Der Prozess gegen den Ex-HSBC-Mitarbeiter Hervé Falciani ist am Montagmorgen vor dem Bundesstrafgericht in die zweite Runde gegangen. Der mutmassliche Bankdatendieb kam wie erwartet erneut nicht nach Bellinzona.

Bereits beim Prozessauftakt Mitte Oktober war sein Stuhl leer geblieben. Dieses Mal könnte das Gericht in Abwesenheit des Angeschuldigten urteilen.

Auch «Passierschein» lockt ihn nicht

Vergangene Woche kündigte Falciani im französischen Divonne-les-Bains an, dass der Prozess am Bundesstrafgericht in Bellinzona erneut ohne ihn stattfinden müsse. Er sei sich bewusst, dass er mit einer milderen Strafe rechnen könne, wenn er vor dem Bundesstrafgericht erscheine, sagte der französisch-italienische Doppelbürger damals.

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Falciani sei ein sogenannter «Passierschein» angeboten worden, mit dem er zum Prozess in die Schweiz hätte reisen können, ohne festgenommen zu werden, sagte der Richter Mitte Oktober beim Prozessauftakt am Bundesstrafgericht.

Lange Anklageschrift

Dem ehemaligen IT-Mitarbeiter wird in der Anklageschrift des Bundesstrafgerichts wirtschaftlicher Nachrichtendienst, unbefugte Datenbeschaffung, Verletzung des Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisses und die Verletzung des Bankgeheimnisses vorgeworfen.

Einige Länder würden seinen Fall jedoch anders bewerten, darunter Spanien, sagte Falciani. Er räumte allerdings auf der Medienkonferenz vergangene Woche in Frankreich ein, gewisse Regeln nicht respektiert zu haben.

Profiteur oder mutiger Whistleblower

Für die einen gilt Falciani als Whistleblower, der einen flächendeckenden Steuerbetrug aufdeckte, andere sehen in ihm einen Dieb, der die Kundendaten der Bank HSBC weiterverkaufte.

Ende 2006 soll Falciani gemäss Anklageschrift Informationen zu 75 Prozent der bei der HSBC eröffneten Konten gestohlen haben. Die Daten soll er anderen Instituten, aber auch ausländischen Behörden angeboten haben. Falciani soll deutsche, englische, italienische, spanische und französische Behörden anvisiert haben.

Falciani zweifelt an Schweizer Gerichten

«In der Schweiz fehlen meiner Ansicht nach die Voraussetzungen für einen fairen und ausgeglichenen Prozess», sagte Falciani in der vergangenen Woche. Es handle sich nur um eine «Arena», in der es darum gehe, den «Schein» zu wahren.

Er sei jedoch bereit, sich vor einer Einrichtung wie dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu verantworten, räumte der ehemalige HSBC-Mitarbeiter ein. Sein Kampf habe sich nicht gegen das Schweizer Bankgeheimnis an sich gerichtet, sagte der 43-Jährige. Ihm sei es vor allem darum gegangen, den Mangel an Transparenz aufzudecken.

Der Prozess ist auf sechs Tage angesetzt. Wann ein Urteil gesprochen wird, ist noch unklar.

(sda/jfr)