Voraussichtlich im August dieses Jahres wird die Brüsseler Administration in Europa den Handel mit den so genannten Flughafen-Slots zwischen Luftverkehrsgesellschaften legalisieren und zugleich dafür feste Regeln einführen. Die so genannten Slots sind die Zeitfenster, innerhalb derer Flugzeuge auf einem Flughafen landen können. Ohne feste Slots sind keine Landungen möglich selbst wenn die luftverkehrsrechtliche Genehmigung der Flüge vorliegt oder nicht erforderlich ist.
Mit der alten Praxis sind die Flughäfen voll ausgelastet
Bisher sollen Fluggesellschaften, die Slots besitzen, diese aber nicht nutzen, die Slots zurückgeben. In der Praxis geschieht das aber kaum je, weil jede Gesellschaft bemüht ist, für eventuelle zukünftige Flüge Slots offen zu halten. Die Folge ist, dass viele Flughäfen theoretisch voll ausgelastet sind. In der Praxis ist das dann aber eben doch nicht der Fall. Offiziell sind beispielsweise in Frankfurt-Rhein-Main oder London-Heathrow so gut wie keine Slots mehr erhältlich, weil alle verfügbaren Landemöglichkeiten vergeben sind.
Würden indessen alle vergebenen Slots tatsächlich genutzt, so stiege die Passagierkapazität der grossen europäischen Flughäfen auf einen Schlag und ohne jedwede zusätzliche Investition um 6%. Davon profitierten nicht nur die Luftfahrtgesellschaften, sondern gerade auch die Passagiere, die ein umfangreicheres Flugangebot vorfänden.
Wie wertvoll die Slots sind, lässt sich daran ablesen, dass am grauen Markt, der seit vielen Jahren an zahlreichen europäischen Flughäfen zu beobachten ist, Slots zu Beträgen gehandelt werden, die häufig über 1 Mio Fr. für eine einzige wöchentliche Landung hinausgehen. Da die meisten Kaufinteressenten aber daran interessiert sind, für neue Verbindungen wenigstens werktäglich einen Slot zu bekommen, reichen die Preisforderungen für etwa den letzten Slot, den die kaufende Gesellschaft noch benötigt, bis zu 10 Mio Fr. beispielsweise in London-Heathrow.
Die Swiss hat sich anfangs teilweise dadurch das Leben finanziell erleichtert, indem sie einen Grossteil ihrer Slots in Heathrow an andere Gesellschaften, vor allem British Airways, verkaufte. Der grösste Käufer in Europa dürfte aber in den letzten Jahren die australische Qantas gewesen sein, von der behauptet wird, dass sie über 80 Mio Fr. für Slots ausgegeben hat. Offiziell ist dazu natürlich keine Bestätigung zu erfahren, weil ja der Handel mit Slots bislang nicht erlaubt ist.
Auch Brüssel ist allerdings nicht an einem völlig unregulierten Markt für Flughafen-Slots interessiert. Stattdessen sind eine Reihe von Bedingungen für den legalen Slot-Handel geplant. Dazu gehört unter anderem, dass sämtliche Transaktionen im Sinne einer besseren Transparenz veröffentlicht werden müssen. Im Weiteren müssen Slots im Regelfall stets genutzt werden. Schliesslich sind unter bestimmten Voraussetzungen auch Versteigerungen verfügbarer Slots zulässig. Das könnte beispielsweise dann gelten, wenn ein Flughafen durch Investitionen seine Kapazität nachhaltig steigert.
Vorteil für die europäischen Fluggesellschaften
Der Nutzen der geplanten Neuregelung beispielsweise für die Swiss liegt darin, dass jede Fluggesellschaft, die neue Flüge einführen möchte, die Chance bekommt, die erforderlichen Slots ganz legal zu kaufen oder zu ersteigern. Umgekehrt können finanziell bedrängte Luftfahrtgesellschaften Slots verkaufen, wenn sie auf die Erlöse unbedingt angewiesen sind. Zudem können die Aufwendungen für den Erwerb von Slots künftig ganz legal in der Bilanz aufgeführt werden.
Natürlich gilt die vorgesehene Neuregelung nur für Europa. Allein das Echo, das ihre Einführung am Markt finden wird, dürfte aber die Behörden auch in anderen Teilen der Welt veranlassen, den Besitzwechsel von Slots zu überdenken. Davon werden dann europäische Fluggesellschaften, die das neue System gewohnt sind, als erste profitieren.
-----
Air Berlin: Verhaltene Reaktionen zum geplanten Börsengang
Der Konkurrenzkampf der deutschen Fluggesellschaften wird härter. Während immer mehr Unternehmen Kooperationen vereinbaren, setzt Air Berlin jetzt auf einen anderen Weg: Mit einem Börsengang wollen sich die Berliner frisches Kapital besorgen. Nach Schätzungen aus Finanzkreisen dürfte ein Aktienverkauf zwischen 500 und 800 Mio Euro einbringen. Der auf der Internationalen Tourismus-Messe ITB angekündigte Sprung aufs Parkett ist einer der grössten Börsengänge der vergangenen Jahre in Deutschland.
Die Finanzwelt reagierte eher verhalten. Per-Ola Hellgren, Analyst bei der Landesbank Rheinland-Pfalz, warnt: «Derzeit sind die Marktbedingungen für einen Börsengang zwar noch gut, das Fenster wird sich allerdings in Kürze wieder schliessen.» Er schätzt, dass der Wettbewerbsdruck auf die europäischen Billig-Fluggesellschaften stark zunehmen und die Wachstumsraten wieder sinken werden.
Den Kostenfaktor hält Robert Heberger, Analyst bei Merck Finck & Co, ebenfalls für sehr bedenkenswert. Zwar liesse sich der Anteil der Fixkosten durch höhere Umsätze kompensieren, steigende Kerosinpreise könnten das Vorhaben jedoch schnell wieder zunichte machen. Dennoch stünden die Chancen für einen erfolgreichen Börsengang gut. «Der Zeitpunkt ist gut gewählt. Und warum sollten Investoren, die bereits Papiere von Easyjet oder Ryanair halten, nicht auch eine Air Berlin kaufen?»
Eine Gefahr für das Billigsegment seien die hohen Fixkosten. «Die hohen Treibstoffkosten schlagen sich beim Ticketpreis stärker nieder als bei grossen Fluggesellschaften.» Privatanlegern rät er, sich ein Investment genau zu überlegen. «Der Gedanke, dass Billiganbieter die grossen Airlines ersetzen können, ist überholt. Das sind zwei völlig verschiedene Märkte», prognostiziert Heberger.