Nach wochenlangen Verhandlungen haben der französische Autokonzern PSA und Fiat Chrysler ihre Mega-Fusion beschlossen. Das teilten die Unternehmen am Mittwoch mit. Die Konzerne wollen einen neuen Autogiganten schmieden.
Damit soll der weltweit viertgrösste Hersteller mit einem angestrebten Absatz von 8,7 Millionen Fahrzeugen pro Jahr entstehen. Jährlich liessen sich mit einer Fusion Synergien in Höhe von 3,7 Milliarden Euro realisieren, ohne eine Fabrik im Zuge des Deals zu schliessen, teilten die Konzerne mit. Grösser als der neue Auto-Riese wären nur noch Volkswagen, Toyota und der französisch-japanische Renault-Nissan-Verbund.
Im neuen Unternehmen wird ein Zusammenschluss «unter Gleichen» mit einem ausgewogen besetzten Vorstand angestrebt. PSA-Chef Carlos Tavares (61) wird Vorstandsvorsitzender. Der Portugiese hat sich als knallharter Sanierer sowohl bei Peugeot als auch bei der Tochter Opel einen Namen gemacht.
Der FCA-Verwaltungsratsvorsitzende John Elkann (43) übernimmt diese Rolle auch in dem neuen Unternehmen. Er ist der Enkel das legendären Fiat-Bosses Giovanni «Gianni» Agnelli (1921-2003) und Ururenkel des Fiat-Gründers Giovanni Agnelli senior (1866-1945). Das italienische Traditionsunternehmen war 2014 in Fiat Chrysler Automobiles aufgegangen.
Mehrere Fusionsversuche von Fiat Chrysler
Fiat Chrysler hatte sich bereits unter dem früheren Konzernchef Sergio Marchionne immer wieder als Fusionspartner ins Gespräch gebracht, weil eine Konsolidierung der Branche unvermeidlich sei.
Die Branche steht unter einem enormen Druck. Autobauer müssen Milliarden in autonome Autos und Elektromobilität investieren. Fiat Chrysler hat zudem besondere Probleme. Denn der Hersteller hatte unter der Führung von Marchionne auf grosse Investitionen in Elektroantriebe verzichtet. Derzeit ist der Konzern vor allem mit den grossen Spritschluckern der Marken Jeep und Ram in den USA erfolgreich.
2015 gelang es Marchionne nicht, General Motors für eine Fusion zu erwärmen. Mit der Opel- und Peugeot-Mutter PSA hatte der italienisch-amerikanische Autobauer in diesem Jahr bereits einen Schulterschluss diskutiert.
Das Projekt scheiterte damals – offenbar, weil die Agnelli-Familie ihre relative Machtposition im Konzern nicht verwässern wollte.
Der französische Konzern hatte erst 2017 das Europageschäft von General Motors übernommen, darunter die Marke Opel. Die Ergänzung wäre offensichtlich: Peugeot ist – im Gegensatz zu Fiat Chrysler – in Nordamerika kaum präsent.
Es ist vor allem das gut ausgebaute Vertriebsnetz in Nordamerika, das FCA in den gemeinsamen neuen Konzern mit einbringen kann. Es dürfte den Markteinstieg von Peugeot in Amerika erheblich erleichtern. PSA ist dafür in Europa stärker. Auch bei der Entwicklung von Hybrid- und Batterie-Fahrzeugen sind die Franzosen weiter als die Italoamerikaner.
Mit der Fusion sollen Spareffekte von 3,7 Milliarden Euro erzielt werden, ohne eine Fabrik zu schliessen. Die Effizienzgewinne, die sich etwa aus Einsparungen beim gemeinsamen Einkauf ergäben, liessen sich nach vier Jahren zu 80 Prozent heben, hatte es geheissen.
Nachdem die Sondierungen zwischen Fiat und Peugeot im März gescheitert waren, legten die Turiner eine 30 Milliarden Euro schwere Offerte für den französischen PSA-Rivalen Renault vor. Auch dieses Vorhaben scheiterte nach kurzer Zeit, diesmal wegen der zu aktiven Einflussnahme der Regierung in Paris: Sie hält 15 Prozent an Renault.
Positive Signale von Frankreichs Regierung
Der geplante Zusammenschluss mit Peugeot wird vom französischen Staat dagegen wohlwollend gesehen. «Die Konsolidierung in dieser Branche ist ein Ziel, dass von den Herstellern in diesem Sektor und dem Staat geteilt wird», hatte die französische Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye am Mittwoch gesagt.
Frankreich dringe vor allem darauf, dass die Beschäftigung bei PSA gesichert wird. Der Staat hält über eine Förderbank 12,23 Prozent der Anteile von PSA und 9,75 Prozent der Stimmrechte. Weitere grosse Anteilseigner sind die Peugeot-Familie und der chinesische Hersteller Dongfeng.
Auf der Frankfurter Automesse IAA hatte Peugeot-Chef Carlos Tavares noch im September die Idee eines Zusammengehens mit dem Konkurrenten zurückgewiesen – sie sei nicht notwendig.
Die zwei Konzerne sind Partner im Nutzfahrzeug-Geschäft. Analyst Arndt Ellinghorst vom Investmentberater Evercore erklärte, eine Fusion der beiden wäre wesentlich sinnvoller als ein Zusammenschluss von Fiat Chrysler und Renault.
Dieser Artikel erschien erstmals am 30. Oktober 2019 und wurde aus aktuellem Anlass angepasst.
(awp/reuters/gku/rap)