Vive la Tour de France! Es ist mal wieder so weit. Die Schweizer Männerwelt steht Kopf, verfolgt fiebernd jede einzelne Etappe, denn im härtesten Radrennen der Welt ist die Schweiz wieder stark vertreten – dank dem US-Profi Tyler Hamilton im Team Phonak. Ermöglicht hat dies Andy Rihs, selbst passionierter Velofahrer, Multimillionär und zahlungskräftiger Sponsor der Equipe. Der sportfanatische 61-Jährige ist omnipräsent, mal hier in die Kamera lächelnd, mal dort diskutierend, mal die Sportler motivierend. Läuft etwas nicht rund, genügt ein Telefonat an seinen engsten Vertrauten und persönlichen Mitarbeiter Ernst Vogelsang. Der bringt die Dinge für Rihs wieder ins Lot.
Der Gründer und Verwaltungsratspräsident des Hörgeräteherstellers Phonak verfügt über den grössten Luxus, den ein Millionär besitzen kann. Nicht etwa ein eifriges Bike-Team, das können sich andere auch leisten. Sondern ein ganz persönliches Family-Office. Dieses plant, organisiert und zahlt für alle Begehrlichkeiten – natürlich mit dem Geld des Besitzers. Der ist froh um Vogelsang: «Nachdem ich 1999 als CEO von Phonak zurückgetreten war, liess ich mich frühzeitig pensionieren. Also brauchte ich jemanden, der meine vielen Nebenaktivitäten organisiert, wie das einst meine Sekretärin erledigte», gibt Rihs zu Protokoll. Vogelsang, bis dahin Finanzchef der Phonak, liess sich nicht zweimal bitten.
Die Aufgaben sind klar verteilt: «Rihs ist der Stratege, und ich bin sein Schattenkabinett», definiert Vogelsang sein Coaching. «Während er Projekte aufgleist und entwickelt, erledige ich den Rest.» Da kann es schon vorkommen, dass Vogelsang unvermittelt ein Telefonat von Rihs erreicht, der wünscht, dass er seinem Physiotherapeuten doch schnell ein Darlehen ausstellt, damit sich dieser selbstständig machen kann. Wie viele solcher «Projekte» Rihs bereits aufgegleist hat, dokumentieren seine weit verzweigten Besitztümer: ein Weinberg in Neuseeland, zwei Ranchs in den USA, die Velofabrik BMC in Grenchen, Immobilienprojekte in Stäfa und Nyon, das Hotel Al Porto am Zürichsee und die 340 Millionen Franken schwere Beteiligung an Phonak.
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Family-Offices: Dieser Begriff taucht immer häufiger auf, wenn Reiche Wege suchen, ihre Milliarden- oder zumindest Multimillionenvermögen zu verwalten. Der reichste (Wahl-)Schweizer, Ingvar Kamprad, hat sich eines gezimmert für sein gigantisches Finanzimperium Ikano, versteckt quasi im Hinterhof seiner populären Ikea-Möbelmärkte. Multimilliardär Ernesto Bertarelli vom Biotech-Unternehmen Serono unterhält ebenso ein Family-Office wie Rohstoffexperte Marc Rich. Klaus Jacobs hat eines, Metro-Handelsmilliardär Otto Beisheim genauso. Die Sandoz-Erben um den Patriarchen Pierre Landolt firmieren gar offiziell mit dem Begriff: Sandoz Family Office SA.
Doch aus welcher Ecke kommt dieser amerikanische Ausdruck eigentlich? Früher bunkerten Superreiche Familienvermögen zwar auch schon gern diskret, deklarierten das jedoch banal als Vermögensverwaltung. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts versuchten vor allem neureiche Amerikaner, ihre kräftig sprudelnden Gewinne gerecht auf Kinder und Enkel zu verteilen (siehe Artikel zum Thema «Ursprung der Familientrusts: 150 Jahre Diskretion»). Der Begriff «Family-Office» war geboren, brauchte dann allerdings beinahe ein Jahrhundert, um ins (schweizer)deutsche Vokabular vorzudringen.
