Über viele Jahre hatte Peter Bammert (Name geändert) sein Vermögen gezielt auf seine Frühpensionierung hin aufgebaut. Als Geschäftsleitungsmitglied eines mittelgrossen Maschinenbauers bezog er eine halbe Million Franken an Jahresgehalt. Als Bammert im Mai 2000 mit 60 Jahren in den Ruhestand ging, war er ein reicher Mann. Sein Pensionskassenkapital von 750 000 Franken liess er sich auszahlen. Dazu kamen ein fettes Wertschriftendepot von 2,4 Millionen sowie eine fondsgebundene Einmalprämienversicherung von 900 000 Franken, allerdings zu 80 Prozent belehnt.
Für das Einfamilienhaus, Wert 1,2 Millionen und zu zwei Dritteln belehnt, suchte Bammert einen Käufer, denn ihm hatte es eine Terrassenwohnung angetan. Doch für das Haus liess sich kein Abnehmer, nur ein Mieter finden, weshalb das PK-Kapital für die 1,4 Millionen teure Wohnung herhalten musste. Das bereitete dem Zuger kein Kopfzerbrechen. Er genoss das Leben und frönte seinem Hobby, dem Spekulieren. Das Depot mit Call-Optionen vollgestopft, geriet er in heftigste Börsenturbulenzen. Als Bammert zum Finanzberater ging, bot sich diesem ein tristes Bild. Der Wert der Versicherung war unter die Belehnung gerutscht. Vom Wertschriftendepot blieben 1,3 Millionen übrig. Die Bareinnahmen vermochten den Lebensunterhalt nicht annähernd zu decken.
So wie Peter Bammert ergeht es vielen. Da wurde über Jahre hinweg akribisch angespart. Dann spült der Börsencrash die Träume weg. Und nicht selten macht der Verlust des gut bezahlten Jobs die Finanzplanung endgültig zunichte. Dazu gesellt sich das mulmige Gefühl, dass es um die Vorsorge nicht mehr allzu gut bestellt ist. Die Probleme bei 1. sowie 2. Säule – Stichworte: tiefere Mindestverzinsung, geringerer Umwandlungssatz, Unterdeckung – haben manch vermeintlich komfortabel Versichertem vor Augen geführt, dass er im Ruhestand den Gürtel enger schnallen muss.
Doch wie hoch sind die Abstriche? Reicht die Vorsorge aus? Oder ist es nötig, bei der 3. Säule oder über Wertschriften zusätzlich anzusparen? Wer dereinst kein böses Erwachen gewärtigen will, muss seine langfristige Vermögensplanung einem harten Check unterziehen. Denn die «Finanzplanung, wie man sie noch in der Boomphase der Aktienmärkte betrieben hat, ist Vergangenheit», konstatiert Daniel Isenegger, Partner bei Dr. Thomas Fischer & Partner.
Wer über das für eine Finanzplanung nötige Wissen nicht verfügt, sollte einen Experten aufsuchen (siehe «Guter Rat ist teuer» auf Seite 144). Nur ist auch der raffinierteste Finanzplan kein Allheilmittel. Mangelt es an Finanzen, gibt es nur eins: runter mit den Lebenshaltungskosten. In den meisten Fällen lässt sich jedoch durch Umverteilung, Neufinanzierung und Ablösung eine angespannte Finanzlage entschärfen und der Vermögensaufbau beschleunigen. Damit Sie einen Eindruck davon bekommen, was alles machbar ist, hat BILANZ drei Fälle kreiert und Finanzplaner beauftragt, Lösungen zu entwickeln (siehe oben sowie Seiten 140 und 142). Zudem zeigen wir Ihnen im Folgenden verschiedene Wege auf, aus einer finanziellen Schieflage herauszukommen. Allerdings ist die Finanzplanung eine auf die Einzelperson zugeschnittene Angelegenheit. Wir können
Ihnen bloss Anregungen liefern.
Pensionskasse
Die Pensionskasse des Kunden ist der erste Punkt, den ein Finanzberater prüft. Den Grund erläutert Isenegger: «Es ist fast immer attraktiv, zuerst dort die Löcher zu stopfen.» Damit werden nicht nur die Leistungen aufpoliert, sondern auch Steuern gespart. Bei einem Einkauf fällt eine Steuerersparnis von 20 bis 40 Prozent auf dem einbezahlten Betrag an. Fragen Sie Ihre Pensionskasse nach dem Einkaufspotenzial. Gilt es, eine grössere Lücke auszubessern, dann verteilen Sie den Betrag auf mehrere Jahre; damit ergibt sich die grösste Steuerersparnis.
3. Säule Die private Vorsorge ist mit zwei Prozent kein Renditeheuler. Doch auch hier bildet der Steueraspekt den Anreiz. Wer als Angestellter mit Wohnsitz in Zürich den Höchstbetrag von 6077 Franken einlegt und ein Nettoeinkommen von 100 000 Franken versteuert, spart rund ein Viertel an Steuern auf seiner Einzahlung. Alfred Ernst, Partner bei Ernst & Zambra Allfinanz, rät denn auch noch vor dem Kauf von Wertpapieren zuerst zur Einrichtung eines 3.-Säule-Kontos. Selbstständigerwerbende können jährlich bis 30 384 Franken ansparen. Ihnen bietet die private Vorsorge noch einen zusätzlichen Anreiz, wie Ernst erläutert: «Geht eine Firma in Konkurs, können die 3.-Säule-Gelder des Inhabers nicht gepfändet werden.»
