Keine Rede von Altersmilde: Carl Icahn ist auch mit 86 Jahren immer noch einer der gefürchtesten Raider überhaupt. Und wie immer startet er mit einer kleinen Beteiligung. Dann nutzt er sein Stimmrecht, um Wechsel in der Strategie zu forcieren. Jetzt bringt er mit Aktien im Wert von gerademal 50 000 Dollar den Milliardenkonzern McDonald´s in Aufregung.
Nur allein schon wenn er öffentlich Kritik übt, ist das Gift für jedes Unternehmen. Entsprechend lagen die Nerven blank beim Fastfood Giganten vor der Hauptversammlung am 26. Mai. Dort wollte Icahn zwei Vertraute in den Verwaltungsrat bringen. Jetzt scheiterte seine Initiative, nur ein Prozent der Anteilseigner stimmten dafür, wie McDonald's am Donnerstag mitteilte.
Icahn Tochter ist Tieraktivistin
Icahn geht es für einmal nicht um die Rendite. Die Aktie von McDonald´s ist in den letzten 12 Monaten um mehr als 18 Prozent gestiegen. In Rage bringt den gemäss Forbes 16-Milliarden-Dollar schweren Mann die Tierhaltung des Burger-Giganten. Er wehrt sich dagegen, dass McDonald´s seine Säue von Bauern kauft, die ihre trächtigen Tiere einzeln in Metallkäfige pferchen und so platzsparend halten. In diesen so genannten Kastenständen könnten sich die Säue kaum bewegen, regt sich Icahn auf. Säue seien sehr schlaue, fühlende Wesen. Zum Nachdenken gebracht habe ihn seine Tochter, eine Tieraktivistin und Vegetarierin.
Zwar bemühte sich McDonald´s schnell um eine Antwort. Bis Ende des Jahres würden 85 bis 90 Prozent der trächtigen Säue von US-Bauern nicht mehr in solchen Kisten gehalten, teilte die Firma mit. Und bis 2024 würden sämtliche trächtigen Tiere in Gruppen leben. Doch für Icahn geht das zu wenig weit.
In seinem Brief an die McDonald´s-Aktionäre prangert er nicht nur die Schweinehaltung an. Er wirft dem Fastfood-Giganten und den andern Wall-Street-Firmen generell ihre ESG-Politik vor. Er spricht im Schreiben von Heuchelei. Die grössten Vermögensverwalter wählen gemäss Icahn einseitig und nicht neutral aus, welche ökologischen, sozialen und Governance-Themen wichtig sind. Viele Banker und ihre Anwälte würden hehre ESG-Ziele vorgaukeln, um mehr Gewinn herauszuholen. Das sei ihr vordringliches Ziel und nicht gesellschaftliche Veränderungen. McDonald´s beispielsweise verstosse gegen den Tierschutz, habe eine mangelhafte Lieferkette und trotzdem eine gegen Aussen vorbildliche ESG-Bilanz. So lasse das Unternehmen nicht nur die Aktionäre im Stich. Icahn plädiert dafür, dass ESG mehr als nur ein Marketing-Gag ist.
Die Liste der Unternehmen, die Icahn auseinandergenommen hat ist lang
Das hat er in seinem Blut, in seinen Genen. Er war nie nur Zuschauer – sondern immer Akteur. Mit einer Ausnahme: In der Hollywood-Verfilmung Wall Street von Oliver Stone verkörperte Michael Douglas den skrupellosen Spekulanten Gordon Gekko alias Carl Icahn. Sein Ausspruch «Geer is good» – «Gier ist gut» ging nicht nur in die Filmgeschichte ein.
Wie in der Traumfabrik läuft´s für Icahn auch im richtigen Leben. Der Grossinvestor lässt die CEOs zittern und die Aktienkurse steigen. Ebay, Apple, Dell, Hertz, Motorola, Yahoo, Time Warner und Xerox – die Chefs könnten alle ein Liedchen singen. Bei Hertz etwa wurden drei Verwaltungsräte mit Icahn-Leuten ausgetauscht. Und bei Ebay wehrte sich das Management gegen eine Abspaltung des Bezahldienstes PayPal. Zusammen sei man am erfolgreichsten, liess es verlauten. Doch es kam, wie es kommen musste: Der Chef musste von Bord und Ebay trennte sich von Paypal.
„Ich will gewinnen, einfach nur gewinnen“.
Den Anfang seiner Raider-Karriere legte Carl Icahn in den 80er-Jahren mit der amerikanischen Fluggesellschaft TWA. Er kaufte diese auf Kredit, schlachtete das Unternehmen aus und kassierte so einige Hundert Millionen Dollar. Klar ist: Jeder Anleger will immer mehr, jeder Aktionär möchte eine noch höhere Rendite. Deshalb gelingt es Icahn fast immer, die Aktionäre auf seine Seite zu ziehen.
Und so wie jeder Aktionär eine immer höhere Rendite möchte, so will Carl Icahn immer gewinnen. Das auf jeden Fall sagt er in der Dokumentation «The Restless Billionaire»: «Ich will gewinnen», so Icahn, «einfach nur gewinnen». Jetzt hat er erst einmal verloren.