Weiterhin zweistellige Wachstumsraten», so sieht es Felix Hollenstein, Leiter
Marketing der Panetta Holding. Sie hat voll auf diese Karte gesetzt und wird
sich nächste Woche den Medien mit ihrem Konzept für Fertiggerichte
präsentieren, die gemäss US-Ernährungsmittel-Spezialisten im Megatrend des
künftigen Konsumverhaltens liegen: Convenience-Food-Produkte, die den
eigenen Aufwand am Herd reduzieren oder überflüssig machen.
Dieser Modebegriff ist durch einen neuen Ausdruck ergänzt worden. Heute
sprechen Trendforscher von Meal Solutions, Gesamtkonzepte, die es vor allem
Restaurants erlauben, möglichst wenig aufwendig eine Mahlzeit mit «Frische-
Charakter» hinzuzaubern. Sie muss den Eindruck erwecken, als sei die Köchin
oder der Koch gerade mit ihrem Einkaufskorb auf dem Markt gewesen und
zugleich erlauben, mit raffinierten Kniffen den hauseigenen Touch zu geben.
Davon, dass Meal Solutions immer attraktiver werden, profitieren will etwa die
Panetta Holding, unter deren Fach seit Ende letzten Jahres die Panetta AG,
Geroldswil, die Deliciel AG, Birmensdorf, und die Swiss Fresh AG, Zug,
zusammengefasst sind. Die Panetta AG ist nach eigenen Angaben die grösste
schweizerische Herstellerin von Frisch-Sandwiches etwa für Tankstellen oder
für die Migros, wo Produkte von Panetta unter der Marke Anna's Best
angeboten werden. Gemäss einer Untersuchung von KPMG werden heute an
jeder dritten Tankstelle Convenience-Produkte angeboten.
Jüngstes Mitglied der Panetta Holding ist Swiss Fresh. Hier wird die so
genannte «Ultra Freshness» grossgeschrieben. Marketingchef Felix Hollenstein
gibt ein Beispiel, was darunter verstanden wird: Ein Birchermüesli wird binnen
weniger Stunden nach der Zubereitung an einem Bahnhofshop angeboten.
Grosses Marktpotenzial
Die Zahl der Konsumentinnen und Konsumenten, welche zwar gerne gut essen,
aber nicht stundenlang in der Küche stehen wollen, ist in den letzten Jahren
kontinuierlich gestiegen. In den USA haben Meal Solutions gemäss einer
McKinsey- Untersuchung seit 1995 jährlich um 12% zugelegt, das gilt auch für
Deutschland. Für die Schweiz gibt es keine vergleichbaren Studien. Aber IHA-
Detailhandelsspezialist Thomas Hochreutener geht von gleichen
Grössenordnungen aus. Die jüngsten Bekanntgaben des Marktforschers sind
segmentiert: Bei den Frische-Convenience-Produkten gab es einen Zuwachs
von 15%, und bei den Fertigprodukten waren es gar 22%. Insgesamt wird das
Marktpotenzial in der Schweiz auf mindestens 2 Mrd Fr. geschätzt.
Auf dem Gebiet der Convenience Food gehört die liechtensteinische Hilcona zu
den Platzhirschen. Zur Umsatzsteigerung beigetragen hat zuletzt das
Pizzawerk in Orbe, in das mehr als 36 Mio Fr. investiert worden sind und wo
mittlerweile 390000 Frische-Pizzas pro Woche hergestellt werden. Ständig
ausgebaut worden sind auch die Produktionskapazitäten im Stammhaus in
Schaan. Hilcona beliefert unter anderem Migros und Coop und profitiert vom
Trend zur Schnellverpflegung.
Allein die Ausgaben für den so genannten Ausser-Haus-Verzehr werden
gemäss McKinsey gemessen an den Gesamtausgaben für Nahrungs- und
Genussmittel 2010 rund 40% betragen. Heute liegen sie bei gut 30%. Gründe
dafür sind plausibel: Die Zunahme der Zahl der Single-Haushalte, der
erwerbstätigen Frauen und die Abnahme der Kinderzahl. Gerade erwerbstätige,
kinderlose Frauen und Männer, aber auch Singles müssen nicht mehr darauf
achten, pünktlich zur Mittagszeit und am Abend etwas auf den Tisch zu
stellen, damit die Familie zusammen essen kann. Patrick Sievi,
Geschäftsführer beim Hersteller Kadi, räumt ohne Umschweife ein, dass selbst
seine Kinder darauf gar nicht mehr so grossen Wert legen.
