Keine Schönfärberei, keine Floskeln: Unmissverständlich begründet der Forbo-VR die Trennung von CEO Werner Kummer (57) mit der unbefriedigenden Ertragslage der letzten zwei Jahre. Die Ertragseinbrüche sowie die schwierigen Marktverhältnisse hätten den VR bewogen, die Strategien und die operativen Abläufe der Forbo-Gruppe zu überprüfen und notwendige Änderungen in die Wege zu leiten. Deutlicher kann man Ertragsschwäche, fehlende Fortschritte in der Strategieumsetzung und Enttäuschungen am laufenden Band kaum umschreiben. Werner Kummer, ab 1. Dezember 1998 an der Spitze des weltweit tätigen Herstellers von Bodenbelägen, Klebstoffen und Kunststoffbändern für Antriebs-, Prozess- und Transportzwecke, wurde per sofort abgelöst. Gemäss Communiqué steht er allerdings Forbo in der Übergangsphase weiter zur Verfügung.
Neu leitet This E. Schneider (52) den Konzern mit Sitz in Eglisau. Schneider hat gemäss Forbo-Mitteilung von 1994 bis 2002 erfolgreich als CEO, VR-Delegierter und VR-Vizepräsident die Selecta-Gruppe, den Automatenverpfleger mit Sitz in Zug (920 Mio Fr. Umsatz, 4800 Beschäftigte), zum europäischen Marktleader aufgebaut.
Allein Kummer die Schuld an der schwächelnden Forbo in die Schuhe zu schieben, verfehlt die Tatsachen. Bei Amtsantritt traf Kummer auf einen stark diversifizierten Konzern, der zudem die Integration der 1994 teuer akquirierten Förderbänderherstellerin Siegling, Hannover, noch nicht verdaut hatte.
Der Ex-Schindler-Manager (mit Schwergewicht Asien) restrukturierte, devestierte die Sparten Kunststoffprofile, Dekorfolien und beschichtete Textilien und fokussierte das Unternehmen auf die beiden Bereiche Bodenbeläge und Klebstoffe; Siegling musste er, ähnlich einem Klotz am Bein, mitschleppen. Mit der Forcierung der Klebstoffsparte und massgebenden Akquisitionen (wie Swift) wurden zudem nicht nur Synergien mit der Bodenbelagssparte, sondern auch internationale Profilierungen erreicht. Forbo gehört heute unter die zehn grössten Klebstoffhersteller der Welt, ausgestattet mit viel Kompetenz und Renommee.
Auch die Schwäche des VR muss thematisiert werden
Nur indirekt schimmert in der Forbo-Mitteilung durch, dass innerhalb des Aufsichtsgremiums nicht alle Verwaltungsräte das Heu auf der gleichen Bühne hatten. In diesen Zusammenhang kann der freiwillige Rücktritt von VR-Präsident Karl Janjöri (69) gestellt werden. Janjöri war ab 1986 Forbo-VR und seit 1998 nach dem frühen Tod des charismatischen CEO und VR-Präsidenten René K. Ruepp VR-Präsident. Dem ehemaligen UBS-Direktionsmitglied fehlte letztlich die industrielle Erfahrung, die nötige Härte und das Durchsetzungsvermögen im Umgang mit seinem oftmals eitel wie arrogant wirkenden CEO; zudem war es Janjöri, der massgebend die Einstellung des ehemaligen Schindler-Managers Kummer befürwortet hatte.
Ersetzt wird Janjöri durch Willy Kissling, den VR-Vizepräsidenten Forbos. Kissling, eben erst als VR-Präsident bei SIG zurückgetreten und dort durch Lambert Leisewitz ersetzt, ist Garant, dass der VR Forbos Schwäche nicht mehr toleriert. Erlaubt sei dennoch die Frage, wieso nicht früher auf die offensichtlichen Führungsdefizite an der Konzernspitze und die sich laufend verschlechternde Unternehmenskultur reagiert wurde. Drei Wechsel in der sechsköpfigen Forbo-Konzernleitung innert kürzester Zeit liessen die Alarmlampen aufleuchten, doch (zu) lange geschah nichts: Im Herbst 2003 verliess Jan-Erik Sangberg (56), der Unternehmensentwickler, das Haus, offenbar nicht freiwillig; Martin Richenhagen (52) als Leiter der Sparte Bodenbeläge notabene nach einem einzigen Jahr bei Forbo und Paul Hälg (50) als Chef der Klebstoffsparte taten den gleichen Schritt in den letzten Wochen. Hälg wird hausintern nachgesagt, dass er das Zeug als Forbo-Konzernchef gehabt hätte jetzt stellt er seine Dienste dem Dätwyler-Konzern in Altdorf zur Verfügung.
Wichtiges Anliegen: Intern wieder Vertrauen schaffen
Das Duo Schneider-Kissling wird vorerst intern wieder die Kultur der Offenheit und des Vertrauens zurückholen müssen. Eher langwieriger dürfte sich hingegen die Verbesserung der Ertragslage gestalten. Der Margenzerfall in Europa vornehmlich im Bodenbelagsgeschäft wird sich kaum schnell ins Gegenteilige wenden. Die Fokussierung auf Linoleum bringt zwar da und dort Leaderpositionen; weil aber das Objektgeschäft (Schulhäuser, Spitäler usw.) lahmt, ist kaum mit raschem Wachstum und verbessertem Ertrag zu rechnen. Gut positioniert ist Forbo mit den Klebstoffen. Geografisch verspricht man sich vieles von Osteuropa, den USA und Asien. Allerdings wirkt sich sowohl in Nordamerika wie in Asien die Dollarschwäche zunehmend negativ auf die Margenentwicklung aus. Es erstaunt deshalb nicht, dass Forbo am 23. März für das Jahr 2003 einen Konzerngewinn präsentieren wird, der sich in der Grössenordnung von bescheidenen 15 Mio Fr. bewegen wird.
Forbo: Nicht vom Fleck gekommen
(in Mio Fr.) 2003 E 2002 2001 2000 1999
Umsatz (weitergeführte
Aktivitäten) 1598.9 1531.1 1354.3 1599.4 1541.6
Devestierte Aktivitäten 130.8 177.4 212.9
Bodenbeläge 729.0 736.1 787.4 1009.9 997.0
Klebstoffe 572.9 486.6 219.4 206.3 209.2
Kunststoffbänder 297.0 308.4 347.5 383.2 335.3
Betriebsergebnis 56.6 88.4 88.9 130.6 123.0
Gewinn 15.4 42.6 51.8 90.7 16.1
Beschäftigte 5495.0 5715.0 5145.0 5832.0 6829.0
E = ERWARTUNGEN / DIE DEFINITIVEN ZAHLEN WERDEN AM 23. MäRZ 2004 VORGESTELLT
Quelle: Lombard Odier Darier Hentsch/«HandelsZeitung»
Forbo Letzter Kurs: Fr. 394.
Fazit: Auf die personellen Veränderungen bei Forbo hat die Börse positiv reagiert. Eine entscheidende Erholung, etwa im Bodenbelagsgeschäft, hingegen zeichnet sich vorläufig nicht ab. Die Rückkehr zum früheren Ertrag bedarf einiges an Zeit und Management.