Wir reduzieren die Fertigungstiefe, stärken bewusst die Beratungskultur und konzentrieren uns ganz auf den Kunden. Wir produzieren Leistungen nur noch da selbst, wo es kein Angebot gibt oder wo unsere Kunden sehr sensitiv reagieren.» Mit diesem Ausspruch eines Bankverwaltungsratspräsidenten werden mindestens drei Branchen aktiv: Erstens die Finanzdienstleister, welche auf Service- und vor allem auf Produktgeschäft aus sind; zweitens die IT-Firmen, welche sich um Infrastruktur- und Applikationsoutsourcing kümmern; und drittens eine neue Gilde jene spezialisierten Dienstleister aus einer Kombination von Technologie- und Beratungshäusern, welche die Konsolidierung in der Finanzbranche mitgestalten wollen.

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Trend oder Wunschdenken

Die Industrie spricht von einem Trend zur Entkoppelung oder Komponentisierung in einem mehr und mehr standardisierten Umfeld. Im Kleinen existiert dies bereits: Der eigene Wertschriftenhandel wird zugunsten eines Brokers verkleinert, Devisengeschäfte werden 1:1 bei einer Grossbank eingedeckt oder Researchberichte bei einer Kantonalbank und einer internationalen Investmentbank eingekauft. Diese Beispiele folgen dem Motto: «Ich mache etwas nicht mehr, und kaufe dafür eine standardisierte Leistung».

Ins Business Process Outsourcing (BPO) oder Business Transformation Outsourcing (BTO) wird der Banker geführt, wenn er einen integralen Kernprozess durch einen externen Dritten betreiben lässt. Beispielsweise die Abwicklung der Wertschriftentransaktionen und Valorenereignisse (Corporate Actions) oder das Beleg-Scanning für den Zahlungsverkehr. Was ausgelagert wird, entscheidet das Top-Management einer Bank nach Einschätzung des finanziellen Nutzens, der qualitativen Gewährleistungen und dem erwarteten Einfluss auf die Risikosituation der Bank. Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) lässt die Auslagerung unter gewissen Bedingungen zu. Unter anderem muss die Verantwortung klar geregelt sein, und der Kunde muss informiert werden, sofern seine Daten tangiert sind.

Unterschiedliche Erfahrungen

Die Erfahrungen im Outsourcing sind unterschiedlich. Die Infrastruktur einer Bank, also Hardware, Systeme, Software oder Netzwerke, wird schon seit Jahren ausgelagert. Mehr und mehr kommen flexible Be- und Verrechnungsmodelle zum Einsatz. Dadurch beteiligt sich der Service-Provider immer häufiger direkt an den Volumen- und Geschäftsrisiken der Branche.

Dagegen werden die Geschäftsapplikationen häufig noch bei den Banken selbst betreut. Wer die Verantwortung für den Prozess, z.B. die Kundenbetreuung oder das Portfolio-Management, trägt, muss die Applikation kontrollieren so das Verständnis. Allein bei Entwicklungsprojekten zählt man auf externe Partner. Der vermehrte Einsatz von Standardsoftware weicht das Prinzip teilweise auf nicht differenzierende Merkmale einer Bank werden über die vorparametrisierten Module standardisiert.

Wenig Standardangebote

BPO und BTO kombinieren die Auslagerung von Prozessen mit den Applikationen. Es entstehen Dienstleistungen, welche eine gleichartige Leistung auf vereinheitlichter Infrastruktur mehreren Banken zur Verfügung stellen. Die Serviceanbieter kommen sowohl aus der Banken- wie auch aus der Technologie- und Consultingecke. Daneben kooperieren viele Banken derzeit noch untereinander. Sie werden weiter Service Centers bilden und Prozesse vereinheitlichen. Noch mangelt es an standardisierten Angeboten. In den Lösungen steckt nach wie vor viel Pioniergeist und Entwicklungspotenzial.

