Charlie Matter ist der glücklichste IT-Manager der Schweiz. Der Chef der auf Bankeninformatik spezialisierten Softwarefirma Finnova konnte in den letzten Tagen gleich zwei bedeutende Deals unter Dach und Fach bringen. Den Anfang machte die Graubündner Kantonalbank (GKB), vor einigen Tagen ihren Entscheid kommunizierte, bei der IT-Plattform künftig auf sein Produkt zu setzen. Wie Recherchen der «HandelsZeitung» nun zeigen, werden auch elf der Abtrünnigen und sich zur Esprit-Gruppierung zusammengeschlossenen RBA-Regionalbanken gemeinsam auf die Lenzburger Bankenplattform wechseln. Dies wird von Charlie Matter und Markus Boss, dem Chef der Regiobank Solothurn und Sprecher der Gruppierung, auf Anfrage bestätigt.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Bei den beiden Ausschreibungen setzte sich die Softwarefirma gegen namhafte Konkurrenz durch: So zog in beiden Deals die Zürcher Avaloq den Kürzeren. Sie ist die grosse Verliererin: Da sie sowohl bei der GKB als auch bei den Regionalbanken unterlag, kommt ihre Absicht, zu einem Faktor im Universalbanken-Softwaregeschäft zu werden, immer mehr in Schieflage. Bei der GKB unterlag ausserdem der IT-Dienstleistungsgigant CSC dem Lenzburger Herausforderer. Eine Abfuhr erhalten hat aber auch die bisherige Lösungsanbieterin der Esprit-Banken, die Berner RTC, die mit Millioneneinbussen beim Umsatz rechnen muss.

Die Finnova-Software gilt im Markt als modern und kostengünstig zu betreiben. Die Einführung der Software schlägt bei der GKB ohne interne Aufwendungen mit 20 bis 30 Mio Fr. zu Buche. Im Betrieb lassen sich Kostenersparnisse von 20 bis 30% erzielen gegenüber der alten, selbstentwickelten IT-Plattform.

Für Finnova bedeutet das glückhafte Double auch eine grosse Herausforderung: Auf einen Schlag verdreifacht sich die Zahl der Bankenkunden. Im anpassungsintensiven Bankensoftwaregeschäft geht dies nicht ohne zusätzliche Mitarbeitende. Dies lässt sich teilweise durch Übernahme von internen Abteilungen der Kundenbanken (im Fall der GKB sind es 25 Entwickler) bewerkstelligen.

Neue Organisation

Bei den elf Ex-RBA-Banken wird dies nicht so einfach sein, da sie ihre Informatik bereits vor Jahren ausgelagert haben. Dort behilft sich Finnova bei der Zürcher Banken-IT-Spezialistin BS Group, die mit den Umstellungsarbeiten betraut wurde. Auch beim Umsatz wird Finnova zulegen: Laut Matter soll dieser von 15 Mio Fr. in diesem Jahr um 50% klettern. Durch den schnellen Wandel wird sich auch das Governance-Modell verändern. Noch befindet sich die Firma im Mehrheitsbesitz von sieben Kantonalbanken, die auch Finnova-Kunden sind. «Das wird sich ändern», sagt Charlie Matter, ohne konkretere Angaben zu machen.

RBA-Regionalbanken: Die Abtrünnigen

Diese Regionalbanken haben per Ende 2005 den Aktionärbindungsvertrag mit der RBA Holding gekündigt: AEK Thun, Regiobank Solothurn, DC Bank, Bank EEK, BBO Bank Brienz Oberhasli, Bezirks-Sparkasse Dielsdorf, Spar- + Leihkasse Frutigen, Ersparniskasse des Amtsbezirks Interlaken, Spar- und Leihkasse Bucheggberg, Spar- + Leihkasse Gürbetal, Ersparniskasse Rüeggisberg, AEK Schwarzenburg, die Sparkasse Thalwil. (bs)