Göschenen, Kanton Uri. 1100 Meter über Meer, 440 Seelen, ein Bahnhof, den jedes Schulkind kennt. In einem Jahrhundertwendehaus am Bahndamm residierte die junge Firma Treukapital mit vier Managern. Der Chef, ein pensionierter Direktor der Dresdner Bank, war der Typ des vertrauenswürdigen Bankbeamten von altem Schlage. Drei knochentrockene Juristen gingen ihm zur Hand. Sie erledigten die Abrechnungen für 8400 private sowie 40 institutionelle Hedge-Fund-Kunden aus dem gesamten deutschsprachigen Raum und wickelten die Provisionen für 800 Finanzvermittler ab. Sie lebten von der Superrendite, verwalteten nach Buchwerten mehr als 600 Millionen Franken Kundenvermögen. Alle waren adrett gekleidet, gepflegt im Auftritt, überkorrekt im Ton. Die netten Herren waren Deutsche.
Göschenen ist seit dem 10. September wieder ein normales Dorf. Der Hedge-Fund-Spuk ist vorbei, die Treukapital wurde liquidiert, der Fonds war ein grosser Bluff. Staatsanwälte waren schon vor einem Jahr da, haben alles mitgenommen, wie üblich Computer, Aktenordner, USB-Sticks. Ihr Verdacht: Der aufwendige Verkaufsapparat, der aus Göschenen betreut wurde, diente einem Anlagebetrug, orchestriert von dem selbst ernannten Hedge-Fund-Künstler Helmut Kiener aus Aschaffenburg und von dessen Kompagnon Dieter Frerichs, den sie auf Mallorca den «schönen Dieter» nannten. Kiener sitzt seit gut einem Jahr in einem bayrischen Gefängnis, am Zürcher Flughafen wurde sein luxuriöser Privatjet verscherbelt. Frerichs flüchtete im Sommer vor der heranrückenden Polizei aus seiner mallorquinischen Villa in Richtung Meer und richtete sich laut Polizeiangaben selbst mit seiner Pistole an einer Felsklippe.
Zugewanderter Graumarkt. Kiener ist kein Einzelfall. Anlagebetrüger haben Hochkonjunktur in der Schweiz, und sie werden häufig mit Vornamen gerufen, die eher jenseits der Nordgrenze beliebt sind: Dietmar und Manfred, Achim und Jürgen. Das Phänomen ist Staatsanwälten, Finanzaufsehern und Privatermittlern bekannt: Die Szene der Finanzschwindler wird von Deutschen dominiert. Freizügige Niederlassungsrechte und moderne Kommunikationstechnik machen es möglich: Der grösste Finanzgraumarkt Europas nimmt Domizil in der Schweiz. Mit dem Strom der neudeutschen Zuwanderung kommen Milieufiguren ins Land, die in ihrer Heimat oft schon einmal gescheitert sind: Pleitiers und Darlehensschwindler, Börsentrickser und Geldzauberer.
«Wir beobachten vermehrt Fälle mit deutschen Angeschuldigten», sagt Peter Pellegrini, Leitender Staatsanwalt für Wirtschaftsdelikte in Zürich. «Und oft sind die Opfer auch Deutsche», fügt er hinzu. «Ja, das ist so», sagt auch Alain Bichsel. Der Mediensprecher der Finanzmarktaufsicht Finma bemüht sich, das Phänomen diplomatisch zu umschreiben: «Ein beachtlicher Teil kommt aus Deutschland.» In der Enforcement-Abteilung der Finma gehören die Deutschen längst zum Ermittleralltag. Dort vergeht kaum ein Monat ohne eine Aktion gegen deutsche Tatverdächtige: Schutzmassnahmen gegen Börsenschwindler, Zwangskonkurse gegen Scheinbanken, Fondsfantasten oder selbst ernannte Devisenhändler und Finanzzauberer, die ohne Bewilligung tätig wurden.
