Ford betreibt seit vielen Jahren in Aachen ein Forschungs- und Entwicklungszentrum. Was genau erforscht Ford in Aachen?

Rudolf Menne: Der zentrale Schwerpunkt hier in Aachen ist die Dieseltechnologie und damit zusammenhängend die Forschung über die Umwelt. Ferner befassen wir uns intensiv mit der Sicherheit auf der Strasse sowie mit der Unterstützung der Markenidentität. Im Dieselmotorenbereich kooperiert Ford mit der PSA-Gruppe. Im Vordergrund stehen dabei die Reduktion des Partikel- und der Stickoxidemissionen, die Optimierung der Verbrennung sowie eine weitere Verbrauchsreduzierung der Motoren. Zweiter Schwerpunkt unserer Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen ist der Bereich Fahrdynamik. Wir legen hohen Wert auf eine äusserst sichere Fahrzeugauslegung. Diese umfasst die Lenkung, verschiedene Fahrwerkskomponenten und neue Materialien wie zum Beispiel hochfeste Stähle.

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An welchen alternativen Antriebssystemen arbeitet Ford derzeit?

Menne: Wir arbeiten gleichzeitig an verschiedenen Varianten wie Hybridantrieb, Wasserstoffmotoren sowie Brennstoffzellenfahrzeugen. An Letzteren arbeiten wir in Kooperation mit DaimlerChrysler. Aber auch alternative Treibstoffe, wie Ethanol oder Bio-Diesel sowie zukünftige Dieselkraftstoffe, stehen im Zentrum unserer Forschungsarbeiten. Sogenannte Mikro-Hybrid-Fahrzeuge, die im innerstädtischen Verkehr weit über zehn Prozent Kraftstoff sparen, da sie über ein Stopp-/Startsystem verfügen und zudem Energie in die Batterie zurückführen, befinden sich bei uns bereits im Versuchseinsatz.

Es gibt Fachleute, welche den Hybridantrieb eher als eine Zwischenlösung auf dem Weg zur Brennstoffzelle betrachten. Teilt Ford diese Meinung?

Menne: Zuerst einmal müssen wir doch feststellen, dass die Autoindustrie noch viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, auf fossile Treibstoffe sowie auf Biotreibstoffe setzen wird. Wir betrachten auch den Wasserstoff, hergestellt aus erneuerbaren Energiequellen, als einen nachhaltigen Energieträger der Zukunft, der sowohl in einer Brennstoffzelle als auch in einem modifizierten Verbrennungsmotor verwendet werden kann. Bis die Brennstoffzelle in grösseren Serien zum Einsatz gelangt, wird es noch einige Zeit dauern. In der Zwischenzei, werden ohne Zweifel andere alternative Treibstoffe zum Einsatz gelangen.

Wie beurteilt Ford den Energieträger Gas für Motorfahrzeuge?

Menne: Es gibt bereits Länder in Europa mit einem Versorgungsnetz für Erdgasautos, nämlich Italien und Deutschland. Solange kein Tankstellennetz für Erdgas vorhanden ist, wird diese Antriebsart jedoch kaum einen Durchbruch erleben.

Ein weiterer alternativer Treibstoff ist Ethanol, das beispielsweise in Schweden eine stärkere Verbreitung erfuhr und wo Ford der weitaus grösste Anbieter von Ethanolautos ist. Auch für diesen Treibstoff muss allerdings ein entsprechendes Versorgungsnetz aufgebaut werden.

Menne: Dies trifft zu und wir werden in den kommenden Jahren auch diese Treibstoffart, welche im Übrigen in Deutschland bis zum Jahr 2020 steuerbefreit ist, weiter fördern.

Welche Zusammenarbeit besteht zwischen der bekannten RWTH Aachen und dem Ford Forschungszentrum in Aachen?

Menne: Die RWTH Aachen ist eine der renommiertesten und bekanntesten technischen Hochschulen Deutschlands. Ein Grund, warum sich unser Forschungszentrum hier in Aachen befindet. Zwischen der Hochschule, die im Übrigen auch für andere Autohersteller arbeitet, und unserem Zentrum besteht ein reger Austausch von Forschungsergebnissen.

In heutigen Personenwagen, aber auch Nutzfahrzeugen sind unzählige elektronische Systeme eingebaut, die leider auch erhebliche Probleme verursachen. Wo sehen Sie die Grenze der Elektronisierung im Auto?

Menne: Der Anteil der Elektronik wird bis zum Jahr 2010 von derzeit 15 bis 20% auf über 30% anwachsen. Die heutigen Personenwagen sind in ihrer technischen Entwicklung quasi historisch gewachsen, während die Elektronik dazugekommen ist. Die heutige Fahrzeugarchitektur hinkt der Entwicklung der Elektronik quasi hinterher. Dies führt zu komplexen Schnittstellenproblemen, die in Zukunft durch integrierte Lösungen mehr und mehr ersetzt werden. Wir müssen in Zukunft auch sehr genau überlegen, wo die Elektronik dem Fahrer einen wirklichen Nutzen bringen wird. Im Weiteren müssen wir verstärkt eine Gleichteile-Strategie verfolgen. Schliesslich muss die Zusammenarbeit zwischen dem Autohersteller und dem Zulieferer elektronischer Systeme vertieft und intensiviert werden, um die gewünschte Gleichteile-Strategie für Soft- und Hardware realisieren zu können. Die Autoindustrie arbeitet derzeit auch intensiv daran, gemeinsame Architekturstandards in der Autoelektronik zu entwickeln. Zu diesem Zweck haben sich Automobilfirmen und Zulieferer zu einer Initiative namens «Autosar» zusammengeschlossen.

Ein anderer Trend ist die zunehmende Leistungssteigerung bei Motorfahrzeugen. Wo sehen Sie das Ende dieser PS-Euphorie?

Menne: Es werden immer höhere Ansprüche an Fahrfreude und Leistungsreserven gestellt. Wir als Hersteller müssen in Zukunft einen vernünftigen Kompromiss finden zwischen den steigenden Leistungsansprüchen und der Verpflichtung in Sachen Emissionen und Umweltschutz.

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Zur Person:

Name: Rudolf Menne

Geboren: 1951

Familie: Verheiratet, zwei Töchter

Ausbildung: Dr. Ing. an der RWTH Aachen

Funktion: Chief Technical Officer Ford Europa und Direktor des Ford Forschungszentrums Aachen. Honorarprofessor an der RWTH