Anfang Januar wird Schaffner an der ordentlichen GV über die Schaffung von bedingtem Kapital für die Ausgabe einer Wandelanleihe in der Höhe von 50 Mio Fr. abstimmen. Will sich Schaffner damit schuldenfrei machen?

Fritz Gantert: In erster Linie geht es darum, das verzinsliche Fremdkapital zu reduzieren. Längerfristig steht dahinter aber sicherlich auch die Zielsetzung, die Flexibilität zu erhöhen, um Chancen für externes Wachstum wahrnehmen zu können.

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Kurzfristig geht es aber darum, dass Schaffner mit einem Fremdkapitalanteil von gut 49 Mio Fr. damit schuldenfrei wird?

Gantert: Dies ist das primäre Ziel. Wir haben ja bereits im abgelaufenen Jahr mit einer straffen Bewirtschaftung unseres Umlaufvermögens die Schulden um rund 10 Mio Fr. reduziert. Ohne die Sonderberichtigung in der Höhe von 9,6 Mio Fr. hätte Schaffner zudem auch ein positives Nettoergebnis ausgewiesen.

Der von Ihnen erwähnte Sonderposten hat aber den Jahresgewinn buchstäblich weggefressen. Schaffner schliesst das Jahr erneut mit einem Verlust ab.

Gantert: Zusammen mit der Revisionsgesellschaft haben Verwaltungsrat und Gruppenleitung beschlossen, gewisse Bilanzpositionen neu zu beurteilen und zu berichtigen, hauptsächlich im Bereich aktivierter Verlustvorträge und im Rahmen von Goodwill-Abschreibungen. Hier ging es konkret um den Goodwill aus einer Akquisition, die Schaffner 1998 getätigt hatte.

Mit anderen Worten, diese Akquisition hat sich im Nachhinein als Fehler herausgestellt?

Gantert: Nein. Die Firma, die wir damals akquiriert hatten, entwickelte sich bis zum dramatischen Einbruch der Technologiemärkte nach Plan. Die Bewertung wurde jetzt den neuen Marktverhältnissen angepasst.

Bereits im Vorjahr musste Schaffner einen Verlust von gegen 6 Mio Fr. ausweisen. Für das nun abgelaufene Geschäftsjahr erhöht sich dieser Verlust bedingt durch diesen Sonderposten gar auf rund 9 Mio Fr. Wie wollen Sie die Investoren überzeugen, dass sich dies nun ändert?

Gantert: Wenn Sie unsere Bilanz anschauen, sehen Sie, dass alle grossen Risiken eliminiert sind. Zudem weist Schaffner bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr wieder ein organisches Wachstum und einen operativen Gewinn aus. Unter der Annahme, dass sich die Wirtschaftslage nicht verschlechtert, werden wir im laufenden Geschäftsjahr das Wachstum fortsetzen und die Rentabilität erneut steigern.

So gut wie in den 90er Jahren, als Schaffner durchschnittlich rund 10% pro Jahr zulegte?

Gantert: Wir sind überzeugt, dass wir diese Zielsetzung mittelfristig wieder erreichen werden.

In der Vergangenheit war Schaffner stark auf den Technologiesektor und die Telekomindustrie ausgerichtet. In diesen Bereichen lässt sich nicht unbedingt wiederholen, was in den 90er Jahren galt.

Gantert: Die Fokussierung auf diese Sektoren führte tatsächlich dazu, dass Schaffner in den letzten zwei Jahren den schwersten Einbruch in der Firmengeschichte erlebte. Wir haben aber die Zeit genutzt und uns ein zusätzliches Standbein in der Automobilzulieferindustrie aufgebaut, um in Zukunft weniger abhängig von der Entwicklung in den Technologie- und Telekommärkten zu sein.

Was macht Sie so sicher, dass die Autoindustrie Schaffner in Zukunft weniger anfällig macht auf Konjunkturzyklen?

