Rüdiger Lobrinus, Freizeitmarathonläufer und passionierter Bergsteiger, fordert sich selbst nicht eben wenig ab. Gleiches gilt im Verhältnis zu seinen Geschäftspartnern. «Diese Plattform muss alles können», liess der Geschäftsleiter der UBS Life jene IT-Consultants kurz und knapp wissen, die Mitte 2000 bei ihm zum «Beauty Contest» antraten. Gekommen waren sie, um Geburtshelfer einer neuen Versicherungsgesellschaft werden zu dürfen.

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Stephan Ommerborn, Geschäftsführer der Feilmeier & Junker (FJA) in Zürich, der schweizerischen Niederlassung des auf die Versicherungsbranche und andere Finanzdienstleister spezialisierten internationalen Beratungs- und Softwarehauses FJH mit Hauptsitz in München, nahm die Herausforderung an. Und er machte, privat genau wie Lobrinus des Öfteren irgendwo rund um den Globus auf der 42-Kilometer-Distanz unterwegs, prompt das Rennen.

Doch der eigentliche Hürdenlauf begann für Ommerborn und seine Crew erst nach diesem Sieg. Nun allerdings nicht mehr gegen Wettbewerber, sondern gemeinsam mit seinem Auftraggeber Lobrinus nur noch gegen die Zeit. Das Ziel war von Anfang an präzise vorgegeben. Dies hatten der heutige UBS-Verwaltungsratspräsident Marcel Ospel, zu dieser Zeit noch Konzernleitungspräsident, und seine Geschäftsleitungskollegen ihrem damaligen Mitarbeiter Lobrinus schon Anfang 2000 unmissverständlich gesteckt, und zwar als sie seinem Projektantrag zum Aufbau der UBS Life die Startfreigabe erteilten.

Ganz klar war für Lobrinus wie für Ommerborn daher, dass die neue Tochter in jeder Hinsicht sehr attraktiv sein musste. Immerhin geht es allein in der Schweiz jährlich alles in allem um rund acht Milliarden Franken Lebensversicherungsprämien. Davon stammt etwa ein Viertel von UBS-Kunden.

Genau auf diese satten Summen hin, so die Weisung aus der obersten UBS-Führungsetage, sollte der neue Lebensversicherungsableger seinen Reiz entfalten, damit ein möglichst grosser Teil davon unter den Fittichen des UBS-Konzerns bleibt. Oder gar neu dorthin gelangt. Vorzugsweise war eine Kundenklientel angepeilt, die ein Vermögen von mehr als 250000 Franken ihr Eigen nennt und deshalb auch von UBS-Wettbewerbern heftig umworben ist.

Doch trotz dieses hohen Anspruchs durfte sich der Sprössling keinesfalls kompliziert gerieren. Schon gar nicht in IT-technischer Hinsicht. Sperriges Verhalten dieser Art hätte bereits die rund 5000 UBS-Kundenberater in der Schweiz, den zunächst einzigen Vertriebskanal der UBS Life, davor zurückschrecken lassen können, sich seiner wohlgesinnt anzunehmen. Für externe Vertriebspartner, die über kurz oder lang hinzustossen sollen, gilt dies natürlich erst recht.

Möglichst schlank sollte die Tochter ausserdem daherkommen, denn Leanmanagement ist nun einmal das unternehmensstrategische Gebot der Stunde. Vor allem sollte sie nach den familieninternen Erfahrungen der Vergangenheit in jeder Hinsicht ungebunden und äusserst flexibel sein. Schliesslich waren in der Allfinanzbegeisterung vergangener Zeiten sowohl der frühere Bankverein (SBV – der mit der Zürich-Versicherung) wie die Bankgesellschaft (SBG – die mit der Rentenanstalt/Swiss Life) Liasons eingegangen. Die aber hielten nie so recht, was sich die Väter davon versprochen hatten. Im Zuge der 1998 erfolgten Fusion von SBV und SBG wurden diese Verbindungen nach und nach wieder gekappt.

