Der Zulauf ist enorm», sagt Marcel Stocker, Chef von Autofit Schweiz. Der grösste Verbund unabhängiger Fachgaragen habe seit Jahresbeginn 23 neue Garagenpartner hinzugewonnen. Inzwischen zählt die Kette, die der deutschen Temot angehört, in der Schweiz sechs Jahre nach dem Start 180 Garagen. Bis Ende Jahr dürften weitere hinzukommen, ist Stocker überzeugt. Das Potenzial liege bei rund 250 Schweizer Filialen.

Die unabhängigen Ketten mit ausländischer Einkaufsmacht im Rücken werden derzeit zum Zufluchtsort vieler Garagisten, deren Verträge von den Generalimporteuren per Ende Jahr gekündigt wurden. Die Kündigungen erfolgten im Zusammenhang mit dem Start der liberalisierten Wettbewerbsregeln Anfang 2005 (siehe Kasten). Derzeit bangen über 2000 Garagen darum, ob sie dann noch als Markenvertreter der mächtigen Importeure wie der Amag-Gruppe auftreten dürfen. Als Folge der Neuordnung rechnet der Präsident des Autogewerbeverbandes der Schweiz, Urs Wernli, mit dem Aus für 5 bis 10% der Garagisten.

*Günstigere Alternativen*

Eine sichere Zukunftsperspektive erhalten hingegen auch die Garagen, die sich der belgisch-schweizerischen Kette AD-Suisse anschliessen. «Wir wachsen stetig», sagt Oliver Métraux von der welschen Métraux Services AG, welche zu 29% an AD International beteiligt ist. Die derzeit 100 AD-Garagen in der Schweiz profitierten von günstigen Einkaufskonditionen von AD International. Die AD-Garagen sind die grössten direkten Konkurrenten von Autofit in der Schweiz. Beide Ketten sehen sich als echte Alternative zu den Markenanbietern. Oliver Métraux: «Der Konsument muss wissen, dass er die Wahl hat und nicht zum Markenverkäufer gehen muss.» Die ausländischen Ketten sind deutlich günstiger als die Markenanbieter. Über die genaue Preisdifferenz wollen sich zwar weder Métraux noch Stocker äussern. Doch beide Ketten bestätigen, dass ihr Stundenansatz tiefer sei. Die Markenanbieter müssten etwa viel grössere Investitionskosten überwälzen, begründet Métraux. Auf der Homepage von Autofit ist diesbezüglich folgender Seitenhieb gegen die Markengaragen zu lesen: «Als markenunabhängige Garage garantieren wir Ihnen, dass Sie keine teuren Showrooms oder Werbekampagnen mitfinanzieren müssen.»

Mit der anstehenden weiteren Marktöffnung vergrössern sich die Wachstumschancen für unabhängige Garagisten - welche bisher nur 20% der rund 5000 Schweizer Garagen ausmachten. Während die neuen Wettbewerbsvorschriften Autoverkäufern erlauben, die Fahrzeuge unabhängig von den Generalimporteuren zu beschaffen, dürfen die Werkstätten neu alle Marken warten und reparieren, ohne dass die Herstellergarantie erlischt. Die Verpflichtung, Neuwagenverkauf und Service unter einem Dach anzubieten, fällt weg.

*Preisrutsch für Ersatzteile*

Die Rahmenbedingungen verbessern sich für die ausländischen Ketten ab 2005 auch deutlich, da sie keine Originalersatzteile mehr verwenden müssen. Im Fall von AD Suisse, die sich Originalersatzteile bereits heute direkt bei den Herstellern beschaffe, dürften diese neu als original bezeichnet werden, erklärt Métraux. Das verbessere den Auftritt gegenüber den Kunden. Eine weitere Neuerung: Die Reparateure erhalten Zugang zu allen technischen Daten, welche die Autohersteller in der Schweiz bisher nur über die offiziellen Kanäle weitergaben.

Von den Umwälzungen profitieren auch die expansionsgierigen kleinen ausländischen Fast-Reparatur-Ketten wie Euromaster, Speedy und Midas (siehe Tabelle). Euromaster hat ihr Schweizer Filialnetz 2003 mit der Übernahme der Viborg-Garagen verdoppelt. Wie die Konkurrenz bietet sie kleine Reparaturen wie Öl- und Radwechsel an, ohne dass sich die Kunden dafür anmelden müssten. Euromaster, seit 1996 in der Schweiz, habe die Marktmacht der Generalimporteure zu spüren gekriegt. «In den letzten Jahren haben die Importeure den Kunden immer mehr und längere Garantien abgegeben, um sie für Reparaturen an die Markengaragen zu binden», sagt eine Sprecherin. Der Schweizer Markt sei bisher sehr abgeschottet gewesen.

Eigentlich ein grosser Player unter den Stop-and-Go-Autoketten ist Midas. In der Schweiz hielt der Expansionszug nicht Schritt mit dem Ausland, sagt Bruno Plazanet, der Chef von Midas Europa in der Monaco-Zentrale. Bisher gibt es erst zwei Midas-Garagen in Zürich. «Für die Expansion in der Schweiz fehlt uns ein Partner», sagt er. Immerhin kommt das Konzept bei den Kunden an, wie der Chef der Midas-Garage in Zürich Seebach erklärt. Schliesslich sei sein Service schneller und günstiger. «Unsere Arbeitskosten liegen ein Drittel unter dem Schnitt der traditionellen Anbieter», sagt er. Ab nächstem Jahr würden die Ersatzteile deutlich günstiger, ist er überzeugt.

*Angst vor teuren Auflagen*

Als sehr schwierig im Vergleich zum liberalisierteren Ausland bezeichnet Sandrine Gauba, Sprecherin der Speedy-Kette, den Schweizer Markt. Speedy-Schweiz ist erst mit drei Filialen vertreten. Über die Expansionspläne gibt sich Gauba zurückhaltend. Man wolle beobachten, wie sich der Markt entwickle.

Zweifel sind angebracht. Die Importeure wehren sich mit Händen und Füssen, damit sie nicht die Macht über die Vertriebsstrukturen verlieren, sagt Marco Belfanti vom Verband des freien Autohandels Schweiz.

Die Garagisten, denen die Verträge gekündigt wurden, befürchten, dass sie die Importeure durch die Hintertüre wieder ans Gängelband nehmen und der Wettbewerb auch künftig nicht spielen kann. Denn die Auflagen der Importeure für die neuen Verträge sind schwer zu erfüllen und forcieren die Garagen zu teuren Investitionen in die Showräume. Werkstattbesitzer kritisieren: Die unabhängigen Garagen erhielten zwar Zugang zu technischen Daten, die Markenvertreter würden aber Ersatzteile zurückbehalten oder die Lieferung verzögern. Laut Belfanti kommen die überhöhten Preise so nur schwer ins Rutschen.

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