Die Rechnung ist aufgegangen. Falls die Welt der Finanzvorsteher überhaupt rosig aussehen kann, so tut sie es im Rating für das Jahr 2007, und zwar schweizweit. «Es gibt immer Sorgenkinder, doch diesmal schneidet kein Kanton wirklich schlecht ab», sagt Nils Soguel, der die Studie verantwortet. Seit neun Jahren analysiert der Professor vom Lausanner Hochschulinstitut für öffentliche Verwaltung (Idheap) die Arbeit der Finanzdirektoren. Zusammen mit «Bilan» und BILANZ werden mittels acht Kriterien (siehe Seite 85 unten) die finanzielle Verfassung und die Finanzbewirtschaftung der Kantone und der grösseren Städte unter die Lupe genommen.
Insbesondere bezüglich finanzieller Verfassung bewegen sich die meisten Kantone auf sehr hohem Niveau. Klare Spitzenreiter im Gesamt-Rating sind die Kantone Zürich und Glarus, gefolgt von Bern. Fast die Hälfte aller Kantone erreicht eine Gesamtnote von über 5.
KONJUNKTUR BELASTET. Das positive Bild widerspiegelt die gute Konjunktur: «Die Mittelzuflüsse sind sehr hoch», sagt der Lausanner Experte. Die Analysen der vergangenen acht Jahre hätten gezeigt, dass es den Gemeinwesen kaum möglich sei, an der Konjunktur vorbeizuwirtschaften – im positiven wie im negativen Sinne.
Die kommenden zwei Jahre werden deutlich vor Augen führen, wie stark die Abhängigkeiten sind. «Es wird sehr interessant sein, wie sich die Finanzmarktkrise auf das hohe Niveau auswirkt», so Soguel. Die Stadt Zürich musste bereits letzte Woche ankündigen, dass sie aufgrund der ungemütlichen Situation für 2008 mit Steuerausfällen von 600 Millionen Franken und einem Minus von 190 Millionen in der Kasse rechnet.
Die Zürcher Finanzdirektorin hält sich mit Prognosen vorerst zurück. Das gute Ergebnis im Rating für 2007 kommentiert Ursula Gut so: «Wir haben unseren Aufwand mehr als gedeckt, unsere Nettoinvestitionen selber finanziert und gleichzeitig unsere Verpflichtungen und laufenden Ausgaben reduziert.» Auch die Steuerprognosen seien ziemlich exakt eingetroffen: «2009 wird das schwieriger werden», meint Gut. Im Budget zeichnet sich bereits ein Defizit von 90 Millionen Franken ab, dies aufgrund des unerwartet hohen Beitrags an den neuen interkantonalen Finanzausgleich.
Experte Soguel gibt für die Zukunft generell zu bedenken, dass sich trotz der guten Ausgangslage paradoxerweise die strukturelle Situation vieler Kantone verschlechtert habe. «Der verschärfte Steuerwettbewerb hat vielerorts zu Massnahmen verführt, die dauerhafte Auswirkungen auf die Einnahmen haben werden und die Kantonsfinanzen schwächen», so Soguel.
Er nennt als Beispiel den Spitzenreiter Zürich, aber auch Uri. Erst die kommenden Jahre würden zeigen, wie sich der Standortwettbewerb auswirkt. Die Steuerkonzessionen können auch positive Folgen haben. Dass Glarus einen Spitzenplatz besetzt, hat nicht zuletzt mit der aggressiven Steuerpolitik des Kantons zu tun.
BELLINZONA GLÄNZT. Vor allem aber wurde in Glarus nach der finanziellen Krise 2002 und 2003 ein vorsichtiges Finanzmanagement betrieben und saniert. «Seit 2004 beherrscht die Glarner Finanzverwaltung die laufenden Ausgaben sehr gut», sagt Nils Soguel. «Es erscheint banal, aber unsere Erhebung über die Jahre hinweg zeigt, wie wichtig gerade dieser Punkt für die langfristige Finanzgesundheit ist.»
Der drittplatzierte Kanton Bern liegt zwar mit einigem Abstand hinter den Nummern eins und zwei, schneidet aber sowohl bei der allgemeinen Verfassung wie beim Management der Finanzen prächtig ab, nicht zuletzt aufgrund einer sehr geringen Nettozinsbelastung. Die Schulden wurden stark reduziert – ein wichtiger Schritt, um sich in unsicheren Zeiten Bewegungsfreiheit zu verschaffen. Doch es gibt auch Ausnahmen: Die Kantone Aargau und Wallis mussten die Verschuldung erhöhen, um die Pensionskasse der Kantonsangestellten zu sanieren. Auch in Appenzell Ausserrhoden ist die Verschuldung leicht angestiegen.
Obwohl der Kanton Tessin nicht sehr gut abschneidet, glänzt Bellinzona als beste aller grösseren Schweizer Städte. Offenkundig hat die Verwaltung die Ausgaben im Griff. «Grundsätzlich stehen fast alle Schweizer Städte sehr gut da, insbesondere in der Deutschschweiz», sagt Experte Soguel. Nur Bern fällt ab, das sich als einzige Stadt ausserhalb der Romandie unter dem Schweizer Mittel bewegt. Die Finanzverwaltung hat Mühe, die laufenden Ausgaben zu decken, und hat in der Folge sehr wenig investiert, was sich negativ im Rating niederschlägt.