Der Coup war überraschend, aber logisch: Die Zellweger-Luwa-Gruppe, bestehend aus den drei Divisionen Zellweger Uster, Luwa und Zellweger Analytics, hat sich in den letzten Jahren unterschiedlich entwickelt. Dies, obwohl die Anstrengungen, zyklische Abhängigkeiten zu verringern, zuoberst auf der Traktandenliste von VR-Präsident Thomas Bechtler und CEO Konrad Peter standen. Während sich Zellweger Uster, weltweit führend auf dem Gebiet der Textilelektronik, nach einem unter CEO Konrad Peter durchgepeitschten Restrukturierungsprogramm gemäss Plan entwickelt hat, bekunden die beiden anderen Bereiche nach wie vor Mühe.
Zellweger Uster hat letztes Jahr immerhin die Hälfte des Gewinns in die Konzernkasse gespült und liegt angesichtes der verbesserten Auftragslage in der Textilmaschinenindustrie gut im Wind. «Verkuppeln, wenn die Braut am schönsten ist», heisst ein altes Sprichwort. Daher hat Zellweger Luwa beschlossen, die Division Zellweger Uster zu veräussern. Gleichzeitig hat die Mehrheitsaktionärin Hesta sie besitzt 50,63% des Aktienkapitals und 79,8% der Stimmen ein beabsichtigtes Going Private von Zellweger Luwa angekündigt.
Eingangs war von einem logischen Schritt die Rede: Für Luwa und Zellweger Analytics würde das Prädikat «heiratsfähig» derzeit nicht zutreffen. Wie Zellweger Uster sind sie mit einem volatilen Marktumfeld konfrontiert, obwohl ihre Grösse nicht gering ist. Luwa sie ist auf dem Gebiet der Luft- und Klimatechnik tätig hat allein in der Textillufttechnik einen Marktanteil zwischen 40 und 60% und ist weltweit verankert. Ausgebaut werden soll in erster Linie der Bereich General Purpose Air, GPA, in den USA, wobei organisches Wachstum gemäss Management zunächst Vorrang hat. Erwartet wird für das laufende Jahr eine Ebit-Marge von weniger als einem Prozent, was kaum dazu angetan ist, Investoren in hellen Scharen anzulocken.
Gleiches gilt für Analytics. In dieser Sparte werden Gaswarnsysteme hergestellt. Die Marktanteile sind hier zwar mit 35% in der Halbleiterindustrie und mit 20% in der Petrochemie geringer, aber könnten sich sehr rasch weiterentwickeln. Vor allem, wenn die konjunkturellen Vorzeichen wieder besser sind. Das gilt speziell für die Halbleiterindustrie.
Die Modalitäten
Die von der Familie Bechtler kontrollierte Hesta wird das Kaufangebot für Zellweger Luwa unterbreiten, sobald der Verkauf von Zellweger Uster über die Bühne gegangen ist. Geboten werden verkaufswilligen Aktionären 100 Fr. pro Inhaberaktie von 7 Fr. Nennwert, was 55,7% über dem Durchschnittskurs der letzten 30 Handelstage vor der Bekanntgabe der geplanten Transaktion liegt. Vom Angebotspreis wird eine so genannte Superdividende in der Höhe von 44 Fr. abgezogen. Sie soll nach dem erfolgreichen Abschluss der Transaktion beim Verkauf der Zellweger Uster an die Aktionäre der Zellweger Luwa ausbezahlt werden.
Noch stehen aber zwei Entscheide aus: Das Placet der GV (im März) und jenes der EU.
Nachgefragt
«Hau-Ruck-Methoden sind nicht meine Art»
Thomas bechtler: Grossaktionär Thomas Bechtler will sämtliche Aktien der Zellweger Luwa übernehmen. Nach dem Teilverkauf soll der Titel an der Börse verschwinden.@HZ_Grundtxt_Frage:Haben Sie nicht zu lange mit dem Umkrempeln des Unternehmens zugewartet?
Thomas Bechtler: Solche Entscheide müssen reifen. Hau-Ruck-Methoden sind nicht meine Art. Wir haben diesen Entschluss mit Bedacht und mit Geduld gefällt und sind etappenweise vorgegangen: In einer ersten Phase wurden Devestitionen getätigt beispielsweise jene von Burckhalter und von Zellweger Energie. Wir wollten uns auf drei Kerngeschäfte fokussieren. Daran schloss sich die Phase der Konzentration auf Bereiche mit Marktführerschafts-Chancen an. Künftig werden wir zwei Standbeine haben.
Mit Zellweger Uster verkaufen Sie ein gutes Pferd im Stall.
Bechtler: Das macht durchaus Sinn. Wir haben unsere Hausaufgaben gelöst, aber Zellweger Luwa als Konzern hat nicht die Unternehmensgrösse, um drei selbstständige Divisionen zu führen. Das ist letztlich eine Frage der Mittelallokation. Eine starke Weiterentwicklung aller drei Unternehmensbereiche wäre schwierig geworden. Mit den neuen Eigentümern werden die Wachstumschancen für Zellweger Uster steigen. Kommt hinzu, dass das Synergiepotenzial mit den anderen Divisionen gering ist.
Wieso wurde gleichzeitig mit der Bekanntgabe des beabsichtigten Verkaufs von Zellweger Uster ein öffentliches Kaufangebot von Hesta AG für die Inhaberaktien der Zellweger Luwa AG angekündigt nicht unbedingt eine zwingende Folge dieser Transaktion?
Bechtler: Der angestrebte Turnaround von Luwa und der Ausbau von Zellweger Analytics benötigen mehr Zeit als erwartet. Wir möchten unsere langfristig ausgerichtete Strategie gerne ohne Druck das Kapitalmarktes durchziehen.
Der Angebotspreis von 100 Fr. pro Inhaberaktie mit einem Nennwert von 7 Fr. ist hoch und liegt 50% über den Schlusskursen der Handelstage in den letzten Wochen. Im Urteil der Analysten hätte er durchaus tiefer angesetzt werden können. Was ist der Grund für diese Grosszügigkeit?
Bechtler: Wir hätten durchaus tiefer gehen können. Aber uns lag an einem fairen Angebot, das nicht als Momentaufnahme gedacht ist, sondern die langfristigen Perspektiven von Zellweger Luwa reflektiert.
Durch die geplante Transaktion werden der künftigen Unternehmensgruppe, bestehend aus Luwa und Analytics, netto 115 Mio Fr. zufliessen. Wäre das nicht ein Anreiz für Akquisitionen, z. B. den Erwerb der Gebäudetechnik von ABB, die in Luwa eingegliedert werden könnte?
Bechtler: In mittelbarer Zukunft steht eindeutig das interne Wachstum zuoberst auf unserer Prioritätenliste.
Interview: Mélanie Rietmann