Altbundesrat Adolf Ogi war einer der prominenten Gäste im Kursaal Bern, der dem Sieger Rolf Fuchs für seine Künste gratulierte. Genau 5 Stunden und 35 Minuten hatte der neue «Goldene Koch» letzten Herbst Zeit gehabt, seine Speisen anzurichten. Es war der grösste Live-Kochen-Wettbewerb der Schweiz, gesponsert vom Nahrungsmittel-Hersteller Kadi. Die Jury durfte Schweinefilet im Safran-Tomatentöpfchen und gegarten Schottlandlachs im zweifarbigen Spaghettimantel kosten. Sie fand die Auswahl umwerfend.

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Pommes frites hatte Fuchs nicht serviert. Dabei sind sie das traditionelle Kerngeschäft von Sponsor Kadi. Das Langenthaler Unternehmen gehört zu den drei einzigen grossen Schweizer Herstellern von Fritten. Das Geschäft ist rentabel, funktioniert aber wie eine Art geschützte Werkstatt: Ohne politische Hilfe an die Landwirtschaft droht der Pommes-frites-Branche der schleichende Tod. Nun wird Kadi verkauft . «Ein besserer Zeitpunkt wird nicht mehr kommen», sagt ein Insider. Die Münchener Private-Equity-Firma Paragon Partners kauft das Unternehmen. «Dies bedeutet die nahtlose Weiterführung einer zukunftsweisenden Unternehmensführung. Wir sind glücklich, mit dem neuen Mehrheitsaktionär einen erfahrenen Investor an der Seite zu haben, der unsere Unabhängigkeit garantiert und sich zum Standort Langenthal, unseren Strukturen und Arbeitsplätzen bekennt», erklärt Kadi-Chef Patrick Sievi.

Geisel der Politik

In den letzten Wochen verdichteten sich die Anzeichen laut Branchenkennern, dass die Verkaufsbemühungen forciert werden. In der Schweiz landete die Anfrage vor einigen Monaten auch auf dem Tisch der Migros. Für den Detailhändler ist unter anderem der starke Markenname von Kadi im Food-Bereich von Interesse. Neben den Pommes frites bietet Kadi auch andere Convenience-Food-Produkte wie Fisch-Knusperli oder vorgebackene Omeletten an. Nach eingehender Prüfung legten die Migros-Strategen das Dossier allerdings zur Seite.

Kadi gehörte mit 66 Millionen Franken Umsatz und 184 Mitarbeitenden bislang mehrheitlich dem deutschen Fonds ECM. Er war vor fünf Jahren zusammen mit dem Kadi-Management eingestiegen, als der vormalige Besitzer Peter Geiser das frühere Familienunternehmen abstiess. «Schon damals war klar, dass ECM Kadi nicht ewig halten werde», erzählt ein Mitarbeiter von Kadi. Sie hätten schon früh klargemacht, dass sie mit einer Haltedauer von drei bis sieben Jahren rechneten. Nun sei man bei fünf. ECM selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Keine Konkurrenz

Der Markt für Pommes frites besticht in der Schweiz durch eine Eigenschaft: Es gibt keine Konkurrenz aus dem Ausland. Dafür sorgen die Schutzzölle. Wer rohe Kartoffeln importieren will, den erwarten 80 Prozent Zollaufschlag. Das rechnet sich für keinen Importeur. Das gleiche Bild zeigt sich bei verarbeiteten Kartoffelprodukten wie eben Pommes frites. Auch da vermögen die Importe die hiesigen Erzeugnisse nicht zu konkurrenzieren.

Was kurzfristig und mittelfristig ein Segen ist, stellt allerdings auch die grösste Gefahr für die Branche dar. Sollten die Schutzzölle dereinst wegfallen, droht das Aus. «Wir haben schon gestaunt, als der Finanzinvestor ECM 2008 Kadi kaufte», erzählt ein Konkurrent. Damals habe man damit rechnen müssen, dass die Marktöffnung ab 2017 im Rahmen eines Freihandelsabkommens mit der EU bereits umgesetzt würde. Die Folgen wären verheerend. Holländische Konzerne stellen in zehn Tagen so viele Fritten her wie Kadi in einem Jahr. Die Mengeneffekte und die günstigen Rohstoff- und Produktionskosten der Fritten-Riesen würden dazu führen, dass jeder Schweizer Produzent sofort zur Geschäftsaufgabe gezwungen wäre. «ECM hat die politischen Risiken entweder zu wenig gekannt oder aber äusserst mutig in Kauf genommen», sagt ein Branchenkenner.

Günstiger Zeitpunkt

Ein Auslaufen der Schutzzölle träfe allerdings nicht nur Kadi, sondern auch die zwei anderen Produzenten in der Schweiz, Frigemo und Bischoffszell. Die Fenaco-Tochter Frigemo ist der Branchenführer und beliefert neben den eigenen Verkaufsläden von Volg auch Coop und die Fast-Food-Kette McDonald’s. Die Migros ihrerseits bezieht ihre Kartoffelprodukte von ihrer Tochter Bischoffszell, der Nummer zwei unter den Pommes-frites-Produzenten. Kadi beliefert vor allem die Gastronomie. Vor drei Jahren kam offenbar Burger King als prominenter Kunde dazu.

Bei allen Produzenten sind die Schutzzölle und die Angst vor dem Wegfall derselben gleichermassen Thema. «Wir haben keine Chance mehr, wenn die Grenzen aufgehen», sagte bereits vor vier Jahren der damalige Fenaco-Chef Willy Gehriger über die Tochter Frigemo. Seit der Abstimmung zum Beitritt der Schweiz zum EWR 1992 hänge das Auslaufen des Agrarschutzes «wie ein Damokles-Schwert» über der Branche, erzählt auch ein Mitarbeiter von Kadi. Gegenwärtig allerdings herrscht nirgends Alarmstimmung. Alle Pommes-Fritiers geben sich gelassen. «So weit weg wie heute war die Marktöffnung noch nie seit der EWR-Abstimmung», sagt einer von ihnen.

Den Wert gesteigert

Die Ruhe an der politischen Front kommt ECM gelegen. Kadi sei heute nur deswegen mehr wert als vor fünf Jahren, heisst es in der Branche. Der Zeitpunkt für den Verkauf sei deshalb günstig. Auch hat sich Kadi in den letzten Jahren durch Übernahmen verbreitert. Bei den tiefgekühlten Frühlingsrollen sind die Langenthaler Nummer eins in der Schweiz. Generell setzte sich das Unternehmen zuletzt zum Ziel, weniger von der reinen Produktion von Pommes abhängig zu sein.