Die Entwicklungen sind in den verschiedenen Bankentypen unterschiedlich:

- Im Private Banking kommen bis hin zu den grössten Instituten Standardlösungen zum Einsatz. Der Applikationsbetrieb wird jedoch ebenso vehement in-house gehalten, da über die Parametrisierung immer noch die Spezialitäten der Häuser weiterverfolgt werden. Margenerosion und Kundengelder-Migration verstärken den Druck zum Business-Process-Outsourcing. Das Kooperationsmodell zwischen Raiffeisen und Vontobel ist ein Vorreiter für ein Frontbankenkonzept, die Idee der Maerki Baumann inklusive Handel und Custody ein bekanntes und bewährtes Muster, und Anbieter wie die Bank Wegelin oder die AAM offerieren gar Vollbanken-Outsourcing. Die Wirtschaftlichkeit ist jedoch nur dann gegeben, wenn entweder massive Einsparpotenziale im ursprünglichen Betrieb liegen, massiv Volumen durch mehrere Teilnehmer eingebracht wird oder die anbietende Bank mit zusätzlichem Finanzdienstleistungs- und Koppelgeschäft rechnen kann.

- Grossbanken betreiben Prozesse, Applikationen und die darunter liegende Infrastruktur in der Tendenz selbst. Sie werden weiterhin interne Skaleneffekte nutzen und in ihren eigenen Reihen optimieren, indem sie konsequent konzernweit nutzbare Betriebskomponenten aufbauen. Sie setzen im Applikationsbereich auf einen «Best-of Breed»-Ansatz mit einer Mischung von Standardsoftware und Eigenentwicklung. Ein Outsourcing der Entwicklung und Maintenance von Applikationen ist möglich. Prozesse werden nur in Einzelfällen ausgelagert. Es wird immer auch die Möglichkeit des Insourcing geprüft.

Dem Business Process Outsourcing können sich die Banken über verschiedene Wege annähern:

- Bankengruppen gründen virtuelle Fabriken. So werden beispielsweise Wertschriftenabwicklung oder beleghafter Zahlungsverkehr durch den jeweils «Besten für den Job» erledigt.

- Spezialisierte Dritte bieten den Banken den Service an. Beispiel ist hier etwa die PostFinance, welche die Belegserfassung im Zahlungsverkehr bald auch für die UBS durchführen wird.

Optimaler Informationsfluss ist wichtig

Allein aus Kostengründen auszulagern, ist strategisch wenig sinnvoll. Andere Überlegungen sind ebenso wichtig. Es geht um Partnerschaft, um Menschen, die Gewährleistung des optimalen Informationsflusses und die kulante Behandlung von Bagatellen. Durch die Auslagerung an einen neutralen Dienstleister bestehen weniger Interessenkonflikte, und zudem kann eine einfache Governance aufgezogen werden.

Die optimale Grösse der Partner hängt von den Produkten und Leistungen ab. Bei standardisierten, hoch marktgängigen Services und Produkten spielt die Grösse keine besondere Rolle. Bei neuen Angeboten mit hohen Risiken werden grosse Partner bevorzugt, welche den Markt mitentwickeln und für Stabilität sorgen. Denn der Partner sollte die gleiche Perspektive aufzeigen wie die auftraggebenden Banken.

Damian Tobler, Partner für die Finanzbranche, Unternehmensberatung IBM Business Consulting Services, Zürich; Ronny Kamber ist in der Dienstleistungssparte IBM Global Services, Zürich, für die Outsourcing-Anliegen der Finanzbranche verantwortlich.

Klare Ziele: Wege zum erfolgreichen Outsourcing

Langfristig denken: Outsourcing legt Beziehungen auf lange Zeit fest. Darum ist Vertrauen der Schlüssel für erfolgreiche Partnerschaften.

Gemeinsame Zielsetzungen: Ziele müssen klar sein. Der Outsourcing-Anbieter muss sehen, dass er einen wesentlichen Beitrag zur Zielerreichung des unterstützten Unternehmens liefert. Übereinstimmende Visionen und Zielsetzungen helfen dabei.

Betriebliche Basis: Die auslagernde Bank muss bereit sein, Entscheidungen aus der Hand zu geben und sich auf den Partner zu verlassen. Der Prozessanbieter beeinflusst die Applikation, der Hostinganbieter steuert den Technologieeinsatz aus einer Hand, um damit die Leistung zu vertretbaren Kosten zur Verfügung zu stellen. Ein entsprechendes Governancemodell stellt die Information zwischen den Partnern sicher.

Branchenverständnis: Die Bank soll mit einem Partner sprechen, der alle Bereiche des Outsourcing versteht und selbst viel abdeckt. Das Portfolio der Möglichkeiten kann durchgesprochen, evaluiert und zügig entschieden werden. Die Verträge sind transparent strukturiert und werden in den Bausteinen der Services und Leistungen gemanagt. (to)