unberechenbar ist und mehrmals den Zorn der Community weckte, als es sich die Nutzerdaten allzu forsch einverleiben wollte.

Da prallen Generationen und Weltsichten aufeinander: Zuckerberg, geboren im Jahr 1984, hat durchblicken lassen, dass Privatsphäre für ihn ein Konzept von gestern sei. Es ist ein Dilemma, das zu lösen nicht einfach sein wird: Facebook sitzt auf einem gewaltigen Datenschatz. Aber sobald die Firma die Informationen für ihr Geschäft allzu offensiv nutzen oder gar nach aussen geben will, heult ein Grossteil der User auf.

Eigene Währung

Und es werden immer mehr Daten. Denn Facebook schaltet in rascher Folge neue Dienste auf. Einen Marktplatz für Kleinanzeigen etwa, der hierzulande zwar noch etwas einfach ausfällt, der aber dank der schieren Benutzerzahl von Facebook das Potenzial hat, spezialisierte Portale wie Homegate oder Autoscout überflüssig zu machen. Oder der Dienst Credits, deutsch: Gutschriften, eine virtuelle Online-Währung für Transaktionen auf Facebook und darüber hinaus. Bislang ist vor allem die Spieleindustrie darauf angesprungen und verkauft den Gamern virtuelle Hilfsmittel, mit denen sie schneller und einfacher zum Erfolg kommen.

Letztes Jahr soll der Markt dafür bereits 835 Millionen Dollar betragen haben, schätzt Inside Network. Bald will Facebook den Dienst auch in der Schweiz anbieten: «Es ist keine Frage mehr, ob, sondern nur wann und wie auch Unternehmen das nutzen werden zum Verkauf ihrer Produkte», sagt Strategieberater Achhorner. Lohnend für Facebook, das von jeder Transaktion 30 Prozent einstreicht.

Besonders viel Potenzial hat der Dienst Places, deutsch: Orte, der hierzulande im Oktober aufgeschaltet wurde. Mit ihrem Smartphone loggen sich die Benutzer unterwegs ein und verraten so ihren Freunden, wo sie sich gerade befinden – vielleicht trifft man sich ja. Dieses sogenannte Geotagging ist derzeit quer durchs Web stark im Kommen und soll im Falle von Facebook den bislang noch weitgehend unberührten 90-Milliarden-Markt für lokale Werbung eröffnen.

Wie das gehen soll, zeigte McCafé, die Kaffeehauskette von McDonald’s, in Deutschland mit einem virtuellen Adventskalender. Wer sich vor Weihnachten in einer Filiale via Places einloggte, fand später auf seiner virtuellen Pinnwand einen Gutschein zum Download von Filmen oder Musik – was auf diese Weise natürlich auch alle Freunde erfuhren. Und der neue Facebook-Dienst Deals, in der Schweiz noch nicht erhältlich, verknüpft das Ganze gleich mit Rabattcoupons – ebenfalls ein derzeit boomender und lukrativer Markt, wie das explosionsartige Wachstum von Firmen wie Groupon oder DeinDeal zeigt. Zur US-Premiere verschenkte die Kleiderkette GAP Jeans an die ersten 10  000 Fans, die mit den entsprechenden Facebook-Gutscheinen vorbeikamen.

Zuckerberg wirft damit seine Geldmaschine erst richtig an. Vorbei die Zeiten, in denen die Firma vornehmlich darauf bedacht war, erst mal zu wachsen und sich so breit und tief im Netz zu verweben, auf dass sie kein Strohfeuer à la Second Life wird. Diese neuen Aussichten sind es wohl, welche die Investment Banker von Goldman Sachs Anfang Januar dazu brachten, 450 Millionen Dollar zu investieren und damit die Bewertung auf astronomische 50 Milliarden zu schrauben, mehr als das 100fache des Gewinnes (Facebook erwirtschaftete nach eigenen Angaben in den ersten neun Monaten 2010 einen Umsatz von 1,2 Milliarden Dollar und einen Gewinn von 355 Millionen Dollar). Seither geht die Angst um vor einer zweiten Internetblase, die sich auch in den Bewertungen anderer Social-Network-Firmen zeigt.

Bei Facebook selber dürfte mit der jüngsten Kapitalerhöhung ein Börsengang erst einmal vom Tisch sein: Geld hat die Firma nun wieder genug, Zuckerbergs Machtmonopol (er bestimmt drei der fünf Board Members) bleibt erhalten, sein 24-Prozent-Anteil ist bereits jetzt 15 Milliarden Dollar wert, und gegen das Quartalsdenken der Wall Street hat er sowieso eine tiefe Abneigung.

Das Geld will Facebook für den weiteren Ausbau verwenden. Marc Andreessen, Netscape-Gründer und im Board von Facebook, ist überzeugt, das Benutzerlimit sei gleich hoch wie die weltweite Anzahl der Menschen mit Elektrizität. Scott Woods, Facebook-Verantwortlicher für den deutschsprachigen Raum, nennt bescheidenere, aber immer noch ambitionierte Vorstellungen: «Unser erklärtes Ziel ist es, eine Milliarde Menschen zu verknüpfen», sagt er (siehe Interview «Im deutschen Sprachraum haben die Schweizer die Nase vorn»). Geht es im jetzigen Tempo weiter, dürfte es im August 2012 erreicht sein.

Vision der Omnipräsenz

Zuckerberg will nach Fotos, Videospielen und Schnäppchenangeboten noch weitere Industrien aufmischen. «In fünf Jahren wird jede Branche neu erdacht werden unter dem sozialen Aspekt», sagt er. Musik und Film seien als Nächstes dran, denn die seien von Natur aus «social». Wohl auch zur Verteidigung hat Apple kürzlich den Netzwerkdienst Ping aufgeschaltet, mit dem sich iTunes-Benutzer über ihre musikalischen Vorlieben austauschen können.

Doch Zuckerberg will noch mehr: «Unser Ziel ist es, alles social zu machen.» Seine Vision ist Facebook als menschenverbindende Schicht unter jedem Gerät, an jedem Ort: Man kauft ein neues Handy, loggt sich auf Facebook ein und hat sofort alle seine Kontakte geladen, die Lieblingsorte samt Navigation dorthin. Man schaltet den Fernseher ein, und es erscheint die Meldung: «17 ihrer Freunde haben die letzte Folge von ‹CSI: Miami› gesehen. Drücken Sie Play.» Und jeder Kontakt, sei es das Lieblingsrestaurant oder der Kleiderladen um die Ecke, ist dank dem sozialen Netz über die Vorlieben der User informiert.

Facebook soll dann nichts weniger sein als die wichtigste Firma der Welt. Wird seine Vision Realität, kann Mark Zuckerberg noch ein paar Mal den «Gefällt mir»-Knopf drücken.