Die SBB arbeiten mit einem deutschen Startup daran, Drohnen-Lufttaxis in der Schweiz zu betreiben. Wie realistisch ist das?
Thomas Sauter-Servaes*: Der Grundgedanke ist richtig: Bahngesellschaften sollten ihr Geschäft nicht nur von Bahnhof zu Bahnhof denken, sondern vermehrt auch die erste und die letzte Meile in ihr System einbinden.

Also Verbindungen von Tür zu Tür bieten. Aber ist die Luft wirklich das Territorium der Bundesbähnler?
Wie gesagt: In der Sache denken die SBB richtig. Aber sie machen den zweiten Schritt vor dem ersten. Bevor man solche neuartigen Pläne wälzt, braucht es Antworten auf die Frage, wie man sich den Stadtverkehr im Jahr 2040 denkt. Erst dann kann man sich an völlig neue Projekte wagen, die das Herz eines jeden Ingenieurs aufgehen lassen.

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Welche Massnahmen wären vor 2040 nötig, um den Schweizer ÖV in den Griff zu bekommen?
Sehr viel leistungsfähiger und nachhaltiger wäre es, die erste und die letzte Meile vermehrt mit Verkehrsträgern wie Fahrrädern, Trottinetts und anderen Kleinstmobilen abzudecken. Die Sache mit den Flugtaxis mag spannend sein als Testfeld mit Schaufenstereffekt. Aber es bleibt wohl auch bei gelungener Umsetzung ohne Wirkung auf den Massenverkehr.

Thomas Sauter-Servaes

Thomas Sauter-Servaes, Mobilitätsforscher an der ZHAW.

Quelle: ZVG

Halten Sie die Lufttaxi-Sache überhaupt für umsetzbar?
Technisch ist das natürlich ausserordentlich ambitioniert, aber durchaus machbar. In Dubai wird bereits konkret eine Betriebsaufnahme geplant. Wie für Dubai spielt sicher auch für die SBB der Abstrahleffekt eine Rolle: Wer Gewagtes anpackt, tut etwas für sein Image. Dringender wären neue Pläne aber anderswo.

Wo?
Zu viele Innovationsideen im ÖV spielen heute in der Luft oder unter der Erde, wobei es sich aber immer um sehr teure Vorhaben handelt. Dabei müsste man besser auf der Null-Ebene investieren, also auf dem Boden.

Welches soll die Rolle der SBB sein, wenn das Drohnenvorhaben kommt?
Die SBB sollen vor allem eines: attraktive Mobilitätskonzepte für jedermann von Tür zu Tür anbieten. Als cleverer Anbieter stellen sie die Schnittstellen zur Verfügung und machen die Tarife. Vielleicht mit einem GA plus: Wer dieses Abo kauft, hat jährlich zwei Freiflüge zur Verfügung.

*Thomas Sauter-Servaes leitet den Studiengang Verkehrssysteme an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW. Daneben ist Sauter-Servaes auch Standortkoordinator Schweiz im trinationalen Weiterbildungs-Master «Europäische Bahnsysteme».