Die schlimmsten Fälle, bei denen die Finma schwere Verletzungen aufsichtsrechtlicher Bestimmungen erkannte, werden seit Inkrafttreten des neuen Finma-Gesetzes vor zwei Jahren laufend in einer schwarzen Liste veröffentlicht. Eine Auswertung dieser Fälle ergibt ein klares Bild: In 77 Prozent der Fälle waren deutsche Staatsbürger beteiligt. Nur eine kleine Fallzahl geht auf das Konto anderer Nationalitäten: Österreicher, Amerikaner, Australier zum Beispiel. Schweizer Täter sind ganz klar in der Minderheit (siehe Grafik «Die schwarze Liste» im Anhang). «Wie eine Hydra», sagt Bichsel, erlebten die Finma-Ermittler diese Szene. Kaum sei ein Büro geschlossen worden, träten mit neuer Schweizer Adresse wieder ehemalige Kompagnons, Vermittler oder Strohleute auf. Die Finma wolle daher die Marktaufsicht verstärken.
Rund 50 Untersuchungsbeauftragte sind bereits für die Finma im Einsatz, um die Schwindlerbüros von Amts wegen geregelt abzuwickeln, mit Kontosperren, Beschlagnahmungen und Zwangskonkursen. Sie sind meist spezialisierte Fachleute aus Anwaltskanzleien oder Prüfkonzernen. Wie der Zürcher Anwalt Daniel Hunkeler, der häufig für die Finma im Einsatz ist. Er nimmt dann in deren Auftrag Einsitz in den Verwaltungsräten der mutmasslichen Schwindlerfirmen und liquidiert die Gesellschaften. «Diese Zahlen habe ich in der Tendenz erwartet», sagt Hunkeler zur Auswertung der Tatverdächtigen nach ihrem Herkunftsland, «auch ich machte entsprechende Erfahrungen.» Und oft erlebt er eine perfekte Camouflage: «In Tat und Wahrheit steckt hinter dem vermeintlich soliden Schweizer Unternehmer kaum mehr als ein Briefkasten», sagt Hunkeler, «und wir erlebten wiederholt, dass das gesamte Geschäft aus Deutschland gemanagt wurde.» Der Frankfurter Investorenanwalt Andreas Warkentin, der viele deutsche Geschädigte vertritt, bestätigt: «In der Tat haben fast alle Betrugsfälle, mit denen ich mich befasse, einen Schweiz-Bezug.» Und der Zürcher Anwalt Daniel Fischer, ein Fachmann für Gläubigerschutzprozesse, resümiert: «Viele werden nicht durch Profiterwartungen, sondern durch das Schweizerkreuz paralysiert» (siehe «Am Schweizer Telefon auf Kundenfang»). In der Tat. Mit einer Schweizer Adresse lässt sich mitunter schlichter Blödsinn verkaufen. Im Zürcher Oberland mussten Staatsanwälte einen Goldkessel in die Asservatenkammer nehmen, den Hochstapler als den Heiligen Gral verkaufen wollten, den schon die Artus-Ritter fieberhaft gesucht hatten. Die Firma Morgan Stanwick in Jona SG bezifferte den Wert des Fundstücks, das im Chiemsee bei München geborgen worden sein soll, auf 450 Millionen Franken. Nach dem Konkurs wurde die Firma im Sommer aufgelöst. Ihr Domizilgeber, ein Deutscher, sieht sich einer Betreibung in Höhe von 29 Millionen Franken ausgesetzt.
Swissness ist das stärkste Zugpferd der Schwindelfirmen. Sie wissen: Darauf fahren die Deutschen ab. Wie zum Beispiel beim «Swiss Money Report», einem Börsenbrief, der als Fax-Massensendung verbreitet wird. Verantwortlich für den Inhalt ist der angebliche Geschäftsführer der Altanus Private Media in London, die bereits im September 2009 aufgelöst wurde, ohne je ihren Berichtspflichten gegenüber dem Handelsregister nachgekommen zu sein. Die aktuelle Empfehlung des Reports ist eine britische Start-up-Firma, die sich angeblich der Business-Fliegerei verschrieben hat und kürzlich für zwölf Millionen Dollar eine Fluggesellschaft in Panama gekauft haben will. Auf der Firmenwebsite können Kunden, die es nicht lassen wollen, mittels Internetbuchung mit einer Gulfstream in die Luft gehen, zumindest virtuell. Wer die Firma anruft, landet in einem Callcenter in Frankfurt am Main. Es gibt 7,9 Millionen Aktien, und der Börsenbrief verspricht «enorme Kurs-Chancen», möglicherweise stehe eine Kapitalerhöhung an. «Erfahrungsgemäss bedeutet dies einen starken Kursanstieg», bis zu 1500 Prozent Gewinn wird verkündet: «Strong Fly!»
