Derzeit wird in den Fitnessstudios besonders heftig geschwitzt. Nach dem weihnächtlichen Festschmaus sollen überflüssige Fettpölsterchen wieder verschwinden. Martin Steinhauer, Präsident des Schweizer Fitnesscenter-Verbands, relativiert: «Der saisonale Boom in den Wintermonaten täuscht, denn die Zahl der Fitness-studios stagniert seit ein paar Jahren.»

Auf hohem Niveau, müsste man beifügen, denn das Training an Geräten und Maschinen ist in der Schweiz beliebt: 10% der erwachsenen Bevölkerung besuchen regelmässig ein Fitnessstudio. Fleissiger sind nur die Amerikaner, wo diese Quote bei 16% liegt. Rund 600000 Schweizer besitzen eine Jahreskarte, um sich in einem der knapp 700 Center fit zu trimmen. Die Zahlen beruhen auf Schätzungen der Firma Qualitop, die im Auftrag von Krankenversicherern die Betriebe prüft.

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Umsatz von rund einer halben Milliarde Franken

Im vergangenen Jahr spürten die Center die lahme Konjunktur. «Besonders schwierig war es, Neukunden zu gewinnen», sagt Steinhauer. Trotzdem wurde die Branche, die 450 bis 500 Mio Fr. umsetzen dürfte, von einer eigentlichen Pleitewelle verschont. Experten gehen davon aus, dass in der bislang wichtigsten Altersgruppe der 20- bis 40-Jährigen der Markt bereits gesättigt ist. Allerdings ist dies mangels genauer Zahlen so umstritten wie die Frage nach der idealen Grösse. «1200 Mitglieder wären gut, damit sich ein komplettes Angebot rechnet», meint Steinhauer. «Aber», schränkt er ein, «es gibt auch kleinere Center, die hervorragend funktionieren.» Im Schnitt setzt ein Fitnesscenter rund 600000 bis 700000 Fr. um.

Trotz vermuteter Marktsättigung werden immer wieder neue Fitnesscenter eröffnet, was den Verdrängungskampf anheizt. Ins Auge sticht, dass sich internationale Ketten wie Holmes Place und TC Training Center hier zu Lande schwer tun. «Die Schweizer Kunden erwarten Freundlichkeit und Aufmerksamkeit, während gewisse ausländische Anbieter glauben, es genüge, ein paar gute Geräte hinzustellen», so Steinhauer.

Am erfolgreichsten operieren gegenwärtig zwei Schweizer Ketten: Die Migros und Kieser Training. Letzterer unterhält heute 20 Kraftcenter, zwölf mehr als noch vor zehn Jahren. Fitnesspionier Kieser ist mittels Franchising mit inzwischen 131 Betrieben in ein halbes Dutzend Länder vorgestossen. 2003 setzte er 138 Mio Fr. um, davon 25 Mio Fr. in der Schweiz. Zum Konzept gehören Kooperationen mit Konzernen wie etwa DaimlerChrysler im deutschen Sindelfingen. Das Krafttraining gilt als wirksame Methode, um die im Büroalltag grassierende Volkskrankheit Rückenschmerzen zu bekämpfen.

Migros setzt neue Massstäbe

Zum nationalen Marktleader avanciert ist die Migros. Sie steigerte den Umsatz im Fitnessbereich im letzten Jahr um 23% auf 58 Mio Fr. Sie unterhält 13 grössere und drei kleinere Fitnessparks und zählt auf 45000 Kunden mit einer Jahreskarte. Attila Kocsif, Leiter des Bereichs Freizeitanlagen beim Detailhandelsriesen, glaubt nicht, dass die Expansion auf Kosten bestehender Fitnessstudios gegangen ist. «Wir schafften es, in grosser Zahl Neukunden zu gewinnen Leute also, die vorher noch nie in einem Fitnesscenter waren.» Der Verdrängungskampf tobe vor allem unter den vielen kleineren Studios, die sich über den Preis gegenseitig die Kunden abspenstig machten. Ein durchschnittliches Center verfügt über 40 Geräte eine Investition von einer Viertelmillion. Der Lebenszyklus der Kraftgeräte beträgt rund fünf Jahre. Doch das Geld, um die notwendigen Investitionen und Reinvestitionen zu tätigen, ist in der Regel knapp. «Es gibt viele verschuldete Einzelfirmen», beobachtet Qualitop-Geschäftsführer Paul Eigenmann. Die Branche sei vor allem in kaufmännischer Hinsicht vielerorts noch nicht erwachsen, bemängelt er.

Professionell in jeder Beziehung agiert hingegen die Migros. Sie hat in die grosszügigsten ihrer Fitnessparks über 20 Mio Fr. investiert. In diesem Jahr wird in Zürich West ein weiterer Vorzeigepark eröffnet. Zur Frage der Rentabilität betont Kocsif, die Betriebe seien nicht auf kurzfristigen Gewinn ausgelegt.