Kontaktfreudigkeit nach allen Seiten sollte den neuen UBS-Lebensversicherer dennoch auszeichnen. Schliesslich hatte er auch fremde Versicherungsgesellschaften als Produktlieferanten für sich zu gewinnen, um ein für die UBS-Kunden wie die gesamte UBS-Familie optimales Versicherungsangebot bieten zu können. Zugleich musste die UBS-Lebensversicherungstochter dabei jedoch sehr vorsichtig agieren. Denn zusätzliche Risiken durfte sie keinesfalls ins Haus bringen. Schon gar nicht solche mit echt versicherungstechnischem Charakter wie dem Todesfall-, Invaliditäts- oder Langlebigkeitsrisiko.

Dieses vielfältige unternehmensstrategische Pflichtenheft seiner Konzernleitung reichte der neu ernannte UBS-Life-Chef Lobrinus gleich zu Beginn seinem IT-Partner Ommerborn zwecks Umsetzung in eine optimale IT-Lösung durch. Einige weitere Rahmenbedingungen aus eigener geschäftspolitischer Entscheidungsfreiheit fügte er gleich noch hinzu.

Dazu gehörte beispielsweise, dass die Bestandsverwaltungs- und die Vertriebssoftware in jedem Fall lückenlos verlinkt sein müssen und der gesamte Prozess möglichst papierlos abläuft. Denn mit der erneuten Erfassung von Vertragsdaten, die von den UBS-Kundenberatern vor Ort ohnehin schon einmal aufgenommen wurden, mochte Lobrinus die einschliesslich seiner Person gerade mal zwanzig Mitarbeiter seines Unternehmens gewiss nicht auslasten. Nicht einmal mit der Erstellung einzelner Versicherungsangebote, weil der UBS-Bankberater vor Ort auch dies im direkten Kontakt mit dem Kunden viel schneller und effektiver machen kann. Vorausgesetzt natürlich, ihm steht ein geeignetes Point-of-Sales-System zur Verfügung.

Lobrinus’ eigene Mannschaft dagegen hat sich nach seinen geschäftspolitischen Vorstellungen vorzugsweise der Entwicklung und Implementierung neuer Lebensversicherungsprodukte zu widmen. Wegen der Aversion der UBS-Life-Mutter gegen die Übernahme versicherungstechnischer Risiken geht es dabei ausnahmslos um fonds- und indexgebundene Lebensversicherungen. Schliesslich trägt dort der Kunde selbst das Anlagerisiko, und alle biometrischen Risiken reicht die UBS Life weitgehend an die Swiss Re als Rückversicherer weiter.

Zwei UBS-Life-Eigengewächse dieser Art hatten Ommerborn und seine Softwarespezialisten deshalb gleich vom Start weg in ihr hauseigenes Produkt, die Standardsoftware «Life Factory», zu integrieren: «UBS Life Funds» und «UBS Life Comfort Index». Ausserdem mussten sie an dieser Stelle einen ersten Link setzen, und zwar zur in Jahrzehnten bei der alten SBG wie dem früheren SBV gewachsenen IT-Welt des UBS-Konzerns, die zudem durch allerlei Fusionen und Strategiewechsel geprägt war. Schliesslich wollen die Eigner fondsgebundener Produkte nicht zuletzt wegen allfälliger Umstrukturierungsbedürfnisse permanent wissen, wie es um ihre Versicherung wertmässig bestellt ist. Die dafür erforderlichen Kursdaten hält die UBS-Life-Mutter, die seit langem schon ganz massiv auf alle Spielarten des Electronic Banking setzt, natürlich ausnahmslos bereit. Zumal sie vor vier Jahren ihre «Fund Gate»-Datenbank freischaltete.

Eine entsprechende Verknüpfung zu den EDV-Systemen der Mutter ist allein schon aus diesem Grund unumgänglich, forderte Lobrinus von der FJA-Mannschaft deshalb klipp und klar. Aber natürlich wollte er zwecks optimaler Ausnutzung des Cross-Selling-Potenzials auch direkte Zugriffsmöglichkeiten auf andere Datenbanken des UBS-Konzerns gesichert wissen. In umgekehrter Richtung gilt das natürlich nicht weniger.