Eindeutig lässt sich dieser neudeutsche, immer populärere Begriff nicht übersetzen. Die Internet-Suchmaschine Yahoo bietet bei Eingabe der zwei Wörter 44,4 Millionen Fundstellen, während Google immerhin noch auf 8 Millionen Zugriffsmöglichkeiten verweist. Doch nicht einmal zwei der von BILANZ befragten vermeintlichen Hauptakteure in Family-Offices nannten übereinstimmend ein und dasselbe Tätigkeitsfeld. Die einen beschränken sich auf eine Finanzkontrolle für den Patron oder Clan; andere entwickeln parallel auch Investitionspläne. Einzelne Offices organisieren für Familienmitglieder gar deren halbes Leben: Hochzeiten, Scheidungen, Reisen – «all inclusive», sozusagen.
Beat Rauss, Geschäftsführer bei Univest in Basel, dem Schweizer Familienbüro der Wella-Erben, kennt in den USA «klassische Family-Offices mit 80 bis 90 Leuten». Da geht der Service für Familienmitglieder natürlich weit, mit klarer Aufgabenverteilung fürs Personal: Verwalten des Vermögens ist wichtig, aber auch, wer wann den Hund der Hausherrin Gassi führt, wer die Tennistasche für das Töchterchen packt und den Teenie zum Tenniscourt chauffiert.
Dies kann so weit gehen, dass die Nachkommen nie lernen, wie man die Steuererklärung macht, das Budget einhält oder Checks ausfüllt. Ein Phänomen, das selbst ein Nutzniesser – ein junger Spross der Rockefeller-Familie – einst als «Infantilisierung» bezeichnete.
Der Geschäftsführer eines Family-Office in Zug erklärt hinter vorgehaltener Hand, weshalb er so unersetzlich für seinen Brötchengeber geworden ist: Eines der vielen Familienmitglieder seines Auftraggebers erwähnte jüngst beim gemeinsamen Lunch beiläufig, dass der Sohn, der seit zwei Jahren in Kanada studiert, nun mit einer Freundin zusammenwohne. Der Geschäftsführer verstand den Wink, rief noch am selben Tag in Kanada und forderte den Sprössling auf, die Freundin für mindestens ein halbes Jahr auszusiedeln. Wer in Kanada mehr als zwei Jahre unter einem Dach zusammenlebe, erklärt der Geschäftsführer, gehe ein eheähnliches Verhältnis ein mit allen vermögensrechtlichen Konsequenzen. Trennt sich die Freundin nach zwei Jahren und einem Tag, könnte sie die gleichen Rechte einfordern wie eine Ehefrau bei einer Scheidung. Die Familie dankt.
Manchmal müssen auch ausgabefreudige Sprösslinge zur Räson gebracht werden. Wie etwa im Fall von Jochen Sauerborn, Inhaber eines der grössten Family-Offices Europas. Dann hebt der stattliche Deutsche in seinem opulent ausgestatteten Besprechungszimmer zur Strafpredigt an und erklärt in sonorem Tonfall mit unbewegter Miene, dass laut Statistiken Familienvermögen nach durchschnittlich 33 Jahren aufgebraucht seien. Selbst grösste Vermögen seien vor Verlusten nicht geschützt.
«Riskante Anlagen, hohe Privatentnahmen und Wirtschaftskrisen sind die grösste Gefahr für Familienvermögen», sagt Sauerborn. Zeigt sich der renitente Sohnemann noch immer uneinsichtig, folgen unzählige Beispiele reicher Familien, die dereinst bettelarm geworden sind, wie die Gebrüder Hunt, die noch zu Beginn der Achtzigerjahre auf Grund ihrer Silberspekulationen als reichste Familie der Welt galten – so lange, bis sie sich in den Kollaps spekulierten.
Immer mehr Reiche leisten sich diesen Komfort eines Allround-Services in allen Lebenslagen. In Europa zählt man mittlerweile 200, in den USA sogar 3500 Family-Offices. Auch die Banken witterten vor rund sechs Jahren das grosse Geld mit dem Service für die Superreichen und begannen damit, eigene Family-Office-Abteilungen aufzubauen. Das Beratungs- und Betreuungsgeschäft für vermögende Kunden zählt zu den lukrativsten Geschäftsfeldern im heutigen Finanzdienstleistungssektor und scheint schier unerschöpflich zu sein, denn über 55000 Haushalte weltweit verfügen über ein Vermögen von mehr als 30 Millionen Dollar.