Gantert: Die Ausschläge in der Autoindustrie sind weniger ausgeprägt als in anderen Industrien. Ist man als Autozulieferer bei einer Fahrzeugplattform qualifiziert, bleibt dies über den gesamten Lebenszyklus eines Modells so. Dies sorgt für Stabilität beim Auftragsvolumen. Zudem machen die zunehmende Elektrifizierung und die steigende Komplexität der elektronischen Systeme in Fahrzeugen diesen Sektor für Schaffner besonders interessant. Das heisst, wir reden hier von Wachstum, das in den kommenden Jahren unabhängig von der Entwicklung des Fahrzeugabsatzes stattfinden wird.

Was bedeutet dies in Zahlen ausgedrückt?

Gantert: Heute geht man davon aus, dass der wertmässige Anteil von Elektroteilen pro Fahrzeug bei 20 bis 23% liegt. Gemäss verschiedenen Studien soll dieser Wert bis ins Jahr 2010 auf 35% zunehmen. Für uns bedeutet dies, je mehr Elektronik pro Fahrzeug, desto mehr Komponenten und Testsysteme von Schaffner braucht es.

Wieso soll denn ein Autobauer als Zulieferer ausgerechnet Schaffner wählen?

Gantert: Einerseits spricht unser Know-how im Bereich der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) und in technologisch verwandten Gebiete für uns. Zum anderen ist es unsere langjährige Erfahrung mit eigenen Niederlassungen in Ländern mit tiefen Produktionskosten, wie Thailand und Ungarn oder seit Mitte 2002 auch in China, die es uns ermöglicht, Mehrwert für unsere Kunden zu schaffen.

Und was bedeutet dies für die Entwicklungsperspektiven von Schaffner im Automobilgeschäft?

Gantert: Als ich vor zwei Jahren zur Schaffner-Gruppe stiess, machte die Autoindustrie 2% vom Gesamtumsatz aus. Dabei handelte es sich ausschliesslich um Testsysteme. Inzwischen erzielt Schaffner mit Testsystemen und Komponenten zusammengenommen rund 10% des Gruppenumsatzes. Im Produktbereich Testsysteme waren es im Geschäftsjahr 2002/2003 über 20% des Umsatzes. Bei den Komponenten waren es rund 4% respektive rund 4 Mio Fr.

In zwei Jahren von Null auf 4 Mio bei den Bauteilen: Dieses Wachstumstempo wollen Siebeibehalten?

Gantert: Wir gehen von gut zweistelligen Wachstumsraten aus. Nachdem wir die Entwicklungsvorleistungen erbracht haben, werden wir jetzt die Serienproduktion aufnehmen. Für den Renault Mégane haben wir bereits über 2 Mio Bauteile geliefert. Und im Sommer haben wir mit Honda den eigentlichen Durchbruch geschafft, wo wir in Zukunft das Modell «Jazz» serienmässig beliefern werden. Weitere Plattformen werden im laufenden und im nächsten Geschäftsjahr dazu kommen. Dies macht uns zuversichtlich, dass wir in diesem Bereich ein strammes Wachstum erzielen werden.

Das heisst, es werden weitere Automarken dazukommen?

Gantert: Es werden weitere Renault-Fahrzeugmodelle dazukommen, auch mit Honda verhandeln wir über Aufträge. Daneben gibt es andere Automarken, bei denen wir im Frühling in Serie gehen. Grundsätzlich streben wir an, mit sämtlichen Autoherstellern zu verhandeln, die Modelle mit Keyless-Access-Systemen anbieten.

Aber im Autoland Deutschland ist Schaffner noch nicht gelandet?

Gantert: Wir haben auch Projekte in Deutschland. Hier stellt der Markteintritt aber eine besondere Herausforderung dar, da unser Hauptkonkurrent in diesem Bereich ein deutsches Unternehmen ist.

Können Sie sich für die Zukunft noch weitere mögliche Betätigungsfelder rund ums Auto vorstellen?

Gantert: Das Auto bietet noch zahlreiche, sehr interessante Nischen für Schaffner. Bereits heute hat es in Fahrzeugen 60 bis 80 so genannte Teilsysteme und Baugruppen, die untereinander vernetzt sind und einwandfrei funktionieren müssen. Hier verfügt Schaffner über grosses Potenzial.