Von Anfang an offen musste die IT-Architektur der UBS Life jedoch ebenso für gänzlich fremde EDV-Systeme sein. Bei klassischen gemischten Lebens- sowie Leibrentenversicherungen griff Lobrinus nämlich vom Start weg auf Produkte der Providentia zurück. Woraus sich für Ommerborns Mannschaft der Auftrag ergab, auch hier die entsprechenden Schnittstellen bereitzustellen. Deren Anzahl erhöhte sich Mitte vergangenen Jahres um eine weitere Adresse, weil die UBS Life seither zusätzlich mit den Basler Versicherungen kooperiert. Weitere Produktlieferanten sollen folgen.

IT-Pflichtenheft der UBS
Punkt für Punkt zu klaren Lösungen


keine Eigenentwicklung, sondern Standardsoftware mit Anpassungsmöglichkeit


komplette Verlinkung zwischen Bestandsverwaltungs- und Vertriebssystem


offene Systemarchitektur, die voll intranetfähig ist und Partnern sowohl auf der Produktlieferanten-Seite wie im Vertriebsbereich den Zugang ermöglicht


alle eigenen und externen Versicherungsprodukte müssen für den Vertrieb auf einer Plattform verfügbar sein


zentrale «Pflegbarkeit» des gesamten Systems

Aber auch auf der Vertriebsseite lässt Lobrinus keine Zweifel, dass er sich neben den Bankberatern der Mutter UBS über kurz oder lang weitere Zugangskanäle zu potenziellen Kunden erschliessen will. Makler beispielsweise. Dafür, so trug der UBS-Life-Chef seinem IT-Berater und Implementierer Ommerborn auf, muss das UBS-Life-EDV-System ebenfalls entsprechend vorbereitet sein.

Andererseits war die Aufgabenstellung bei der UBS Life für Ommerborn und seine Mannschaft zumindest in einer Beziehung ungewohnt unproblematisch: IT-technischer Ballast aus früheren Zeiten nämlich, der IT-Consultants bei lange etablierten Unternehmen oft grosse Migrationsprobleme bereitet, musste bei der völlig neu gegründeten UBS Life naturgemäss noch nicht mitgeschleppt werden. Dies war gewiss ein nicht unwesentlicher Grund dafür, dass der junge Versicherer nach rekordverdächtiger Aufbauzeit bereits im Januar 2001 den operativen Betrieb aufnehmen konnte. Mit einem Prämienvolumen von 400 Millionen Franken im vergangenen Jahr darf sich das Unternehmen nun schon zu den «grösseren schweizerischen Versicherungsgesellschaften zählen» (Lobrinus).

Ob allein diese Marscherleichterung zugleich erklärt, weshalb sich der UBS-Life-Chef Lobrinus und Ommerborn auch nach solch einem Kraftakt noch immer sehr gut verstehen, scheint dagegen eher zweifelhaft. Die Regel jedenfalls ist solch nachhaltige Eintracht zwischen Kunde und seinem Consultant wohl kaum mehr. Die schlechte Konjunkturentwicklung einerseits und der generelle Image-Knacks der jüngsten Vergangenheit auf Seiten der Beratergilde andererseits haben deutliche Spuren hinterlassen. Folge: Spannungen zwischen den Consultants und ihren Kunden, wie sie im Laufe eines solchen Projektes fast zwangsläufig aufkommen, führen mittlerweile immer häufiger zu heftigen und nicht selten öffentlich ausgetragenen Nachhutgefechten.

Dass im Falle Lobrinus/Ommerborn das offensichtlich ganz anders ist, hat gewiss mit den Auswahlkriterien des UBS-Life-Chefs bei der Entscheidung für seinen IT-Partner zu tun. Wichtig, betont Lobrinus, ist einerseits natürlich schon eine gewisse Grösse und Marktstellung des Consultants. Diese bieten nämlich die Garantie dafür, solch ein langfristig angelegtes Projekt tatsächlich sicher durchziehen zu können. Zugleich muss die Beraterfirma jedoch flexibel genug geblieben sein, um auch innerhalb ihres eigenen Bereiches sehr kurze Entscheidungswege zu gewährleisten. Sonst nämlich ist bei notwendigen Anpassungen des Projektablaufs, wie sie bei der Umsetzung eines solchen Vorhabens immer wieder auftreten, heftiger Frustaufbau die Folge. Vor allem jedoch, weist Lobrinus den «weichen» Einflussfaktoren eine ganz zentrale Rolle zu, muss der Berater eben «wirklich voll und ganz verstehen, wo sein Kunde geschäftsstrategisch hinstrebt».

