Sepp Blatter machte die Fifa zu einer gigantischen Geldmaschine. Jährlich fliessen Hunderte Millionen in die Kassen des Fussballverbands mit Sitz am Zürichberg. Einen wichtigen Teil steuern die Hauptsponsoren bei. Doch mit dem neuen Fifa-Skandal rund um die Festnahmen von Spitzenfunktionären steht dieser Geldfluss plötzlich infrage. Denn die Sponsoren bangen um ihr Image.
Kein Unternehmen will, dass seine Produkte mit Korruption und Geldwäscherei konnotiert werden. «Die Sponsoren haben Sorge um ihren Unternehmenswert und sind sich der Gefahren bewusst», sagt Wolfgang Maennig, Sportmarketing-Experte und Professor an der Uni Hamburg. 2014 nahm die Fifa insgesamt rund 1,4 Milliarden Dollar ein. Davon stammen stammten immerhin 400 Millionen von Sponsoren und Partnerfirmen. Von den sechs Hauptsponsoren kamen rund 180 Millionen Dollar.
WM 2018 und 2022 als Image-Problem
Etliche gewichtige Partner könnten sich nun von der Fifa abwenden. Für die Sponsoren wird laut Maennig vor allem die WM 2018 und 2022 entscheidend sein. Auch hier sollen bei der Vergabe nach Russland und Katar illegale Gelder geflossen sein. «Wenn die Ermittlungen der Schweizer Behörden Ungereimtheiten zu Tage fördern und die Austragungsorte bestehen bleiben, hätten die Sponsoren ein grosses Image-Problem. Denn hier handelt es sich nicht um Schnee von gestern.»
Gegenwärtig hat die von Skandalen gebeutelte Fifa fünf Hauptsponsoren: Coca-Cola, Hyundai/Kia, Adidas, Visa und Gazprom. Nach den gestrigen Verhaftungen üben sie zunehmend Druck auf die Fifa aus. So liess der Getränkeriese Coca-Cola verlauten: «Diese lange Kontroverse hat die Mission und die Ideale der Fifa-Weltmeisterschaft befleckt.» Der Konzern habe angesichts dieser «ernsten Anschuldigungen» wiederholt seine Bedenken ausgedrückt.
Visa will Sponsoring überdenken
In einer Mitteilung betonte der südkoreanische Automobilhersteller Hyundai, man sei extrem besorgt über die eingeleiteten rechtlichen Schritte gegen bestimmte Fifa-Führungskräfte. Der deutsche Sportausrüster Adidas will sein Engagement bei der Fifa zunächst fortsetzen. Doch er forderte den Verband auf, weiter konsequent «Standards für Transparenz» einzuführen.
Für das Kreditkartenunternehmen Visa kommt sogar ein Ausstieg in Frage. Es mahnte «rasche und sofortige Massnahmen» an, um die Probleme innerhalb der Fifa zu beheben. «Wir haben die Fifa informiert, dass wir unser Sponsoring neu bewerten werden, sollte sie die Probleme nicht angehen», teilte Visa in einer Stellungnahme mit.
Sponsoren-Exodus möglich
Dass einige der Sponsoren ihr Engagement bei der Fifa hinschmeissen könnten, ist für Maennig, der selber 1988 Olympiasieger im Rudern wurde, vorstellbar. «Das ist schon bei anderen Sportarten vorgekommen.» So sei der US-Kontaktlinsenhersteller Bausch & Lomb nach dem Korruptionsskandal bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City 2002 aus dem Vertrag ausgestiegen.
Die Fifa selber hatte zuletzt einige Abgänge von Sponsoren zu verkraften. 2014 haben die Airline Emirates und der Elektronikkonzern Sony ihre Verträge auslaufen lassen. Inoffizieller Grund: Das schlechte Image des Weltfussballverbands. Auch andere wichtige Sponsoren stiegen aus. In diesem Jahr haben die Konzerne Castrol, Johnson & Johnson und Continental ihre Partnerschaft aufgegeben. Mit dem gestern entbrannten Fifa-Skandal ist ein Sponsoren-Exodus nicht auszuschliessen.
«Fussball ist nicht unersetzbar»
Zwar würden sich die Unternehmen sicherlich mit einem Ausstieg bei der Fifa schwer tun, sagt Maennig. Der Fussball sei einzigartig in seiner Leistung für Sponsoren. «Dennoch ist er nicht unersetzbar.»
So gebe es auch die Olympischen Spiele oder weitere Sportarten mit einem Lifestyle-Publikum, das beispielsweise für Coca-Cola interessant sein könnte. «Die Sponsoren werden sich überlegen, andere Sportarten anzugehen.» Als Negativbeispiel nennt Maennig die Tour de France: Nach den Dopingskandalen wuchs der Druck von Sponsoren und TV-Stationen so stark, dass die Velo-Rundfahrt heute immer weniger beachtet wird. Das öffentliche deutsche Fernsehen etwa strahlt die Tour nicht mehr aus.
Pepsi würde wohl kaum auf Coca-Cola folgen
Bisher standen Sponsoren bei die Fifa Schlange. Kaum ein anderer Sport-Event wie die Fussball-Weltmeisterschaft zieht Millionen an Zuschauern an, entsprechend lukrativ ist ein Vertrag mit der Fifa. Sponsoren-Abgänge konnte der Verband bislang mühelos kompensieren.
«Wenn schon ein so gewichtiger Sponsor wie Coca-Cola wegen der Image-Gefahr aussteigen würde, würde wohl kaum Konkurrent Pepsi nachrücken und sich die Finger verbrennen wollen», so Maennig. «Die Pepsi-Konsumenten könnten einen solchen Schritt nicht nachvollziehen.» Ebenso würde Burger King wohl kaum einsteigen, wenn McDonald's gehen würde.
Samsung und Qatar Airways im Gespräch
Derzeit sollen Samsung und Qatar Airways Gespräche mit der Fifa führen. Sie könnten die durch die Abgänge von Sony und Emirates entstandenen freien Plätze einnehmen. Doch Maennig zweifelt. «Glauben Sie, dass Samsung im jetzigen Augenblick einsteigen wird?» Auch andere Konzerne würden momentan wohl kaum auf den gefährlichen Zug aufspringen wollen. «Erst muss die Fifa die Situation bereinigen.»