Nur: Die besonders Vermögenden wollen diesen Service eben gar nicht (mehr) von den Geldhäusern erhalten. Serono-Boss Ernesto Bertarelli hat beste Kontakte zur UBS, die unter anderem viele Millionen als Hauptsponsor für Bertarellis Segelleidenschaft frei machte. Dennoch baute Bertarelli vor drei Jahren sein eigenes Family-Office auf. Ein weiterer prominenter Vertreter, der auf die Dienstleistungen der Banken verzichtet, ist der Unternehmer Klaus Jacobs. Er holte sich neulich lieber den Ex-Credit-Suisse-CEO Lukas Mühlemann als Berater. Der von einem alten Zürcher Geschlecht abstammende Multimillionär Henry Bodmer besitzt mit der Abegg Holding schon lange ein Family-Office, obwohl Bodmer viele Jahre lang der Credit Suisse als Verwaltungsrat vorgestanden hat. Und auch Ex-Phonak-Chef Andy Rihs konstatiert: «Ich brauche kein Banken-Family-Office, sondern jemanden, der die Banken kontrolliert.» Ein Geschädigter lästert: «Wie soll ich den Strategien vertrauen, wenn die Banken ausnahmslos gerade selbst Abschriften in Milliardenhöhe vornehmen mussten?»
Zu den Geschädigten gehören auch die Nachkommen des Friseurs und Wella-Gründers Franz Ströher, die in den Achtzigerjahren gründlich Haare lassen mussten. Die Wahlschweizerin Sylvia Ströher, bis zum Wella-Verkauf im Vorjahr mit gegen 25 Prozent Anteil grösste Aktionärin des Haarpflege- und Kosmetikkonzerns, seither unbestritten Frankenmilliardärin und privat seit vielen Jahren im Kanton Freiburg ansässig, hatte Mitte der Achtziger einen höheren zweistelligen Millionenbetrag flüssig, entstanden aus einer Kapitalerhöhung der Wella. Sie deponierte dieses Bargeld sicherheitshalber gesplittet bei vier deutschen Banken. Zur Mehrung, versteht sich. Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank sowie die BHF Bank lieferten trotz unterschiedlichsten Anlagestrategien insgesamt eine einheitliche Performance: hochgradig negativ.
Ehemann Ulrich Ströher addierte ausgerechnet beim Primus Deutsche Bank das grösste Minus – gegen 20 Prozent in fünf Jahren! Die Verluststrähne beendete die Sippe dann durch Kündigung der Depots. Der vielköpfige Clan zügelte in der Folge fast geschlossen ins Freiburgische und vertraute die Vermögensverwaltung Profis wie dem Basler Beat Rauss an. Seit 1989 führt der Jurist die Univest in Basel. «In Teilbereichen sind wir ein Family-Office der ersten Stunde», offenbart der Manager. Jedoch kommen die meisten Defizite und Verlustgeschäfte, die eingefahren werden, gar nie an die Öffentlichkeit. Zu peinlich wäre dies. Dann schon lieber Deckel drauf.
Für ihre Versteckspielchen bedienen sich die Megareichen gern nichts sagender Namen wie etwa SIF (Société Internationale de Finance). 70 Jahre lang fiel niemandem auf, dass unter diesen drei Buchstaben in der Zürcher Löwenstrasse das Vermögen einer der reichsten Familien Südamerikas gebunkert wurde. Wer hätte auch darüber stolpern sollen, erwarb doch der Gründer Otto Bemberg 1932 gleich das ganze Haus, um seine Geschäfte ungestört abwickeln zu können. Mittlerweile wurde das Gebäude verkauft und die Mitarbeiterzahl auf 30 Personen aufgestockt. Die Geschäftsführer treten neuerdings sogar in der Öffentlichkeit auf, gelegentlich zumindest.
Einer davon, Peter Moertl, versuchte vor mehreren Jahren, damals noch als Investment-Banker der UBS, die Bembergs als Kunden zu gewinnen. Mit mässigem Erfolg – im Gegenzug warben sie ihn gleich ab.
Woher kommt der Gesinnungswandel, nun doch ins Scheinwerferlicht zu treten, Herr Moertl? Der smarte Österreicher überlegt nicht lange: «Die Familie Bemberg orientierte sich vor zwei Jahren neu. Heute offerieren wir auch Dritten unsere Family-Office-Dienstleistungen via unsere Finanzgesellschaften in Zürich, Paris, London und New York. Erst gestern besuchte uns ein bekannter französischer Industrieller, für den ein Marcel Ospel wohl viel getan hätte, ihn als Kunden zu gewinnen.»
