Wie kamen Sie auf die Idee zur Einführung der Marke Remax in der Schweiz?
Teddy Keifer: Vor zwölf Jahren wollte ich ein Mehrfamilienhaus im Wert von rund 2,5 Mio Fr. in Zürich verkaufen. Ich beauftragte dazu einen Makler. Zuerst tat sich relativ lange nichts - was, wie ich später erfuhr, damals noch branchenüblich war. Schliesslich vermittelte mir ein Freund einen anderen Immobilienmakler, der einen Kunden hatte, der das Gebäude kaufen wollte. Doch weigerte sich mein Makler, mit dem anderen Makler zusammenzuarbeiten. Das ärgerte mich und ich beschloss, nach einem Makler-System zu suchen, das kundenfreundlicher ist. Dann erinnerte ich mich an die Remax-Tafeln in Kanada. Ich stieg ins Flugzeug und erkundigte mich, wie es dort gemacht wird - Remax Kanada hat einen Marktanteil von 38%. Man erklärte mir, dass es Gemeinschaftsgeschäfte gebe zwischen den Agenturen und man die Provision teile. Das fand ich genial.
Wie lange war die Durststrecke?
Keifer: Die ersten fünf Jahre waren sicher hart, da brauchte man einen breiten Rücken und musste sich viel gefallen lassen. Aber ich wollte nicht nur Geld verdienen, sondern vor allem eines: Den trägen Schweizer Immobilienmarkt verändern. Ich wusste: Wenn ich einen guten Job mache, verdiene ich ohnehin Geld.
War die Maklerkultur in der Schweiz kundenunfreundlich?
Keifer: Im Grossen und Ganzen ist es heute noch so: Vier Fünftel der Makler schauen beim Geschäften nur auf ihr Portemonnaie. Das ärgert mich. Denn man weiss: In 80 bis 90% der Fälle steht beim Kunden ein wichtiger Entscheid hinter dem Immobilienverkauf - vielleicht zieht er ins Ausland, es gab eine Scheidung oder einen Todesfall. Der Kunde soll nicht warten müssen, bis der Makler einen Käufer gefunden hat und die Provision ganz allein einstreichen kann.
Aber eine Wohltätigkeitsorganisation ist Remax auch nicht.
Keifer: Natürlich nicht. Aber die Remax-Philosophie ist, dass jeder gewinnt, der Käufer und der Verkäufer. Das schreiben wir uns auf die Fahnen, und davon leben wir auch gut. Im Moment sind 48% aller Geschäfte, die wir in der Schweiz abschliessen, Gemeinschafts- und Empfehlungsgeschäfte. Und dies nicht nur zwischen Remax-Filialen, denn wir sind ja offen für alle. Remax-Makler arbeiten auch mit Fremdfirmen zusammen - das umgekehrte passiert leider eher selten.
Bietet Remax tiefere Provisionen?
Keifer: Remax ist nicht günstiger als andere. Wer günstiger ist als Remax, kann keinen seriösen Job machen. Wir empfehlen eine Provision, die in der Deutschschweiz um 3% liegt. Wir lehnen uns damit an die Empfehlungen des Verbandes an.
Ihre Preise liegen also im Branchenschnitt.
Keifer: Ja. Aber die Schweizer Maklerbranche ist zersplittert, es gibt eine Menge Einzelkämpfer. Die bieten dann vielleicht 1% Provision an. Aber dafür kann man nicht seriös arbeiten. Denn wir erbringen eine Reihe von Dienstleistungen - Verkaufswertschätzung, Beratung für die Verkaufsvorbereitung, Inserate schalten, Tafeln aufstellen, aktiv Interessenten suchen, Unterstützung bei der Finanzierung, Reporting an den Kunden.
Am Anfang hiess es einmal, Remax wolle in der Schweiz 300 Filialen haben. Warum ist es doch nicht so zügig gegangen?
Keifer: In den ersten fünf Jahren waren wir sehr flott unterwegs. Wir fanden die Pioniere, die von dieser Geschäftsidee begeistert waren. Doch bald kamen wir auf den Boden der Tatsachen und stellten fest, dass es in der Schweiz kaum gut ausgebildete Immobilienmakler gibt, weil diese Berufsgattung gar nicht existierte. Darum beschloss ich, eine Schule zu gründen, die NIMS Neue Immobilien-Maklerschule Schweiz. Sie bietet nur von der Zertifizierungsstelle Edqua geprüfte Kurse an und arbeitet mit verschiedenen Hochschulen zusammen. Die Grundausbildung ist zwingend für jeden Remax-Makler.
Wie soll sich Remax entwickeln?
Keifer: Heute haben wir 115 Büros und 340 Makler. Ein seriöses Zwischenziel ist, in fünf Jahren 150 Standardbüros und 500 bis 600 Makler zu haben. Und dann schauen wir den Markt wieder an. Marktführer sind wir bereits heute.
Wo liegt derzeit Ihr Marktanteil?
Keifer: Bei 2% - was zeigt, wie enorm zersplittert der Schweizer Markt ist und wie gross das Potenzial.
Wer ist Ihr grösster Konkurrent?
Keifer: All die Leute, die ihre Immobilien selber kaufen und verkaufen. Rund 48% der Geschäfte werden in der Schweiz ohne Makler abgewickelt - ein riesiger Markt, den wir angehen.
