Die globale Investmentfonds-Branche ist von hoher Dynamik geprägt. Täglich kommen verschiedenste neue Fonds, sowohl herkömmliche als auch alternative Anlagen, auf den Markt. Hinzu kommt, dass sich Anbieter zusammenschliessen und erfolgreiche Fondsmanager versucht sind, ihre Posten immer häufiger zu wechseln. Parallel zur Anzahl der Fonds wächst auch die Zahl der gerateten Produkte und der Fondsrating-Anbieter. Diese gründen auf dem Prinzip, dass vergangene Leistung bei gleich bleibenden Bedingungen praktisch eine Garantie für künftige Erträge darstellt.
Nur sind vergangene Leistungen mit Skepsis zu betrachten. Die historische Performance eines Fonds hat zwar eine gewisse Aussagekraft, aber schliesslich geht es bei den Ratings im Gegensatz zum so genannten Ranking, welches bloss Ranglisten darstellt darum, die künftigen Gewinner zu identifizieren. Nur dann können sich die Investoren heute an ihnen beteiligen. Die Aufgabe der Fondsrater besteht in der gründlichen qualitativen und quantitativen Analyse, um abschätzen zu können, ob ein Fonds in Zukunft einen positiven Ertrag abwerfen kann.
Die wichtigste Aufgabe des Fondsanalysten ist es dabei zu verstehen, wie der Fondsmanager die nachweisbare Performance erreichte und wie die Aussichten sind, dass er im bisherigen Rahmen weiterarbeiten kann. Dabei spielen Fragen nach dem privaten Umfeld des Managers ebenso eine Rolle wie zum Beispiel die persönliche Befindlichkeit am Arbeitsplatz. Eine Ehescheidung erhöht das Risiko eines Qualitätseinbruches des Managers und kann sich somit indirekt auf die Performance seines Fonds auswirken. Weitere negative Faktoren können die Kürzung der Reisespesen oder eine Überwälzung von zusätzlichen Aufgaben am Arbeitsplatz auf den Manager sein. Diese Einflussgrössen müssen bei der Bewertung von Fonds berücksichtigt werden.
Nur wenn diese erwähnten Faktoren in die Beurteilung eines Fonds einbezogen werden, kann das Rating für einen Investor verlässlich sein. Analysten müssen eine Reihe weicher und harter Faktoren unter die Lupe nehmen: Den Anlageprozess, die Kontinuität des Anlagepersonals, den Anlagestil, die definierten Anlageziele und den risikobereinigten Leistungsnachweis.
Quantitative Analyse
Die Zahlen lügen nie. Die erste Stufe des Erforschungsprozesses des Wesens eines Fonds besteht deshalb immer in dessen rigoroser quantitativer Analyse. Durch die mathematisch-statistische Bewertung von Investmentfonds versucht der Analyst, die Risikoquellen für den Manager oder das Team zu bestimmen. Sie soll aufzeigen, wie mit diesem Risiko umgegangen worden ist und ob die Erträge der Vergangenheit auch in Zukunft möglich sind. Die Analyse der durch den Manager oder das Team erzielten Erträge ist die beste Quelle für diese Informationen, da sie das grundlegende Verhalten des Fondsmanagers aufzeigt.
Wie gut ein Manager ist, kann auf Grund der Kombination zweier Methoden ermittelt werden. Erfolgte die Wertschöpfung seines Fonds durch die Wahl der Papiere oder durch die Wahl des richtigen Marktzeitpunkts? Nachgewiesen wird dies durch die sich verändernden Reaktionen des Managers auf unterschiedliche Marktumfelder. In einem weiteren Schritt werden auch die Risikofaktoren bewertet, denen der Manager ausgesetzt war. Dann wird die Herkunft der durch den Manager erzielten Wertschöpfung aufgeschlüsselt, um die einzelnen Komponenten zu erkennen. Ausserdem wird der Anlagestil eines Managers durch die Interpretation der bestehenden Faktorenkombination bestimmt. Auf Grund dieses Stils analysieren die Rating-Experten die Wahrscheinlichkeit einer Über- oder Unterperformance.
