Mit immer neuen Vorwürfen im Fifa-Korruptionsskandal wächst die Empörung allerorten - auch unter den Sponsoren des Weltfussballverbands. Doch während US-Unterstützer wie Coca-Cola und McDonald's zuletzt erneut ihre Kritik verschärften und den sofortigen Rücktritt des Fifa-Präsidenten Sepp Blatter forderten, hält sich der deutsche Sportausrüster Adidas mit solch markigen Worten zurück.

Bei Investoren, die sich um das Image des Konzerns sorgen, wächst deshalb das Unbehagen. «Adidas ist da sehr defensiv», kritisiert Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment. «Wenn man ein korruptes System finanziert, wird die Marke leiden. Das ist ein eklatantes Risiko für Adidas.»

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Blatter im Visier der Behörden

In dem grössten Skandal in der mehr als hundertjährigen Geschichte der Fifa geriet zuletzt Präsident Sepp Blatter persönlich ins Visier der Behörden. Schweizer Strafverfolger verdächtigen ihn der ungetreuen Geschäftsführung und Veruntreuung. Blatter wies die Vorwürfe ebenso zurück wie die Forderungen nach einem sofortigen Rückzug.

Der 79-Jährige hatte bereits angekündigt, sein Amt im Februar abzugeben. Die US-Sponsoren haben bisher nicht erläutert, welche Konsequenzen sie daraus ziehen wollen, dass Blatter ihrem Verlangen nicht nachgekommen ist.

Adidas mahnt zu Reformen

Adidas vermied es dagegen, mit konkreten öffentlichen Forderungen in Zugzwang zu geraten, und mahnte statt dessen den gesamten Verband zu Reformen: «Wie in der Vergangenheit mehrfach betont, müssen bei der Fifa im Sinne des Fussballs grundlegende Veränderungen durchgeführt werden», erklärte der Sportausrüster. «Daher muss der eingeleitete Reformprozess transparent und zügig fortgesetzt werden.»

Aktionärsvertreter kritisieren, damit behandle das Unternehmen den von ihm mit Millionengeldern unterstützten Verband zu milde. «Adidas sollte mehr Druck auf die Fifa aufbauen», verlangt die Vizepräsidentin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Daniela Bergdolt. «Adidas hat als Sponsor ganz erhebliches Gewicht.» Fondsmanager Speich befürchtet langfristige Belastungen für den Konzern mit dem Drei-Streifen-Logo: «Konsumentenboykotte, Strafzahlungen oder Druck von Regulierungsbehörden könnten die Folge sein.»

Furcht vor grossen Wellen

Einen Ausstieg aus dem Fifa-Vertrag könne sich Adidas freilich nicht leisten, sagt ein Brancheninsider. Konzernchef Herbert Hainer wird selbst nicht müde zu betonen, dass es keine bessere Veranstaltung als die Fussball-Weltmeisterschaft gebe, um weltweite Aufmerksamkeit von Sportfans und Kunden zu erringen.

Erst vor zwei Jahren hatte Adidas seine Partnerschaft mit dem WM-Veranstalter bis ins Jahr 2030 verlängert. Damit verschaffte sich der Münchener Konzern als offizieller Partner, Ausrüster und Lizenznehmer einen wichtigen Vorteil im Duell mit dem grösseren Rivalen Nike. Im Jahr der Fussball-WM 2014 war das Geschäft mit Schuhen, Trikots und Bällen der weltweit populärsten Sportart der einzige Lichtblick in dem von mehreren Krisen geplagten deutschen Ausrüster.

Kurzfristig keine negativen Auswirkungen

«Die Druckmittel sind begrenzt», räumt Fondsmanager Speich ein. Kurzfristig sehen auch andere Experten keine negativen Auswirkungen des Fifa-Skandals für Adidas. Im abgelaufenen Quartal legten die Erlöse mit Fussballausrüstungen bei Adidas zweistellig zu. «Momentan sehe ich keinen Bremseffekt», sagt Analyst Jörg Philipp Frey von Warburg Research. «Auch für die Aktie sehe ich kein aktuelles Problem.»

Dennoch haben Experten Angst vor einer möglichen Zeitbombe. «Solche Themen schlagen grössere Wellen als früher», sagt Speich. «In den USA haben solche Themen einen anderen Stellenwert als in Deutschland.» Dies könnte eine Erklärung sein, warum zuletzt gerade wieder US-Sponsoren mit Forderungen vorgeprescht sind.

Begonnen hatten die Korruptionsermittlungen ebenfalls in den USA, wo mittlerweile eine ganze Reihe an Fifa-Verantwortlichen und Sportrechtemanagern angeklagt ist. «Unternehmensethik ist immer ein Frühwarnsystem», sagt der Münchner Wirtschaftsethik-Professor Christoph Lütge. «Ethische Probleme können sehr schnell zu ökonomischen werden. Das wird häufig unterschätzt.»

(reuters/ccr)