Mit dieser Strategie können Bembergs nicht nur die Administrativkosten ihres Family-Office teilen, sie werden auch noch reicher durch die Betreuung anderer vermögender Familien. Dass sich die Familie «neu orientiert», wie Moertl es ausdrückt, ist jedoch mehr auf die Notwendigkeit zurückzuführen, eine neue Einnahmequelle zu finden, zumal sich die Bembergs vor zwei Jahren entschieden, nach 150 Jahren Brauereigeschäft ihre Firma zu verkaufen. Führten Familienstreitigkeiten oder finanzielle Engpässe dazu? «Oft ist es eine Kombination von mehreren Faktoren», weiss Professor Pedro Nueno, Spezialist für Familienunternehmen der Business School Madrid. «Viele Beispiele haben gezeigt: Je grösser und verzweigter die Familie wird, desto schwieriger werden die Nachfolgeregelung, die Gewinnverteilung und der Einfluss auf das Unternehmen.»
Während es die mittlerweile 160-köpfige Bemberg-Familie unterliess, Führungspositionen im Brauereiunternehmen zu besetzen, bestehen andere Familien sehr wohl auf einer Einflussnahme ins Unternehmen.
Zu diesen gehört auch Thomas Schmidheiny, Grossaktionär und langjähriger Verwaltungsratspräsident des Zementproduzenten Holcim. Erst vor zwei Jahren dankte Schmidheiny nach den Asbestklagen gegen Holcim ab und amtet heute als «industrieller Investor». Ihm zur Seite stehen Dieter Spälti und Klaus Baumüller, Managing Partner der Spectrum Value, die Schmidheiny vor zwei Jahren gründete. Der Investment-Fokus des Trios liegt derzeit vor allem in Beteiligungen an Biotech- und Healthcare-Unternehmen. «Für Thomas Schmidheiny sind Beteiligungen keine reine Finanzanlage, vielmehr will er die Geschicke der Unternehmen mitbestimmen», sagt Spälti.
Dies geschieht via Schmidheinys Vertrauensleute, die als Verwaltungsräte Einfluss auf die Strategie der Beteiligungsgesellschaften nehmen oder in Start-ups Managementfunktionen ausüben. Informationsaustausch zwischen Schmidheiny und Spälti, der auch Schmidheinys Interessen im Holcim-Verwaltungsrat vertritt, gibt es praktisch täglich. Auf seine Empfehlung hin wurden im vergangenen Herbst drei Prozent der Holcim-Titel verkauft, um das Gewicht der Aktien im Portfolio zu reduzieren. Der Erlös von 400 Millionen wurde bislang nur zu einem kleinen Teil investiert.
Ein Family-Office der besonderen Art ist jenes der Marc Rich Holding. Rich hat als König der Rohstofftrader, der sein Handelsnetz von Zug aus rund um den Globus spannte, ein Riesenvermögen verdient. Dann zog er sich aus dem Rohstoffhandel schrittweise zurück, und im Sommer 2003 verkaufte er die letzten Aktivitäten ans Management. Dieses handelt seither unter dem Label «Rich» von Richs Hauptsitz in Zug aus weiter mit Rohwaren.
Milliardär Rich, obwohl schon 70, mag sich noch nicht aufs Altenteil zurückziehen. In Zug betreibt er eine effizient operierende Investment-Gesellschaft als Family-Office. Nicht weniger als 60 Angestellte sind dafür besorgt, dass Rich noch reicher wird. Acht vollamtlich beschäftigte Trader handeln mit allen möglichen Finanzinstrumenten, insbesondere mit Devisen, Festverzinslichen, Aktien und Rohstoffen. «Wir betreiben eine Art Makro-Hedge-Fund», präzisiert CEO Thomas Frutig. Und dies mit grossem Erfolg: «Wir hatten 2003 und auch dieses Jahr gute Gewinne.»
Laufend an Bedeutung gewinnt das Immobiliengeschäft: «Da entwickeln wir grosse Objekte auch selbst», sagt Thomas Frutig. Beispielsweise in Spanien. 2200 Wohnungen stehen in Planung, teilweise bereits im Bau. Rich hält an diesem Projekt, das mit einem Eigenkapital von deutlich über 100 Millionen Franken ausgestattet ist, rund 70 Prozent. Ein grosses Entwicklungsprojekt wird auch in Prag angeschoben. Ein 50:50-Joint-Venture reisst in einem alten Quartier auf 300000 Quadratmetern alles nieder und errichtet Büros sowie Wohnraum.
