Mit Beschaulichkeit hat er nichts am Hut. Viel lieber hält es der neue CEO von StarragHeckert mit den Worten Galileo Galileis: «Wer sich nicht bewegt, der wird bewegt.» Die Dinge veränderten sich nun mal, und manchmal gehe es dabei schneller, als einem lieb sei. Vor seinem Wechsel zur Werkzeugmaschinen-Gruppe StarragHeckert war Frank Brinken fast zehn Jahre für den amerikanischen Mischkonzern Textron tätig. Diese Zeit hat ihn stark geprägt.

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Als er 1995 die Sparte Kunststoffverarbeitung übernahm, gehörte der Bereich noch zur schweizerischen Maag-Gruppe. Der Konzern hatte ihn damals beauftragt, in der Kunststoffsparte den Turnaround herbeizuführen, was er zügig vorantrieb. Doch dann kam alles anders: Der gesamte Industriekonzern brach auseinander, und die einzelnen Unternehmensteile der Maag Holding wurden verkauft.

«Das war ein Wandel im Wandel», erinnert sich Brinken. «Wir mussten uns selbst wie Münchhausen am Schopf aus dem Sumpf ziehen.» Die Amerikaner kamen und mit ihnen änderte sich vieles praktisch über Nacht. «Meine Aufgabe war es, die manchmal etwas behäbig anmutende Schweizer Firmenmentalität mit einem dynamischen, zahlengetriebenen US-Konzern zusammenzubringen. «Das war Change Management in reinstform», sagt Brinken, der sich heute mit dem Thema Wandel in Unternehmungen auch gerne über den Berufsalltag hinaus auseinander setzt. All dies sei eine Frage der Kultur, so der neue Chef von StarragHeckert. «Veränderungen in Betrieben, die Auseinandersetzung mit Menschen und ihre Beziehungen untereinander interessieren mich.» Das sei schon in frühen Jahren so gewesen.

Zwischen Wissenschaftund Wirtschaft

Aufgewachsen ist Brinken in einer weltoffenen Unternehmensfamilie in Mülheim a.d. Ruhr. Seine Eltern ermöglichten ihm eine europäische Ausbildung. Während er Französisch quasi in den Ferien und später als Tauchlehrer lernte, ging er in England zur Schule. Seinen Bundeswehrdienst absolvierte er unter anderem in einer gemischten europäischen Einheit in Holland, was Ende der 60er Jahre noch eher die Ausnahme war. «Dafür bin ich um die 68er herumgekommen», witzelt er heute über jene Zeit. Studiert hat der heute 56-jährige Maschinenbau an der Technischen Hochschule in Aachen. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Studienaufenthalt in den USA hätte er wohl durchaus auch den Weg als Wissenschaftler einschlagen können. Aber dann zog es ihn doch in die Welt hinaus. Er folgte einem Job-Angebot von Georg Fischer in die Schweiz.

Hin- und hergerissen sei er damals trotzdem gewesen. Nicht wegen des Berufs oder der Karriere, sondern wegen seiner Frau, die in Bochum Kinderpsychologie studierte. Die Distanzbeziehung dauerte nicht lange. Seit 25 Jahren ist er inzwischen glücklich verheiratet. Seine berufliche Karriere führte ihn von Georg Fischer über Alusuisse bis zur Gesamtleitung der Maag Pump Systems Textron AG in Zürich. Dass er seinen Weg gehen konnte, daran habe seine Frau einen grossen Anteil, sagt Brinken und fügt an: «Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau, aber sie lässt es ihn nicht merken.»

Teamgeist und Zahlenformeln

Familie und Teamgeist ist ihm wichtig. «Wir coachen uns gegenseitig und unternehmen vieles gemeinsam auch mit unserer Tochter, die inzwischen in Basel Medizin studiert.» Zu den Freizeitbeschäftigungen der Familie gehören Golf, Segeln und im Winter Skifahren. Gemeinsam ist dem Ehepaar Brinken auch die Passion für Jazz-Musik. Es gehe doch zum Beispiel nichts über eine Jam-Session am Donnerstagabend im Hotel Montana in Luzern, schwärmt Frank Brinken. Das Private färbt auch auf seinen Beruf ab. Ein Manager im einsamen Kämmerchen sei er nicht. Teamarbeit sei ihm ein wichtiges Anliegen. Dazu der ungezwungene Umgang mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Auch dies eine positive Erfahrung, die er aus seiner Tätigkeit bei Textron gerne mitnimmt. Darüber hinaus spielten aber auch Zahlen im amerikanischen Manageralltag eine noch zentralere Rolle als in europäischen Unternehmen, so Brinken über den operativen Führungsstil in den USA. Leistung müsse messbar sein. Dieser Anspruch gelte in amerikanischen Führungsetagen gewöhnlich noch viel mehr als in Europa. Dem Reporting werde oberste Priorität beigemessen, wobei der Fokus immer auf das maximierte Profitstreben ausgerichtet sei. Rückblickend will Brinken all dies keinesfalls missen. Auch die Haltung «to get things done» gefalle ihm sowie die vorherrschende Einstellung bei vielen amerikanischen Mitarbeitern, dass sie geradezu enthusiastisch dazu neigten, Neues auszuprobieren.

