Fifa-Chef Gianni Infantino fährt grosses Geschütz gegen das alte Management auf. Rund um den Bau des Fifa-Museums in Zürich sei es zu kriminellen Machenschaften gekommen, klagt die Fifa bei der Zürcher Justiz. Die Rede ist von einem Schaden in Höhe von 500 Millionen, die dem Sportverband aus dem Projekt Museum entstanden sei.

epa08868801 A handout photo made available by FIFA of FIFA President Gianni Infantino during the UEFA preliminary draw for the FIFA World Cup 2022 in Zurich, Switzerland, 07 December 2020. EPA/foto-net / Kurt Schorrer / HANDOUT HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES

Fifa-Präsident Gianni Infantino.

Quelle: Keystone
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Zweifellos hat der damalige Fifa-Präsident Sepp Blatter sein Lieblingsprojekt mit viel Passion und noch mehr Grosszügigkeit vorangetrieben. Die Dimensionen waren selbst für Fifa-Verhältnisse aussergewöhnlich: Ein Tempel auf 3000 Quadratmetern, in dem Fifa-Prezionsen – Pokale, Medaillen, Bilder, Originalsschuhe, Wimpel, Landesfahnen - ausgestellt werden sollten. Der Bau des Museums galt auch als sichtbare Absicherung, dass die Fifa irgendwann nicht doch aus Zürich nach Paris umziehen würde.

Je grosser das Projekt, desto kleiner die Planung. Der Business Plan für das Fifa-Museum, zeigen Handelszeitung-Recherchen, hatte 2014 auf einem einzigen Blatt Papier Platz, handgeschrieben notabene. Gemäss Finanzprognose wies die Landmark bereits im zweiten Jahr nach Eröffnung einen Betriebsgewinn aus. Was schon auf dem Papier äusserst fragwürdig erschien, entpuppte sich innert weniger Monaten nach Eröffnung als Finanzdesaster der groben Sorte. Den Umbau der Liegenschaft plus den Bau des Fifa-Museums liess sich der Fussballverband Fifa 130 Millionen Franken kosten. Ein Multimedia-Museum sollte entstehen, dazu ein Bistro fürs Publikum, Konferenzräume und auf fünf Etagen Büros plus 34 Luxuswohnungen - die sich, wie sich bald zeigen sollten, nur schlecht vermieten liessen.

Exterior view of the FIFA World Football Museum during the exclusive preview in Zurich, Switzerland, Wednesday, 24 February 2016. The new FIFA museum will open its doors on Sunday, 28 February. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

Das Fifa-Museum in Zürich-Enge. 

Quelle: Keystone

Es ging zupackend zur Sache: Eigentlich hatte Hauseigentümer Swiss Life bereits einen Mietvertrag mit der Zürcher Anwaltskanzlei Lenz & Staehelin ausgehandelt. Doch Blatter öffnete den Tresor. Er überbot kurzerhand die Anwälte und lockte die Versicherung mit einem Vertrag über 40 Jahre – mit einer Option gar auf Verlängerung um 10 Jahre. Diese war hoch erfreut und sagte zu. Der Versicherung wird bis Ende Laufzeit im Jahr 2045 insgesamt 267 Millionen zufliessen. Bei einer Verlängerung kämen nochmals knapp 90 Millionen dazu.

Die Versicherung steckte ihrerseits 60 Millionen in die Haussanierung in Zürich-Enge. Und freute sich auf den grosszügigen und kulanten Mieter. Dieser hatte sich viel vorgenommen. Anfänglich stellte man fürs Museum 80 Mitarbeitende ein, alle charmant und fein gewandet. Im Februar 2016 gingen die Tore auf, kurz zuvor war Blatter abgetreten.

The World Cup trophy during the exclusive preview of the FIFA World Football Museum in Zurich, Switzerland, Wednesday, 24 February 2016. The new FIFA museum will open its doors on Sunday, 28 February. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

Eine der Hauptattraktionen im Fifa-Museum: Der WM-Pokal.

Quelle: Keystone

Und so erlebte er nicht mehr im Amt, wie schlimm sich das Geschäftsergebnis in der Realität entwickelte: Im ersten Jahr lag das Betriebsdefizit bei 35 Millionen, im zweiten bei 25 Millionen und so weiter. Der Plan vom Break-Even im zweiten Jahr entpuppte sich als reine Phantasierechnung von Blatter & Co.

Doch nicht nur beim Museums-Bau schien die Fifa-Führung den Bezug zur Realität verloren zu haben. Weil sich die Fifa-Granden in der Nähe des Museums noch eine edle Verpflegungsstätte wünschten plus passender Absteige, kaufte man kurzerhand das Hotel Ascot in Zürich-Enge. Dieses rentierte nie und verursachte weitere Millionen-Verluste. Bis man es 2019 endlich verkaufen konnte. Dieses Jahr, angeschlagen durch die Corona-Krise, schloss es die Tore.

Blatters Anwalt Lorenz Erni nimmt so Stellung zum Angriff Infantinos: «Die Vorwürfe sind haltlos und werden vehement zurückgewiesen.»