Kryptowährung oder Schneeballsystem? Die Grenzen sind zuweilen fliessend. Und beschäftigen zunehmend auch die Schweizer Justiz. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in dieser Woche zum Thema geäussert. Die Richter in St. Gallen haben der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) den Rücken gestärkt und zwei Unterlassungsanweisungen bekräftigt.
Konkret geht es um die Scheinkryptowährung E-Coins. Die Finma hat das System vor zwei Jahren verboten, den Konkurs über die involvierten Unternehmen eröffnet und ein Enforcementverfahren gegen die Beteiligten geführt. Die für den vermeintlichen Betrug verantwortlichen Personen erhielten ein befristetes Tätigkeitsverbot.
Der Fall hat seinerzeit hohe Wellen geschlagen, weil Kryptowährungen einen Boom erlebten. Bitcoin, Ether und andere Coins stiegen explosionsartig im Wert und erlebten wenige Wochen später ein Allzeithoch. Die Praxis, Geld in Kryptowährungen einzusammeln, in der Fachsprache Initial Coin Offering (ICO) genannt, verbreitete sich rasant.
Finma sticht in Wespennest
Bei vielen Marktakteuren herrschte damals Unsicherheit: Was ist erlaubt? Wann schreiten die Aufsichtsbehörden ein? Das Finma-Verdikt im E-Coin-Fall gab Anhaltspunkte.
Der Wachhund des Finanzplatzes entschied, dass es sich beim E-Coin um eine Scheinkryptowährung gehandelt hat. Die Betroffenen hätten Publikumseinlagen in Höhe von mindestens vier Millionen Franken entgegengenommen, ohne über die dafür nötige Bankbewilligung zu verfügen.
Die Finma schritt ein und blockierte Vermögenswerte von mindestens zwei Millionen Franken. Gegen drei Beteiligte wurde eine Unterlassungsanweisung erlassen. Das Bundesverwaltungsgericht hat diesen Entscheid im Grundsatz bestätigt.
Bewilligungspflicht verletzt
Die Richter aus St. Gallen kommen in zwei Urteilen, die am Dienstag publiziert wurden, zum Schluss, dass die Scheinkryptowährung dem Passivgeschäft einer Bank ähnele. Dieses Business untersteht einer Bewilligung, die im Fall nicht vorlag. Es handele sich deshalb um eine schwere Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen.
Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich in seinem Urteil unter anderem auf die Tatsache, wonach der Preis eines Coins von den Systemadministratoren manipuliert werden konnte. Ausserdem hätten die Beteiligten zwei Drittel der Coins auf eigene Konten verfrachtet. Den Nutzern seien Kurssteigerungen suggeriert worden.
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte deshalb das Verdikt der Finma. Einzig das Tätigkeitsverbot gegen einen Beteiligten wurde von fünf Jahren auf drei Jahren reduziert, in einem Fall wurde auf eine Publikation der Unterlassungsanweisung verzichtet, das befristete Tätigkeitsverbot als solches aber bestätigt.
Hohe Kosten
Die Kosten des Urteils gehen mehrheitlich zulasten der Kläger. Sie müssen auch die Ausgaben für die Finma-Untersuchung berappen. Diese belaufen sich auf über 98'000 Franken. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann mit Beschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden.
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