Wenn dagegen in einem europäischen Betrieb Neuerungen anstünden, würde meist zuerst das «Warum» im Vordergrund stehen. Brinken mag diese Haltung nicht. «Tradition ist glimmende Asche.» Firmen müsse man ständig revitalisieren, sonst sterben sie oder es müssen irgendwann schmerzhafte Entscheide gefällt werden. Diese Erfahrung kennt er nur zu gut, und er werde sie auch als neuer Chef von StarragHeckert machen müssen, weiss er schon heute. Die beiden Produktionsstandorte in der Schweiz und in Deutschland werden in Zukunft vom Einkauf über die Produkteentwicklung bis hin zum Verkauf noch enger zusammenarbeiten müssen. Darüber hinaus strebt Brinken auch einen Kulturwandel an. Die Zusammenführung der beiden traditionellen Werkzeugmaschinenbauer Starrag in Rorschacherberg und Heckert im deutschen Chemnitz im Jahr 1998 sei eine gute Idee gewesen und ein Meilenstein für die Unternehmensentwicklung anzusehen.

In Zukunft werde es nun vor allem darum gehen, die beiden Betriebe zu einem schlagkräftigen Unternehmen zu verschmelzen. Ein Vorhaben, das der neue Chef rasch an die Hand nehmen will. Als Vorteil gereichen dürfte ihm dabei sicherlich, dass der gebürtige Deutsche, der seit 25 Jahren in der Schweiz lebt, inzwischen sowohl mit der deutschen als auch mit der schweizerischen Mentalität bestens vertraut ist.

Ein Chef zum Anfassen

Dass sich die Mitarbeiter des Werkzeugmaschinenbauers jetzt warm anziehen müssten, will er mit alledem allerdings nicht gesagt haben. Loyalität ist ihm wichtig. Dies sei eine Stärke in der europäischen Unternehmenskultur. Allerdings den Zuspruch der Mitarbeiter im Betrieb müsse man sich als Führungsperson erst einmal erarbeiten. Und wie macht man das? Brinken antwortet spontan: «Ein Chef muss zum Anfassen sein.»

Tagsüber sei er da für seine Mitarbeitende und die Kunden. Alles andere folge dann zu seiner Zeit. «Ich bin ein nachtaktiver Mensch, und es kommt öfter vor, dass abends nach Mitternacht noch das Licht brennt.» Ungestört am Arbeitstisch sitzen, sei doch etwas Herrliches, schwärmt Brinken.

Wenn andere schlafen, dann habe er seine kreativste Zeit, um nachzudenken und zu schreiben ohne dass das Telefon ständig klingelte. Dafür sei morgens vor sieben Uhr nicht wirklich seine Zeit. Geschichten von Managern, die über längere Zeit mit nur drei Stunden Schlaf auskommen, hält er für ein Ammenmärchen. Ein richtig tiefer Schlaf sei ihm wichtig, und auch ein gutes Frühstück sei nicht zu verachten. Doch werde er in Zukunft etwas früher aufstehen müssen, da es von seinem Wohnort im Kanton Zug zu StarragHeckert in Rorschacherberg etwas weiter sei als zu seinem früheren Arbeitgeber in Zürich. Allerdings: Staus sind planbar und Schleichwege gebe es auch nur diese verrate er nicht.

CEO mit Erfahrungen im Change Management: Steckbrief

Name: Frank Brinken

Funktion: CEO StarragHeckert

Alter: 56

Wohnort: Risch, Kanton Zug

Familie: Verheiratet, eine Tochter

Karriere

1975-1979 Institut für Kunststoffverarbeitung, Universität Aachen

1979-1988 Georg Fischer AG, Rohrleitungssysteme, Product Manager

1988-1994 Alusuisse Airex AG, Bereichsleiter, stv. Geschäftsführer

1994-2004 Maag Pump Systems Textron AG, Zürich. Gesamtleitung Firmengruppe Kunststoffverarbeitung Firma

Starragheckert ist eine weltweit tätige Werkzeugmaschinen-Gruppe mit Produktionsstandorten in Rorschacherberg und Chemnitz (Sachsen) sowie Tochter- und Vertriebsgesellschaften in allen wichtigen Absatzgebieten. Sie stellt Fräsbearbeitungszentren und flexible Fertigungssysteme für die Luft- und Raumfahrtindustrie sowie die Fahrzeug- und andere Industrien her. Darüber hinaus ist sie Lieferantin von Technologiepaketen (Software, Verfahren, Werkzeuge). Seit 1998 ist StarragHeckert an der SWX Börse in Zürich notiert. Sie beschäftigt rund 700 Mitarbeitende weltweit.