Virtuelles Niemandsland. Selbst halbwegs gebildete Zeitungsleser würden den Kopf schütteln, doch das hinderte die Deutsche Börse nicht, am 1. September die Aktie der Firma zum Handel am Open Market zuzulassen. Die Schweizer Behörden sind in diesem Fall weitgehend machtlos: Der Börsenbrief operiert im virtuellen Niemandsland, die angepriesene Firma in London. Auf dem Kurszettel des «Swiss Money Report» befindet sich auch die Aktie der jungen Filmfirma SixStar Films AG, die ebenfalls zum Handel in Frankfurt zugelassen ist. Die Firma hatte ihr Domizil kürzlich noch bei der jungen Anwaltsfirma W’Law an bester Zürcher Lage. W’Law-Anwalt Horst Weber erklärt die Sache so: «Wir bieten der Gesellschaft Domizil und Postadresse und leiten die Post unbearbeitet weiter. Das ist weder unüblich noch für eine im Handelsregister eingetragene Gesellschaft grundsätzlich problematisch. Daran ist auch nichts Ehrenrühriges.»
Also alles in bester Ordnung? Die Zweifel kann auch der einzige Verwaltungsrat von SixStar, der junge Filmemacher Felix K. im westfälischen Lüdenscheid, nicht ausräumen, der gerade seinen neusten Streifen in die Kinos bringen will. Eine «Roadshow» stehe an. Aktien seiner Firma habe er nicht gekauft, sagt K. Die Aktionäre fahren mit den Papieren der Filmfirma Achterbahn. Zum Börsenschluss am 15. Oktober brachte sie es auf 1,15 Millionen Euro Marktwert. Für Jubelberichte und Warnmeldungen von Börsenbriefen sei er schliesslich nicht verantwortlich, testierte Finanzberichte will er nicht liefern.
Eine Merkwürdigkeit ist ihm tatsächlich erst durch eine Anfrage der BILANZ aufgefallen, wie er sagt: Die Website seiner Zürcher Firma hat offensichtlich den gleichen Designer wie die Londoner Firma für Businessflüge. Wohl nur ein Zufall. Allerdings reagierte der Domizilgeber Horst Weber auf die BILANZ-Recherchen: «Wir werden den Domizilvertrag am Montag kündigen und gleichentags das Handelsregister entsprechend informieren. Wir werden der SixStar AG keine weiteren Dienste anbieten und können uns deshalb auch nicht weiter zu ihr äussern.»
In Deutschland sind die Finanzmarktregeln so lasch wie noch nie. Die Finanzaufsicht BaFin gilt in der Szene als Lachnummer, die Strafverfolgungsbehörden sind heillos überlastet, die Geldwäschekontrolle funktioniert schlecht. Früher verkauften die Schwindler Warenterminkontrakte an der kanadischen Börse in Toronto, heute operieren sie mit eigener Aktiengesellschaft am offenen Marktsegment der Deutschen Börse in Frankfurt. Dort ist vieles möglich. Via E-Listing füllen die Täter ein elektronisches Formblatt aus, legen eine Eröffnungsbilanz vor, und schon sind sie in Frankfurt kotiert – ein Going public für Dummies.
Schein-Domizile. Das Massengeschäft mit den simplen Betrugsmustern hat in Deutschland eine lange Tradition. In den siebziger Jahren blühten die Geschäfte der «Bauherrenmodelle», dann kamen in den achtziger Jahren die selbst ernannten Börsenbroker, meist mit Domizil im rheinischen Raum. Wie Warenterminkönig Heinz Knöpfel alias Heinz Heinrich Hensley-Piroth, der «Altmeister der Telefonhaie», einst verkündete: «Gewinner geben nie auf.» Er zügelte nach Luzern. Oder Jürgen Amann, einst in Köln im Bauherrengeschäft. Er gründete in Zug Immobilienfirmen, an denen sich deutsche Anleger als Kommanditisten mit vermeintlichem AHV-Anspruch beteiligen durften. Gegen beide laufen die Strafuntersuchungen noch, es gilt die Unschuldsvermutung. In den Boomzeiten wurden in Deutschland Tausende Telefonverkäufer ausgebildet. Heute telefonieren sie mit einem Schweizer Natel.
