Der Mann liebt die Superlative. Und er versteht es meisterlich, solche zu schaffen. Begonnen hat er damit bereits bei seiner Ausbildung zum Uhrmacher. Diese schloss er mit 20 an der Genfer Uhrmacherschule als Jahrgangsbester ab. Nach einigen Jahren als «Einzelkämpfer» setzte Franck Muller alles auf eine Karte und entschied sich für seine eigene Uhrenmarke, welche die traditionelle, sprich mechanische Komponente seines Handwerks pflegte. Dazu gehörten Tourbillons, Minutenrepetitionen, Ewige Kalender und/oder Chronographen im perfekten Retro-Look. Für den internationalen Durchbruch sorgte Sänger Elton John, welcher Franck Muller seinen Song «Harmony» widmete.

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Traumhaft wie die Aussicht waren die Zahlen, aber ...

Weil das rasante Wachstum mehr Kapital erforderte, als dem Senkrechtstarter zur Verfügung stand, gründete Muller 1991 mit Vartan Sirmakes, dem Lieferanten der perfekten Gehäuse im Art-déco-Stil, die Technowatch SA. 1998 erhielt das Gemeinschaftsunternehmen, an dem beide Partner zur Hälfte beteiligt waren, den Namen Franck Muller Watchland SA. Watchland ist ein herrliches Anwesen in Genthod am Nordufer des Genfer Sees, mit Blick auf das gegenüberliegende Montblanc-Massiv.

Traumhaft wie die Aussicht waren auch die jährlich zweistelligen Wachstumsraten, welche der Firma 2003 mit rund 49000 verkauften Luxusuhren einen konsolidierten Jahresumsatz von etwa 400 Mio Fr. (inklusive Pierre Kunz und European Company Watch) brachten. Damit rückte die Marke Franck Muller in die Topliga der letzten unabhängigen Uhrenfirmen auf.

Ganz offensichtlich tat zu viel Ruhm und fortwährender Sonnenschein speziell Namensgeber Muller nicht unbedingt gut. Allerlei Gründe liessen dicke Wolken aufziehen über dem kleinen, aber feinen Uhrenland am Lac Léman. Verschiedene Eskapaden Mullers harmonierten nicht mit dem Geschäftssinn des nicht minder kreativen Partners - und darüber hinaus harten Arbeiters - Vartan Sirmakes. Streckenweise verkehrten die ehemaligen Freunde nur noch per Anwalt, schien die beispiellose Erfolgsstory zu scheitern. Neidische Mitbewerber rieben sich nicht nur hämisch die Hände, sondern versuchten gar, persönlich Kapital aus den Streitereien zu schlagen.

Der Disput wirkte sich auf den Umsatz aus. Der ging nach Aussagen von Vartan Sirmakes «leicht nach unten, denn die Einzelhändler hielten sich bei ihren Orders mangels Vertrauen in die Zukunft etwas zurück».

Sirmakes ist der Chef, Muller der Ideenlieferant

Dann aber die Kehrtwende: Im November 2004 endete der Alptraum des Unternehmers. Franck Muller und Vartan Sirmakes reichten sich zur Versöhnung die Hände. Allerdings unter veränderten Vorzeichen. Fortan hat allein der 49-jährige Workaholic Sirmakes, der voller Visionen hinsichtlich neuer Produkte steckt, als CEO das Sagen, unterstützt von Miguel Payròt als CFO und Didier Decker als COO. Franck Muller liefert seine gedanklichen Inputs ohne direkte operative Einbindung. Auf diese Weise ist der Weg für Sirmakes frei, die Franck Muller Watchland SA auf alte Wachstumspfade zurückzuführen.

Eigene Werke und damit Abnabelung von der ETA

Der armenischstämmige Unternehmer möchte sich freilich noch zusätzlich profilieren. Mit eigenen Uhrwerken. Die bisher unter der Hand zu hörenden Decknamen Liberty oder Freedom deuteten Insidern an, dass damit eine sukzessive Abnabelung vom wichtigsten Werkelieferanten, der Swatch-Group-Tochter Eta, einhergeht.

Kurz vor der Watchland-Hausmesse, der Genfer World Presentation of Haute Horlogerie (WPHH), hat Sirmakes den Schleier für die «HandelsZeitung» gelüftet. Nicht ohne Stolz zeigt er drei neue Kaliber. Als Basis eine schlichte Automatik, welche in Kooperation mit Victor Bruzzos Indtec in Sitten entstand und das Eta-Werk 2892-A2 mittelfristig ersetzen wird. 2000 Rohwerke davon hat Watchland bereits im Haus. «Alle laufen vorzüglich, erfüllen problemlos die amtliche Chronometernorm», wie Vartan Sirmakes beim Blick auf die sorgfältig veredelten Exemplare schwärmt.

«Aber ein Uhrwerk mit automatischem Aufzug stellt für mich nichts Besonderes dar. Ich sehe die uhrmacherische Leistung in den Zusatzfunktionen und Komplikationen.» Hier baut Franck Muller seine Position als waschechte Manufaktur zielstrebig aus. Neben den Tourbillon-Kalibern Revolution 1,2 und 3 sowie der demnächst lancierten Evolution 3 mit Drei-Achsen-Drehgestell, zehn Tagen Gangautonomie und Ewigem Kalender gibt es nun Zeitschreibendes aus Genthod zu vermelden. Gemeint sind zwei brandneue Chronographen-Kaliber, eines mit manuellem und das andere mit automatischem Aufzug. Einende Elemente sind der Durchmesser von 11 Linien (26 mm), die Schaltrad-Steuerung, eine vertikale Zahnrad-Kupplung, die Flyback-Funktion und eine Gangautonomie von 60 Stunden. Die Automatik-Version verfügt über einen beidseitig wirkenden Schubkarren-Aufzug mit Exzenter-Wechsler und die Dimensionen des bislang verwendeten Kalibers Frédéric Piguet 1185.

«Diese Uhrwerke», so Vartan Sirmakes, «entstehen voll und ganz in den Ateliers der Watchland-Gruppe. Dazu gehören auch die Zahnräder sowie das Assortiment einschliesslich der Spirale. Autonomie ist für uns ein extrem wichtiges Ziel. Und dafür haben wir mehrere Millionen Franken investiert.» Der finanzielle und technische Aufwand dürfte sich rechnen. Er wird Franck-Muller-Uhren fortan auch für jene Liebhaber exklusiver Manufakturkaliber interessant machen, die sich keine revolutionären Tourbillons leisten können.

Watchland-Gruppe

Auf dem Weg zur Nummer drei

Vartan Sirmakes, der bei Watchland seit ein paar Monaten das alleine Sagen hat, hegt grosse Pläne. Expansionspläne, um genauer zu sein. Die Verhandlungen zum Ankauf zweier Uhrenmarken «mit sehr gutem Potenzial» stünden kurz vor dem Abschluss, heisst es in Genthod GE. «Wer das ist, kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt wegen der laufenden Verhandlungen nicht verraten. Aber sie werden unser Markenportfolio, das neben Franck Muller - mit 90% Volumenanteil - auch Pierre Kunz und European Company Watch mit je 5% umfasst, sinnvoll ergänzen. Anfang April 2005 werde ich informieren.»

Die Zukäufe würden werden sie realisiert die Gruppe nach der Swatch Group und Richemont zur Nummer drei unter den Luxusuhren-Giganten machen. Franck Muller Watchland könnte das gesamte Spektrum der Luxusuhren abdecken. Allein schon deshalb bestehen kaum Zweifel daran, dass Vartan Sirmakes die Verträge irgendwann unterzeichnen wird.