Welchen Anteil am Gesamtumsatz soll bei all den rosigen Aussichten das Autogeschäft bis in zwei Jahren haben?

Gantert: Heute sind es 10% und bis in zwei oder drei Jahren werden es 15% sein. Mit anderen Worten: Der Bereich Autoindustrie ist neben Industrieelektronik und Telekommunikation bereits heute ein strategischer Schlüsselmarkt für Schaffner.

Beim Auftragsbestand liegt Schaffner zu Anfang des neuen Geschäftsjahres 15% über dem Vorjahr. Soll das jetzt so weitergehen?

Gantert: In den letzten drei Quartalen verzeichneten wir bereits eine leicht steigende Tendenz. Ins neue Geschäftsjahr sind wir mit einem guten Auftragsbestand gestartet. Ich bin überzeugt, das ist mehr als eine Bugwelle und wir werden über Vorjahr weiterfahren. Neben Asien spüren wir auch in Frankreich und Deutschland, wo wir zusammen einen Drittel unseres Gesamtumsatzes erwirtschaften, Anzeichen einer Erholung. Dies gilt im Übrigen nicht nur für das Autogeschäft, sondern für alle Sektoren, insbesondere auch Kunden aus der Industrieelektronik und der Telekomindustrie.

Profitiert Schaffner von dersich abzeichnenden Konjunkturerholung?

Gantert: Wir sind optimistisch, unsere Wachstumsziele im laufenden Geschäftsjahr zu erreichen, ohne dass uns die Konjunktur dabei helfen muss. Sollte sich die Konjunktur jedoch verbessern, würden sich das Wachstum und die Rentabilitätssteigerung beschleunigen.



Schaffner-Gruppe: Operativ in der Gewinnzone

Schaffner hat im abgelaufenen Geschäftsjahr restrukturiert und ist operativ in die Gewinnzone zurückgekehrt. Bei einem Umsatz von 163 Mio Fr. erwirtschaftete Schaffner im letzten Jahr einen Ertrag (Ebita) von 7,5 Mio Fr. Trotzdem wird das Ergebnis 2002/03 durch einen Schönheitsfehler belastet. Nach einer Sonderberichtigung von 9,6 Mio Fr. bleibt Schaffner auf einem Verlust von 8,3 Mio Fr. sitzen, was den VR dazu bewogen hat, einen Verzicht auf eine Dividende zu beantragen. Für das kommende Jahr ist Schaffner optimistisch. Die interne Dynamik ist gemäss Management gross genug, um von einer positiven Konjunkturentwicklung überdurchschnittlich profitieren zu können. Für das laufende Geschäftsjahr rechnet Schaffner mit einem Wachstum zwischen 5 und 7%. Im darauf folgenden Jahr soll das Wachstum der Gruppe mit rund 10% bereits wieder da liegen wie im Durchschnitt des letzten Jahrzehnts. (hub)

(in Mio Fr.) 02/03 01/02 %

Umsatz 163.3 159.3 2.5

Ebit 4.8 -4.7

Ebitmarge (in %) 3.0

Reingewinn 8.3 5.8

Beschäftigte 1856 1607 15.0

Profil: Steckbrief

Name: Fritz Gantert

Funktion: CEO Schaffner-Gruppe

Alter: 45

Ausbildung: Dipl. Masch.-Ing. ETH

Karriere

1988-1998 Diverse Managementfunktionen, u.a. bei Ascom Autelca AG

1998-2000 Sarna Holding; Leiter der Division Sarnamotive

Seit 2001 CEO und Delegierter des VR Schaffner Holding AG, Luterbach



EMV: Elektro-Filter

Schaffner ist weltweit führend im Bereich der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV). Ohne EMV würde heute vieles nicht funktionieren von Aufzügen über Flugzeuge bis zu Zügen oder der Telekommunikation. Die von Schaffner hergestellten Komponenten stellen also sicher, dass sich Geräte und Anlagen untereinader nicht elektromagnetisch stören oder umgekehrt Signale richtig ausgesendet beziehungsweise gefiltert werden. (hz)