Doch anders als Piroth und Amann nutzen viele den Firmeneintrag in der Schweiz nur für den soliden Schein. «In einem Fall haben wir bei der Durchsuchung in einem Büro nur einen gewaltigen Server entdeckt», erzählt ein Untersuchungsbeauftragter, «und ein paar Flaschen Champagner im Kühlschrank. Kein Besprechungstisch, nichts, was auf einen Bürobetrieb hindeutete.» So werden vielfach Telefonanrufe und Faxe geräuschlos weitergeleitet, E-Mails ohnehin. Manche treiben das Spiel noch weiter, nachdem sie aufgeflogen sind. So gelangte ein Frankfurter Anwalt im August mit einer Beschwerde an das Bundesstrafgericht, mit der er für seinen deutschen Klienten gegen einen abgelaufenen Fristtermin opponierte, weil die Gerichtspost an die Schweizer Firma offenbar nicht gelesen wurde. Der Anwalt ersuchte für seinen Klienten, gegen den wegen des Verdachts des gewerbs- und bandenmässigen Betruges ermittelt wird, um eine unentgeltliche Rechtspflege.
Der dreiste Auftritt ist Alltag. Beim Katz-und-Maus-Spiel mit den Ermittlern liegen die Schwindler wieder vorne. Die Täter bewegen sich mühelos über die Grenze hinweg, die Justiz hingegen muss die Form wahren – und stets auf dem mühsamen Weg der gesetzlich geregelten Rechtshilfe verkehren. «Die Eintrittsschwelle wurde durch die neuen Normen zur Personenfreizügigkeit für die Täter niedriger», klagt Staatsanwalt Pellegrini, «aber die alten justiziellen Landesgrenzen bestehen weiterhin.»
So war auch der «schöne Dieter», der sich an der mallorquinischen Felsklippe das Leben nahm, weder für Gläubiger noch für Ermittler greifbar. Er war zwar vertretungsberechtigter Direktor der Fonds, die ihren offiziellen Sitz in der Karibik hatten, er unterzeichnete die Provisionsverträge mit den Vermittlern, und er richtete die Internetadresse der Fonds ein. Ein Testanruf vor einem Jahr: «Bin ich richtig verbunden mit K1 in Road Town?» Eine deutsche Telefonistin meldete sich: «Nein, das ist ein virtuelles Büro.» Und der echte Herr Frerichs? «Herr Frerichs ist Resident von Gibraltar. Wir sind hier immer per E-Mail und Telefon mit ihm in Kontakt, da ist nichts Verwerfliches. Mehr muss ich Ihnen nicht erzählen, das geht Sie nichts an!»
Solche Fälle mit unauffindbaren Hintermännern landen bei der Finma in der sogenannten Negativliste. Diese umfasst mehrere eng beschriebene Seiten mit illustren Firmen wie Schweizerische Wertpapierabrechnungsgesellschaft, Swiss Audit oder Genfer Kreditanstalt.
Andere Firmen siedeln sich tatsächlich an, gründen eine Aktiengesellschaft und tragen sich als Verwaltungsrat ein oder operieren mit Personal in der Schweiz. Oder sie setzen in der Schweiz Vermittlerbüros ein, wie der flüchtige Millionenbetrüger Ulrich Engler, der bereits mit Hilfe der TV-Sendung «Aktenzeichen XY... ungelöst» gesucht wurde: 6000 Geschädigte, mehr als 200 Millionen Franken Schaden. Sein Finanzvermittlerbüro in Stein am Rhein wurde von der Finma aufgelöst. Auf seine simple Masche mit angeblichem Daytrading fielen sogar deutsche Banker herein, obwohl seine Korrespondenz ziemlich stümperhaft verfasst war.