Vielleicht hat Lobrinus und Ommerborn auf ihrem gemeinsamen Weg in die neue IT-Landschaft der UBS Life ja aber auch ein wenig der Umstand geholfen, dass beide dank ihren sportlichen Ambitionen die Einsamkeit des Langstreckenläufers kennen.

Studie der Boston Consulting Group
Zeichen stehen auf Wachstum


Das müssen Berater strategisch und IT-spezifisch berücksichtigen, wenn sie einen Finanzdienstleister auf seinem Weg sicher in die Zukunft begleiten wollen.
  • Nach einer Studie der Boston Consulting Group (BCG) wird der europaweite Lebensversicherungs-, Fonds- und Rentenmarkt von 6,9 Billionen Euro 2000 auf 10,9 Billionen Euro 2005 zunehmen. Wichtigster Grund für das prognostizierte Wachstum ist, dass derzeit überall in den in der Studie betrachteten zwölf Ländern (Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz und Spanien) zunehmend die Notwendigkeit privater Altersvorsorge erkannt wird. Die steuerlichen Förderungsmassnahmen, die inzwischen zur stärkeren Eigeninitiative anhalten sollen, wirken als zusätzliche Treiber.
  • Die Privathaushalte verfügen – momentan noch etwas geschockt von den Börsenturbulenzen – über beachtliche Volumina an liquiden Mitteln. Früher oder später dürften die wieder in lukrativere und langfristige Anlageformen umgeschichtet werden. Dies steht vor allem dann an, wenn diese Mittel vererbt werden.
  • Durch diese Vererbungsvorgänge wird laut BCG-Prognose der Anteil der vermögenden Privatkunden, die sowohl eine grössere Affinität zu Investmentprodukten wie ein höheres Beratungsbedürfnis kennzeichnet, in der europäischen Bevölkerung von 5,5 Prozent im Jahr 2000 auf 6,3 Prozent 2005 zunehmen. Diese Gruppe wird dann zugleich einen weit überproportionalen Anteil von 12 Prozent der gesamten liquiden Mittel in Höhe von europaweit 19,2 Billionen Euro besitzen.
  • Der Vertrieb erhält damit eine zunehmende Bedeutung für den Produkterfolg und das Wachstum eines Unternehmens, zumal er angesichts weitgehend gleicher Produkte zum wesentlichen Differenzierungskriterium konkurrierender Anbieter wird. Zugleich ist der Vertrieb aber auch die Stufe höchster Wertschöpfung im Verkauf von Finanzdienstleistungen.
  • Grundsätzlich sollte die Bedeutung von «Bancassurance», also des Vertriebs von Versicherungsprodukten durch Banken und umgekehrt von Bankprodukten durch Versicherer, in ganz Europa deshalb schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen zunehmen. Schliesslich stellen die daraus resultierenden Provisionseinnahmen für Banken Eigenkapital schonende Ertragspotenziale dar. Versicherern andererseits eröffnen sich durch Bancassurance weitere Wachstumsmöglichkeiten aus ihrem Kerngeschäft heraus.
  • Faktisch stellt sich die Umsetzung die-ses strategischen Ansatzes allerdings vor allem wegen organisatorischer und struktureller Schwächen auf der Anbieterseite noch schwierig dar. So sind beispielsweise, wie die BCG-Studie nüchtern feststellt, Bankfilialen als Vertriebsstellen für Versicherungen nach wie vor «nicht etabliert». Die Versicherer wiederum glaubten es sich auf Grund der Abhängigkeit von ihren Ausschliesslichkeitsorganisationen kaum leisten zu können, konkurrierende Vertriebskanäle ernsthaft ins Auge zu fassen.
  • Kritische Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Integration des Versicherungsverkaufs in eine Bank bei der operativen Ausgestaltung sind ein vollständig integrierter Verkaufsansatz von Bank- und Versicherungsprodukten, die Fokussierung auf wenige banknahe Produkte, die Nutzung von Bündelprodukten und der Bank-Brand sowie die Integration aller relevanten POS-, CRM- und Backoffice-Systeme.