Was sind dabei die Herausforderungen?
Keifer: Wohnungseigentümer sind sehr kritisch. Ein Interessent kann nicht einfach in eine Wohnung treten und verkünden, was alles verändert werden muss, damit man einen Käufer findet. Genau darum lohnt es sich aber, einen Makler einzuschalten, denn der weiss, was auf dem Markt Chancen hat. Zudem unterschätzen viele Immobilienbesitzer den Aufwand, den ein Verkauf mit sich bringt: Die Vorbereitung der Verkaufsunterlagen, die Bestimmung des Verkaufspreises, die Gestaltung des Inserats und der Verkaufsfotos, der Rummel der Besichtigung, der Wunsch nach Terminen am Wochenende. Ein guter Makler macht zudem eine Vorselektion unter den Kunden. Er scheidet Interessenten aus, denen das Objekt sicher nicht entspricht oder denen das nötige Geld fehlt.
Wie sind Ihre Erfahrungen auf dem Markt Zürich? Ist dieser nicht völlig ausgetrocknet?
Keifer: Dem widerspreche ich vehement. Ausgetrocknet sind die einfachen und bequemen Geschäfte. Aber es gibt eine gewaltige Zahl von Bestandesimmobilien. Dazu kommen noch die neu erstellten Objekte. Die Agglomeration von Zürich läuft sensationell. Die Stadt Zürich - ich bin Stadtzürcher - ist heute ein schwieriges Pflaster. Aber auch dort gibt es Scheidungen, auch dort kommen Immobilienbesitzer plötzlich in Geldnot.
Werden die Preise in den Agglomerationen für Wohneigentum fallen, wie manche Experten prognostizieren?
Keifer: Davon merken wir überhaupt nichts.
Merken Sie die Wirtschaftskrise, etwa die sinkenden Boni oder die abnehmende Zuwanderung?
Keifer: Für uns ist das sogar positiv. Wenn ein Banker seine Villa verkaufen muss, dann haben wir ein Geschäft. Eine Wirtschaftskrise ist für uns Immobilienvermittler das Beste - nicht hingegen für den Markt und die Besitzer.
Werden die Transaktionen zunehmen?
Keifer: Ja.
Wo findet der Anleger noch Mehrfamilienhäuser?
Keifer: Das ist im Moment die Gretchenfrage. Institutionelle Anleger müssen teilweise fast um jeden Preis investieren. Der Markt ist schwierig, zum Teil werden Objekte überbezahlt.
Gibt es dort eine Blase?
Keifer: Ich habe es erlebt, dass Objekte zu Preisen angeboten wurden, die deutlich überrissen waren. Aber diese Anbieter müssen jetzt mit den Preisen runter. Insgesamt spielt der Markt immer noch.
Alles gekauft wird nicht.
Keifer: Nein. Denn der Bau muss Rendite abwerfen.
Sie erklären auf Ihrer Webseite, unabhängige Makler hätten keine Zukunft mehr. Doch Sie haben nach zehn Jahren nur 2% Marktanteil.
Keifer: Wenn man alle Immobiliennetzwerke der Schweiz zusammenrechnet, ergibt sich bereits ein deutlich höherer Marktanteil. Kleine Makler wird es immer geben. Aber in den von der Immobilienkrise gebeutelten Ländern wie Spanien oder Irland hat sich gezeigt: Vom Markt verschwanden die Einzelkämpfer und die kleinen Netzwerke. Bestehen konnten nur die grossen, die von ihrem Netzwerk und dem Gemeinschaftsgeschäft - der wichtigsten Eigenschaft von Remax - profitierten. Und je grösser und dichter das Netzwerk ist, umso mehr kommt dieser Vorteil zum Tragen.
Ist das Internet eine Konkurrenz für Sie?
Keifer: Nein, eine Ergänzung. Das Internet bringt Kunden zu uns. Internet und Inserate sind eine tolle Bühne für die Präsentation eines Objekts, mehr aber nicht. Wir wissen: Höchstens 10% der Leute, die mit einem Objekt aus dem Internet oder aus einem Inserat zu uns kommen, kaufen dieses. Der Rest kauft etwas anderes.
Wie sehen Sie die Zukunft des Internets?
Keifer: Jeder Remax-Makler hat eine Immobiliensoftware, in der alle Objekte gepoolt werden. Ein Remax-Makler in Sankt Moritz kann Objekte aus Zürich verkaufen. Das ist ein Riesenvorteil, der sonst niemand bietet. Die Kanadier haben sogar ein sogenanntes «multiple listing system» - einen staatsweiten Pool, in dem jeder lizenzierte Makler sein Objekt erfassen muss. Jeder andere Makler in Kanada hat Zugriff. Das finde ich genial. Wenn sich ein Makler weigert, mit einem anderen, der den Kunden bringt, ein Geschäft zu machen, verliert er seine Lizenz. Das ist für mich noch einmal eine Herausforderung - ein «multiple listing system» für die Schweiz.
Gibt es Bemühungen in diese Richtung?
Keifer: Wir konzentrieren uns zuerst auf unser eigenes System. Meine Vision ist aber, dass alle Makler ab einem gewissen Zeitpunkt freien Zugriff auf unser System haben werden.
Das ist dann der komplett transparente Immobilienmarkt?
Keifer: Ja.