Der Nachteil: Aus der 3. Säule lassen sich vor der Pensionierung kaum Gelder abziehen, ausser für den Eigenheimerwerb. Das Ansparen fürs eigene Haus über diesen Kanal ist gerade für jüngere Leute attraktiv. Zudem können Sie mit diesen Mitteln selbst genutztes Wohneigentum steuergünstig finanzieren: Anstatt die Hypothek direkt abzuzahlen, überweisen Sie die Amortisationsbeträge auf das 3.-Säule-Konto.
Aktien/Obligationen
Das Minus im Aktiendepot treibt viele Anleger zu Verzweiflungstaten: raus mit faulen Aktienwerten, rein mit sicheren Obligationen. Wer vor einem Jahr so agierte, hat heute gut lachen. Experten empfehlen diese Strategie aber inzwischen nicht mehr zur Nachahmung; sie erwarten in spätestens zwei Jahren auch bei Anleihen eine Trendwende. «Im schlimmsten Fall hat man die ganze Talfahrt der Aktien mitgemacht und jetzt hohe Verluste realisiert. Nur um mit dem verbleibenden Vermögen bei Obligationen weitere Verluste zu machen», zeichnet Rolf Biland, Chief Investment Officer beim VermögensZentrum (VZ) in Zürich, ein Horrorszenario.
«Zurzeit empfehlen wir Obligationen von Schuldnern mit mittlerer Kreditqualität, da die Papiere von erstklassigen Schuldnern relativ teuer sind», meint auch José Antonio Blanco, Head Global Investment Strategy bei der UBS. Er rät Anlegern in Bezug auf Aktien zu einem langen Atem – solange die Diversifikation im Depot stimmt. «In der Vergangenheit haben viele Anleger beim Thema Diversifikation ein Auge zugedrückt, was sie letztlich jede Menge Geld und Nerven gekostet hat», erinnert sich VZ-Spezialist Biland.
Fondssparen
«Fonds haben den Vorsorgesparern nicht die Renditen eingetragen, die ihnen die Branche einst in Aussicht gestellt hatte», meint Daniel Isenegger. Da Fondssparpläne meist aktienlastig sind, blieben sie von den Börsenrückschlägen nicht verschont. Ursprünglich anvisierte Sparziele sind heute unerreichbar geworden. Dennoch sollten Anleger, die an ihren definierten Sparzielen festhalten wollen, in den sauren Apfel beissen und ihre monatlichen Sparbeträge erhöhen.
Kapital bildende Versicherungen
Niedrige Zinsen und kränkelnde Börsen belasten auch die Lebensversicherer. Ursprünglich kalkulierte Auszahlungen können sich die Anleger abschminken. «Man muss heute davon ausgehen, dass kaum etwas vom Überschussanteil ausgezahlt wird», prophezeit Rolf Biland. Der Überschussbetrag machte in der Vergangenheit oft über 70 Prozent der gesamten Auszahlung aus. «Früher galten die Überschussbeträge als realistisch, Lebensversicherungen waren daher rentable Anlagen. Ohne diesen Betrag rentieren sich diese Produkte aber nicht», fügt Biland hinzu. Noch unattraktiver werden Kapital bildende Versicherungen dadurch, dass viele Versicherer per Anfang Mai auch den garantierten Zins senken wollen.
Immobilien
Heim und Herd sind eine beliebte Form des Vorsorgesparens. Nur ist dabei schon mancher Selbstständigerwerbende in die Liquiditätsfalle getappt. Weil das Kapital primär im Haus steckt, fehlt im Rentenalter oft ein Einkommen zusätzlich zur AHV. Wer frühzeitig ein Budget erstellt, vermeidet Engpässe. Umgekehrt ist es nicht mehr angezeigt, die Hypothek zu erhöhen und das gelöste Geld anzulegen. Die Rechnung ist schnell gemacht: Wer für drei Prozent eine Festhypothek auf fünf Jahre abschliesst, bezahlt bei einer Steuerprogression von 40 Prozent netto 1,8 Prozent. Ergo muss er eine Alternative suchen, mit der er eine garantierte Nettorendite von ebenso viel Prozent einfährt – ein schwieriges Unterfangen. Wer dagegen in seiner Pensionskasse noch Lücken hat, kann sich die dazu nötigen Mittel ruhigen Gewissens über eine zusätzliche Hypothekarverschuldung holen. Die Nettorendite von 1,8 Prozent jedenfalls lässt sich in der Pensionskasse locker holen.
Nutzen Sie dafür die tiefen Zinsen zur Umschuldung. Im Gegensatz zu einer variablen Hypothek ist der Ausstieg aus der Festhypothek allerdings nicht selten mit hohen Kosten verbunden; die Bank verlangt für den Zinsausfall eine Abgeltung. Studieren Sie den Hypothekarvertrag, und verlangen Sie von Ihrer Bank eine Berechnung der Ausstiegskosten.
Ach ja, bliebe noch nachzutragen: Der Finanzplaner konnte Peter Bammert nicht gross aus der Patsche helfen. Von einem Vorbezug der AHV wollte der nichts wissen, seine Liegenschaften mochte er nicht zum Schleuderpreis abstossen. Und so hat der Millionär wieder zu arbeiten begonnen.