Ohne qualitative Analyse ist das quantitative Screening wertlos. Sie dient dazu, die genaue Funktion eines Fonds und das Verhalten eines Fondsmanagers unter verschiedenen Bedingungen am Wertpapiermarkt zu verstehen. Diese Stufe der Analyse konzentriert sich dabei nicht nur auf den einzelnen Fondsmanager, sondern betrachtet auch Unternehmensaspekte.
Manager unter der Lupe
Setzt das Unternehmen auf einzelne Star-Manager oder doch eher auf einen Teamansatz beim Fondsmanagement? Diese Frage ist entscheidend für das nachhaltige Management eines Fonds, und jeder Analyst muss sie sich bei der Bewertung stellen. Denn: Daraus kann die Verletzlichkeit eines Unternehmens beim Abgang eines Fondsmanagers abgeschätzt werden.
Die qualitative Stufe der Fondsanalyse konzentriert sich dabei nicht nur auf den einzelnen Fondsmanager, sondern betrachtet auch Unternehmensaspekte. Darunter sind zu nennen die Stärke des Anlageteams einer Investmentfirma, die Qualität und Erfahrung seiner Mitglieder, das Ausmass des durch den Fondsmanager getätigten Research oder das Abstützen auf die Informationen von Dritten. Weiter müssen die Vor- und Nachteile von lokal beziehungsweise zentral am Hauptsitz verwalteten Fonds gegeneinander abgewogen werden.
Gespräche mit Managern sind der Schlüssel zum qualitativen Analysenprozess eines Fonds. Das Ziel dabei ist, den Anlageprozess genau zu verstehen. Die Bewertung sollte auf einem eingehenden Gespräch gründen, wobei den Managern die Gelegenheit geboten werden sollte, ihren Anlageprozess und ihre Methodik sowie die ihres Teams mit eigenen Worten zu beschreiben. Das Research darf dabei keine einmalige Übung sein. Fonds müssen dauernd sorgfältig überwacht werden. Dazu sollten die Manager einmal pro Quartal kontaktiert oder befragt werden. Nur dieses Vorgehen garantiert einen echten Einblick in Anlagestil, Stärken und Schwächen eines Managers.
Der wichtigste Aspekt für den Analysten für die Fondsbeurteilung ist die klare Definition der Fondsziele durch den Manager: Ist das Portefeuille von oben nach unten oder von unten nach oben konzipiert? Wird das Anlageportefeuille eher aktiv oder passiv verwaltet? Wachstums- und Wertinvestoren werden ebenso untersucht wie auch Angriffslust und Einstellung gegenüber dem Handel. Aufmerksamkeit muss vom Analysten auch dem Diversifizierungs- und Konzentrationsgrad in der Allokation geschenkt werden. Wer zu viel Risiko auf sich nimmt, droht abzustürzen.
Jeder Fonds wird zudem auch daraufhin untersucht, ob er Branchenthemen verfolgt oder nicht besonders die Ausrichtung des Portefeuilles auf einzelne Sektoren und Wertpapiere entweder als Kernbeteiligungen oder in zeitlich be-grenztem Rahmen. Weitere Informationen runden das Bild des Fonds ab: Die Grösse des Portefeuilles ist ein typisches Beispiel: Zahlreiche Fonds mussten erfahren, dass ihre ausgezeichnete Performance durch eine wachsende Grösse in Mitleidenschaft gezogen wurde. Investoren, die ausschliesslich die Erträge der Vergangenheit analysieren, können diese Verschiebung im Ertragsprofil leicht übersehen.
Das Universum an Anlagefonds ist vielfältig und komplex. Einen Fonds daraus auszuwählen ist nicht schwierig. Auf den richtigen Fonds zu setzen erfordert aber ein hohes Mass an Sorgfalt, Erfahrung und Wissen. Für Banken und Vermögensverwalter gibt es zwei Möglichkeiten: Sie leisten sich ein Team von Spezialisten für das Orten der vielversprechendsten Fonds, oder sie überlassen diese Aufgabe einer auf Fondsratings spezialisierten Agentur, die bereits über entsprechendes Know-how verfügt.
Peter Toogood, Chief Investment Officer, Forsyth Partners, London.