Aber wie kommt es, dass Investoren immer wieder auf billigste Versprechungen hereinfallen? Ist es die grosse Gier? Auch, aber sicher nicht allein. Auf der Kundenseite zählen die Finanzkünstler einerseits auf treue Spielernaturen, die oft mehrfach auf die Betrügereien hereinfallen. Solche Kundenadressen werden im Milieu gehandelt. Neukunden werden aber mit flott vorgetragenem Finanzlatein und Pseudobörsenwissen geködert, und sie sind in Deutschland eine leichte Beute.
Finanzielle Analphabeten. Die Täter müssen sich dabei nicht anstrengen. «Ganz viele kommen gar nicht aus der Finanzbranche, und sie haben auch nur rudimentäre Kenntnisse vom Finanzgeschäft», berichtet Anwalt Hunkeler, «aber ein paar moderne Fachbegriffe setzen sie alle ein, wenn auch oft falsch.» Ohne grosse Mühe finden sie rasch ihre Kundschaft, denn in Deutschland mangelt es an finanzieller Allgemeinbildung, auch unter wohlhabenden Bürgern. «Nichts wissen, alles verlieren», klagten die Hamburger Autoren Marc Brost und Marcus Rohwetter über das fehlende Finanzwissen. Bestätigt wurden sie mit einer Studie der Bertelsmann-Stiftung über den «finanziellen Analphabetismus in Deutschland». Die Forscher ermittelten eine «unzureichende Befähigung der Bürger, sich mit der Finanzmaterie auseinanderzusetzen». Ihr Fazit: «In weiten Teilen der Bevölkerung ist das grundlegende finanzielle Wissen für angemessene Vorsorge- und Anlageentscheidungen nicht ausreichend.» Und der Münchner Sozialpsychologe Dieter Frey findet, dass in Deutschland «keine Bevölkerungsschicht über die finanzielle Allgemeinbildung verfügt, die man brauchen würde, um auch wenig Geld so zu investieren, dass es im Alter reicht». Gespräche über Geld seien in Schule, Elternhaus und Gesellschaft selten, Geld ein Tabuthema in Deutschland. Sogar unter Profis scheint Nichtwissen eine Tugend. Die Schwindlerprodukte finden sich auch in Verkaufsprogrammen renommierter Versicherungen und Banken.
Der kollektive Finanzanalphabetismus ist ein idealer Nährboden für die Offerten der Schurken. Viele Anleger sind überfordert und überschätzen ihre Fähigkeiten, wenn ein monetärer Heilsbringer anruft. Und besonders rasant laufen die Geschäfte der Geldzauberer, wenn sie als Aufklärer und Finanzfachleute auf die Bühne treten dürfen. Wie im Fall des deutschen Finanzkünstlers Florian Homm, der in Zürich sein Verkaufsbüro betrieb. Jahrelang durfte er den Deutschen in den quotenstärksten TV-Talkshows erklären, wie Wirtschaft funktioniert. Auf nahezu allen TV-Kanälen wurde er als prominenter Hedge-Fund-Manager befragt. Er war der Experte, der aufklärte, wie das internationale Finanzgeschäft funktioniert, wie man mit Geld umgeht, was von Private Equity und sozialer Marktwirtschaft zu halten ist. Homm wusste stets eine Antwort. Eine bizarre Situation: Tatsächlich betrieb Homm seine Börsengeschäfte im Börsenuntergrund mit amerikanischen Billigstpapieren, schwer bewertbarem Börsenramsch.
Der Homm-Spuk ist nun in Deutschland vorbei. Am 18. September 2007 wurde er noch einmal im Zürcher Kaufleuten gesehen. «Ich gehe schlafen, damit ich für morgen frisch bin», so hatte er sich verabschiedet. Seitdem steht Homm auf der Vermisstenliste der Finanzwelt. Er wurde nie wieder gesehen. Investoren reichten Schadensersatzklagen ein, mindestens 270 Millionen Franken sollen vernichtet sein: Die Verfahren laufen noch. Sogar deutsche Banken verkauften Zertifikate auf die Homm-Fonds, deren dubiose Zielinvestments in amerikanischen Penny Stocks leicht zu recherchieren waren.