Kadi gehört zu den Pionieren auf dem Gebiet der Verarbeitung von Kartoffeln in
jedem «Aggregatszustand»: Als Pommes frites, als Kroketten, als Rösti, Gratin
oder Kartoffelsalat. Das Unternehmen wurde vor 40 Jahren gegründet und war
das erste, welches den Appetit der Schweizer auf Kartoffeln in allen
Verarbeitungsformen entdeckt hat. Die Lust der Konsumenten auf Abwechslung
im kulinarischen Bereich sei noch nie so gross gewesen, sagt Sievi. Und die
starke Zunahme des so genannten Impulskonsums erklärt er so: «Man will
nicht einfach nach einem festen Menü- oder Zeitplan essen, sondern dann,
wenn es einen gelüstet.» Immer mehr Kunden wollten ständig neue «Meal
Solutions» und seien auch bereit, entsprechend dafür zu bezahlen.
Es fehlt die Zeit zum Kochen
Dazu kommt, dass die Zahl der Doppelverdiener in den letzten Jahren stark
angestiegen ist. «Immer mehr Beschäftigte haben, wegen der grossen
Belastung in der Berufsarbeit, objektiv weniger Zeit fürs Kochen. Dieses
Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft», stellt Fredy Gauglitz, Leiter
Marktforschung und PR bei Nestlé Suisse SA, Division Tiefkühlprodukte, Glace
und Food Services, fest.
Wie Jürgen Hilti, Vorsitzender der Hilcona-Geschäftsleitung, betont, ist vor
allem auch der Wunsch nach «gesunden» vorgefertigten Nahrungsmitteln stark
gestiegen. Das Unternehmen widerspiegelt die Entwicklung der Konsumenten-
Bedürfnisse beinahe exemplarisch.
Angefangen hat die Hilcona 1935 mit einer unteren Conveniencestufe: Nahrung
aus Konserven, es folgten die Tiefkühlprodukte, und heute steht auch hier die
«Ultrafrische» im Mittelpunkt der Angebotspalette. «Darunter werden Produkte
mit einer Haltbarkeit von ein bis drei Tagen wie etwa tagesfrische Sandwiches
oder erntefrisch verarbeitete Salate verstanden», sagt Hilti. Das Unternehmen
hat früh auf das neue Konsumverhalten an Tankstellen, Kiosken und
Convenience Shops reagiert. Für dieses Kundensegment wurde eine eigene
Vertriebsorganisation gegründet, die an 365 Tagen 1200 Verkaufspunkte mit
200 frischen Artikeln beliefert.
Hilcona ist heute einer der grössten Hersteller, doch längst nicht mehr der
einzige. Die Zahl der Hersteller hat in den letzten Jahren stark zugenommen
und damit auch der Preisdruck. Bei fixfertig vorbereiteten Gemüsen oder bei
Kartoffelprodukten tobt er laut Prodega zurzeit am heftigsten.
Convenience Food: Vier verschiedene Stufen
Unter Convenience Food werden alle Nahrungsmittel verstanden, die das
Kochen erleichtern. Unterschieden wird zwischen vier Stufen. Am Beispiel einer
Karotte lässt sich dies gut illustrieren:Stufe 1 ist eine geschälte Karotte, Stufe
2 eine geschälte und zerkleinerte, Stufe 3 eine tiefgekühlte und/oder gewürzte
und Stufe 4 eine geschälte, geschnittene, gekochte und gewürzte, also
pfannenfertige.
Meal Solutions sind modular aufgebaute Lösungen, themenkonzentrierte und
auf einander abgestimmte Konzepte im Convenience-Bereich. Als Beispiel
bietet sich etwa der Ethno-Foodbereich an, wo ganze Asienlinien kreiert
werden. (MéR)
Die grössten Anbieter von Convenience Food
Firma Umsatz Beschäftigte Convenience-Produkte
2002
(in Mio Fr.)
Hilcona 272 1000 Frische-Bereich
Orior 220 1000 Fertiggerichte, Salami
Hiestand 140 500 Backwaren
Panetta Holding 80 350 Frische-Sandwiches, Süssigkeiten, Fleisch
Le Patron 53 250 Vor- und Hauptspeisen
Kadi 50 130 Kartoffeln in allen Zubereitungsformen
Traitafina* 22.5 136 Fertiggerichte, Suppen, Saucen, Salate