Integration von Medizin und Wellness

Für Eigenmann ist die Migros das beste Beispiel, dass der Markt der aktuellen Stagnation zum Trotz noch längst nicht gesättigt ist. «Das Potenzial der über 40-Jährigen ist noch lange nicht ausgeschöpft», gibt er zu bedenken. Um diese älteren Semester zu gewinnen, müssten aber viele Fitnesscenter umdenken. Deutlich wächst die Kategorie jener Anbieter, die an ein Spital oder eine Physiotherapie angeschlossen sind, in den letzten zehn Jahren anteilsmässig von 2,5 auf rund 20%. Nebst Fitnesstrainern sind hier auch Ärzte und Physiotherapeuten im Einsatz.

Ein weiterer Trend läuft in Richtung Entspannung und Ernährung. Die Messlatte setzen wiederum die Fitnessparks der Migros mit integrierten Restaurants und Wellness-Oasen. Am Kuchen partizipieren auch jene zahlreichen Hotels, die Fitnesscenter und Wellness verschmelzen und entsprechend investieren.

Die Entdeckung und Rekrutierung der zusehends älteren Kunden haben unter anderem zur Folge, dass sich der Altersdurchschnitt der Fitnessbewussten nach oben verschiebt. Vor zehn Jahren lag er noch bei 30 Jahren, inzwischen ist er auf 40 Jahre gestiegen. In Steinhauers eigenem Center Squash Fit in Dietlikon ist die jüngste Besucherin 12, der älteste Besucher 86 Jahre alt. Seit verschiedene Studien belegt haben, dass ein gezieltes Krafttraining im Alter länger jung hält, sind auch die Senioren immer zahlreicher an den Geräten und Maschinen anzutreffen.

Zu einer Minderheit geschrumpft sind hingegen die Bodybuilder, die in den ersten Jahren in der Szene noch den Ton angaben. Nur noch bei 2 bis 3% der Trainierenden sind die überdimensionierten Muskeln das Ziel der anatomischen Träume. Die Mehrheit der Besucher verfolgt heute ein ganzheitliches Training mit Ausdauer, Beweglichkeit und Kraft.

Firmenfitness: Eigene Studios

Die professionellen Fitnesscenter müssen sich gegen neue Konkurrenz behaupten: Immer mehr Grossbetriebe, die es mit der Corporate Wellness ernst meinen, richten ihre eigenen Center ein. Beispiele: Credit Suisse (in Zürich), ABB (in Turgi), Kuoni Reisen (in Zürich), Nestlé (in Vevey), Caterpillar Overseas SA (in Genf) und Reuters SA (in Genf). Das Gleiche gilt für Sportvereine wie den HC Davos, die Grasshoppers oder den FCZürich und Schulen wie etwa das Gymnasium Liestal, den KV Winterthur oder die Kantonsschule am Burggraben, St. Gallen. Dass 2003 für 72 Mio Fr. Geräte an Private verkauft wurden, zeigt: Immer mehr Leute richten sich ihr Studio zuhause ein.

Fitnessmarkt: Fitnesscenter, -geräte und -food

Besucher von Schweizer Fitnesscentern sind deutlich ausgabenfreudiger als so genannte Vereinssportler oder «freie» Sportler. Dies geht aus der aktuellen Studie «Sport 2000» hervor. Wer für seine Jahreskarte im Fitnessstudio 1000 Fr. hinblättert, gibt im Schnitt jährlich nochmals mindestens so viel für Sportbekleidung und schuhe sowie für spezifische Sportlernahrung aus. Die Fitnesswelle dürfte folglich, rechnet man die vor- und nachgelagerten Bereiche mit, einen Umsatz von rund 1 Mrd Fr. generieren.

Mindestens 150 Mio Fr. dürften auf Energieriegel, Muskelpräparate und Sportnahrung (inklusive Getränken) entfallen, schätzt Peter Dedial, Geschäftsführer der Vermarkterin E.C. Robins in Cham. Rund ein Drittel der Gesamtsumme dürfte aufs Konto der Besucherinnen und Besucher der Fitnesscenter gehen. Den Sportartikelhändlern dürfte die Fitnesswelle rund 300 Mio Fr. Umsatz bringen. Genaue Zahlen sind laut Claude Benoit vom Branchenverband Asmas jedoch nicht vorhanden.

Der Wert des Geräteparks in den Fitnesscentern dürfte derzeit rund 250 Mio Fr. betragen. Im vergangenen Jahr investierte die Branche nach Schätzungen der LMT in Wallisellen, die mit der Fimex (Technogym) in Lyss der grösste Importeur von Fitnessgeräten ist, 25 Mio Fr. Zu wenig eigentlich wäre doppelt so viel Geld nötig, damit der Gerätepark nicht veraltet.