Die Rich Holding erbringt daneben auch alle persönlichen Dienstleistungen für Rich wie Reiseplanung, Verwaltung seiner Häuser oder Steuersachen. Am meisten Manpower benötigt die administrative Betreuung der Kunst: Rich gilt als leidenschaftlicher Kunstsammler.
Während nun Marc Rich mit einem Grossaufgebot an Mitarbeitern agiert, halten andere den Bestand möglichst gering. Wie zum Beispiel die milliardenschweren Arctic Services am Bleicherweg in Zürich. «Wir sind ein Administrativ-Office», sagt Alfred Hutter, früher Bankier und heute Delegierter des Verwaltungsrates, und beziffert die Zahl seiner Mitarbeitenden unweit des Paradeplatzes mit gerade mal sechs. Dieses halbe Dutzend dürfte allerdings pro Kopf jeweils gegen anderthalb Milliarden Franken Vermögenswerte rund um den Erdball steuern. «Wir kontrollieren auch die Banken», sagt Hutter – ein ausdrücklicher Auftrag der Arctic Services, deren Verwaltungsrat indes ein Banker präsidiert: Robert E. Züllig von der Zürcher HSBC Guyerzeller Bank.
Das Aktienkapital der Arctic Services teilen sich ganz anonym zwei Trusts. Die internationale Finanzwelt aber weiss, wer dahintersteckt: der schwedische Verpackungsmilliardär Hans Rausing und seine Familie. Gegen zehn Milliarden Franken flossen in Rausings Privatschatulle, als er sich per 1. Januar 1996 mit seinem – inzwischen verstorbenen – Bruder Gad Rau-sing auf eine Realteilung des Familienkonzerns Tetra Pak einigte. Cash für Hans Rausing, der Kartonladen mit Holdingsitz im waadtländischen Pully für Gad Rausing.
Nun will ein Zehnmilliardenbatzen Bares allerdings gesichert werden. Das beginnt mit der Transaktion des Erlöses nach dem Verkauf an den richtigen Ort. Begehrliche Steuervögte sollten tunlichst überlistet werden. Privat hatte sich Hans Rausing zu jener Zeit ahnungsvoll längst in Britannien niedergelassen. Der alte Schwede logiert nämlich bereits seit 1982 als Ausländer auf der Insel. Wie die Schweiz gewährt auch das Vereinigte Königreich megareichen fremdländischen Immigranten eine gnädige Pauschalsteuer – unabhängig vom tatsächlichen Vermögen. Einzige Voraussetzung: Die Milliarden aus dem einträglichen Deal dürfen nicht in England landen. Der Profit muss irgendwo auf der Strecke deponiert werden: auf den britischen Kanalinseln, auf den Bermudas oder den Bahamas, in Liechtenstein oder eben in der Schweiz, am besten, wie im Arctic-Umfeld, gebunkert in undurchsichtigen Trusts. Die nämlich können ein ewiges Leben führen. Das spart irgendwann einmal Erbschaftssteuern.
Ganz anders Multimilliardär und Hobbyhotelier Karl-Heinz Kipp. Er traut offenbar nur sich, seiner Familie – und seinem eigenen Instinkt. Sein Family-Office beschreibt er als ganz winzig: «Die jeweiligen Vermögensverwaltungen» werden «von den Besitzern persönlich» gemanagt, outet sich der 80-Jährige als Do-it-yourself-Mann. Nur «der juristische Teil wird von unseren Hausanwälten abgedeckt».
Wenn Kipp mit dem bestimmt bewusst gewählten Wort «Besitzer» sich selbst, seine Frau und Tochter Ursula meint, unterhält er folglich eine extrem kleine Schaltzentrale angesichts des riesigen Besitzes mit Dutzenden Kaufhäusern in Deutschland und einem halben Dutzend Wolkenkratzern im New-Yorker Geschäftsdistrikt von Manhattan. Karl-Heinz Kipps Schweizer Fünfsternhotel-Trio Eden Roc in Ascona, Tschuggen in Arosa sowie Carlton in St. Moritz wirkt in diesem Immobilienimperium – bei allem Kapitalverzehr – wie eine Puppenstube.
Was bei Kipp einfach zu managen ist, wird bei den C&A-Textilhändlern der Brenninkmeijer-Familie schon deshalb komplizierter, weil