Amazon ist bereits der grösste Onlinehändler der Welt, doch das ist Gründer Jeff Bezos nicht genug. Die in Seattle beheimatete Firma ist heute in fünf gigantischen Geschäftsbereichen tätig – Detailhandel, Logistik, Unterhaltungselektronik, Cloud Computing sowie Medien und Unterhaltung – und will in all diesen Industrien eine Vorreiterrolle einnehmen.

Das zeigt unter anderem die wachsende Zahl der Patente des Konzerns. 2170 Einträge hat Amazon Technologies in der Datenbank des US Patent and Trademark Office seit 2001. Während viele davon im Zusammenhang mit Datenbanken, Streaming und anderen Anwendungen im Internet stehen, haben vor allem die Ideen im Bereich der Logistik viel Potenzial. Amazon setzt auf die Automatisierung des Vertriebs und auf eine Zukunft, in der Drohnen eine zentrale Rolle einnehmen.

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Amazon braucht Automatisierung

Als Jeff Bezos 2013 erstmals das Drohnenprogramm von Amazon vorstellte, wurde es teilweise als Marketinggag abgetan. Doch das greift zu kurz. Fragen der Auslieferung sind für die Kostenstruktur des Konzerns von entscheidender Bedeutung. «Der Versand stand immer im Zentrum der strategischen Investitionen von Amazon», schrieb Kolumnist Farhad Manjoo in der «New York Times». Langfristig wolle sich die Firma von den Unwägbarkeiten der Strassen und Menschen lösen.

Amazons Lösung ist eine weitestgehend automatisierte Lieferkette mit roboterisierten Logistikzentren, Drohnen und autonomen Fahrzeugen. Nach einer Zählung der Beratungsfirma CB Insights reichte Amazon alleine 2016 mindestens 78 Patente in diesen Bereichen ein – und diese Zahl könnte noch steigen, weil zwischen dem Einreichen und der Publikation eines Patents mehr als zwei Jahre vergehen können. Einige der Ideen haben das Potenzial die Welt zu verändern, wie die folgende Auflistung zeigt:

1) Mobile Drohnenstationen

Eines der neusten Amazon-Patente skizziert die Möglichkeit von mobilen Drohnenstationen in Containern. Diese können inklusive Waren per Eisenbahn, Schiff oder Sattelschlepper in die Nähe des Zielortes gebracht werden. Nur die letzten Kilometer der Auslieferung erfolgen mit Drohnen. In den Containern können sich laut Amazon nicht nur Waren, sondern beispielsweise auch Roboter zum Verladen und Material zur Wartung der Drohnen befinden.

Wartung, Reparatur, Verladen, Start und Landung können während der Fahrt erledigt werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die grossen Amazon-Logistikzentren können weiterhin weit ausserhalb der Städte sein, wo die Grundstückpreise niedrig sind. Erwartete Bestellungen sind unterwegs und können in kürzester Zeit ausgeliefert werden. Zudem müssen die Drohnen weniger lang für die Wartung ausser Betrieb gestellt werden.

2) Schwebende Logistikzentren

Noch futuristischer ist eine Idee von 2014, die im letzten Jahr patentiert wurde. Amazon skizziert ein Warenlager, das von einem Luftschiff auf einer Höhe von über 13'000 Metern gehalten wird. Nachschub und wenn nötig Personal werden mit kleineren Luftschiffen vor Ort transportiert. Die Endauslieferung der Pakete übernehmen wieder Drohnen.

Wie die erdgebundenen mobilen Drohnenstationen soll auch das sogenannte Airborne Fulfillment Center (AFC) eine schnelle Lieferung ermöglichen. Amazon könnte das Luftschiff im Voraus über einer Stelle platzieren, wo eine erhöhte Nachfrage erwartet wird – beispielsweise einem Fussballstadion während einem Match. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Die Drohnen brauchen beim Flug runter dank der Schwerkraft kaum Energie und könnten möglicherweise als Gleiter konzipiert werden.

3) Drohnentürme für Grossstädte

Die bisherigen Standorte der Lieferzentren in Vororten oder auf dem Land seien für Grossstädte nicht zweckmässig, schreibt Amazon in einem weiteren Patentantrag. Mit Lieferzentren in den Innenstädten könnten Waren künftig schneller ausgeliefert werden. Natürlich müssen diese Lieferzentren mit kleineren Grundstückflächen auskommen – und werden deshalb in die Höhe wachsen. Für Drohnenauslieferung ist dies aber ein Vorteil.

Die Skizzen im 22-seitigen Antrag zeigen, wie Drohnenflughäfen in Zukunft aussehen könnten. Die Fluggeräte werden im Innern des Turmes beladen – von Robotern oder Menschen – und starten von zahlreichen Plattformen auf verschiedenen Ebenen. Mit dem höheren Startpunkt sinkt der Energieverbrauch der Drohnen, was eine höhere Nutzlast ermöglicht.

4) Unterwasserlager in Seen, Flüssen und Wassertanks

Ein weiteres Amazon-Patent lotet die Möglichkeiten der Lagerung von Waren im Wasser aus. Die Gegenstände werden in einen Behälter gegeben, der die Dichte reguliert und so eine Positionierung an der Oberfläche oder einer bestimmten Tiefe des Gewässers ermöglicht. Wird das versenkte Produkt gebraucht, bläst sich auf ein Signal ein Ballon auf, der den Behälter an die Oberfläche treiben lässt.

Waren lassen sich so auf verschiedenen Ebenen lagern, wobei die häufig gekauften Dinge oben schwimmen. Als Vorteile dieser Lagerung nennt Amazon im Antrag den quasi unbeschränkten Platz. Zudem müssten heute Roboter oder Arbeiter in den Logistikzentren grosse Distanzen zurücklegen, um die Bestellungen zusammenzusuchen. Ausserdem besteht in Flüssen die Möglichkeit, Waren ohne Energieverbrauch flussabwärts treiben zu lassen.

5) Zahlreiche kleine Patente für Drohnen und Roboter

Die futuristischen Visionen machen indes nur einen kleinen Teil aller Amazon-Logistikpatente aus. Ein Grossteil sind kleine Innovationen an Drohnen, Robotern und Fahrzeugen, die sicherheitshalber geschützt werden. Dazu gehören Ideen für Roboterarme, die Fahrspurzuordnung von Autonomen Fahrzeugen, Landevorrichtungen und Stationen für Drohnen oder neue Drohnendesigns (z.B. Dreiflügler).

Natürlich wird längst nicht jede Idee von Amazon irgendwann umgesetzt werden. Techkonzerne sind bekannt dafür, viele Patente anzumelden, damit sich die Idee niemand anders sichern kann. Zudem erlebte Amazon auch gewichtige Fehltritte, beispielsweise mit dem Fire Phone, das sich nicht gegen die Konkurrenz von Apple, Samsung und Co. durchsetzen konnte.

Doch die Stossrichtung ist offensichtlich. Und wenn es Amazon tatsächlich gelingt, das Zeitalter der autonomen Lieferkette einzuläuten, wird die Firma für die Weltwirtschaft eine noch viel disruptivere Rolle einnehmen, als sie es im Buchhandel getan hat.

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