«Mit 70 möchte ich nicht mehr operativ tätig sein, denn auf anderen Gebieten der Kunst und Kultur gibt es für mich immer noch genügend zu tun» an Ruhestand denkt derjenige, von dem diese Worte stammen, also noch lange nicht. Bester Beweis ist eine Kreation, welche ganz eindeutig die Handschrift von Dottore Franco Cologni trägt. Im März 2005 haben die Richemont-Gruppe, Audemars Piguet und Girard-Perregaux unter der Ägide des mittlerweile 70-Jährigen still und leise die privatrechtliche Fondation de la Haute Horlogerie aus der Taufe gehoben. Das offizielle Debüt erfolgte am 3. November 2005.
Austrager des SSIH
Die Stiftung knüpft an jene Werte, welche sich schon die 1992 gegründete Association Interprofessionnelle de la Haute Horlogerie (AIHH) auf ihre Fahnen geheftet hatte: Die konsequente Pflege der höchsten Uhrmacherkunst durch das gezielte Zusammenwirken von Gleichgesinnten.
Ganz generell besteht die neue Fondation aus zwei verschiedenen Körperschaften: Einer profitorientierten, welche den Salon International de la Haute Horlogerie (SIHH) in Genf und andere Events ausrichtet, sowie einem ideell ausgerichteten Kulturzentrum. Letzterem kommen mittelfristig unter anderem die Einrichtung eines Studien- und Forschungsinstituts sowie die Realisierung von Projekten für den Fach-Einzelhandel zu. Dazu zählt ein weltumspannend eingeführtes Haute-Horlogerie-Label.
Was ist die Eintrittskarte?
Über das, wer und was Haute Horlogerie repräsentiert, wurde das letzte Wort allerdings noch nicht gesprochen. Reicht ein Tourbillon in der Kollektion als Eintrittskarte? Schwerlich, wenn man auf Yasmine Audemars, Luigi Macaluso und Franco Cologni, den Richemont-Berater, hört. Dazu gibt es inzwischen viel zu viele Möglichkeiten, die Palette seiner Uhren mit einem Drehgang ohne grosse uhrmacherische Kompetenz aufzupeppen. Gerade das ist dem Stiftungspräsidenten Franco Cologni ein Dorn im Auge. «Wir müssen die Exzellenz traditioneller Handwerkskunst aufrechterhalten und uns gegen fernöstliche Billigware wehren. Das gilt auch für Fälschungen, gegen die wir uns auf unserer anvisierten Internet-Homepage durch gezielte Informationen stark machen werden.»
Yasmine Audemars, VR-Präsidentin der ältesten noch im Besitz der Gründerfamilien befindlichen Luxusuhren-Manufaktur, sieht in dieser Stiftung einen Tribut an die Zukunft: «Auf diese Weise können wir dafür sorgen, dass das uhrmacherische Erbe der Vergangenheit auch bei künftigen Generationen Gefallen findet.»
Und Colognis Landsmann Luigi Macaluso (Girard-Perregaux) verweist auf das breite Wertespektrum, «welches die überlieferte Uhrmacherkunst für die menschliche Kultur darstellt».
«Konkrete Projekte des Centre Culturel gibt es derzeit noch nicht», betont dessen Generalsekretär Jean Claude Roustant. «Aber bis zum Genfer Salon 2006 im April wird sich einiges tun.» «Diese weitere Planungsphase brauchen wir unbedingt, um danach mit Blick auf die definierten Ziele eine profunde Arbeit leisten zu können», unterstreicht zudem Stiftungs-Direktorin Fabienne Lupo Magnaudet die Kernaussagen.
Breite Trägerschaft
Wer genau Mitglied werden darf, lässt Franco Cologni bewusst noch ein wenig offen: «Schrittweise wollen wir Privatpersonen sowie Vertreter möglichst vieler Häuser, Marken, Gruppen und Organisationen willkommen heissen.»
Nach derzeitigen Informationen sind Audemars Piguet, Cartier, Girard-Perregaux, IWC, Jaeger-LeCoultre, Lange-Uhren, Panerai sowie Vacheron Constantin bei der neuen Stiftung bereits mit von der Partie. Gedacht wird auch an den Handel. Wann und wie Fachgeschäfte in Form ihrer Inhaber oder Geschäftsführer hinzu stossen können, wird sich erst noch zeigen. Klar ist nach Meinung von Franco Cologni nur eines: «Wer zahlt, bestimmt, wo es lang geht.»