Prachtvoll sieht ein knusprig gebratener Turkey (Truthahn) aus und vermittelt gemeinschaftliche Festfreude - sowohl im Hollywoodfilm als auch auf dem Esszimmertisch. Als Augenweide und Gaumenschmaus geniesst der Truthahn genauso wie die Weihnachtsgans volle Aufmerksamkeit.

«Truthenne», präzisiert Alfred von Escher, der wohl edelste Lieferant von qualitativ hochstehendem Frischfleisch an die gastronomischen Spitzenköche, «bei mir ist ausschliesslich die Truthenne, also das kleinere, weibliche Tier mit dem zarteren Fleisch und der feineren Haut aus der Bresse erhältlich.» Die im Frühling geschlüpften Trutenküken picken den Sommer über im Freiland die frischen Kräuter der Bresse, einer Landschaft in Ostfrankreich, und verwandeln sich in den rund sieben Monaten bis zu den Festtagen in imposante, schwarz gefiederte Tiere.

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Von Escher residiert im Erdgeschoss einer Wohnüberbauung im Zürcher Quartier Wollishofen, seine Tresore sind die grossen, begehbaren Kühlräume. Im einen lagert sein französisches Freilandgeflügel: Poularden und Kapaun aus der Bresse, Gänse, Enten, Perl- und Rebhühner, Tauben, Truthennen in der Saison, ein Fasan in seinem ganzen, wunderschön herbstfarbig schimmerndem Federkleid. Bis auf Kopf und Fuss ist das übrige Geflügel gerupft, Leib an Leib aufgereiht oder an den Füssen aufgehängt, damit das Fleisch optimal bei 0 Grad reifen kann und sein Aroma entwickelt.

Gänsebraten klassisch gefüllt

«Tiefgekühlt wird bei mir aus Prinzip nichts», erläutert von Escher, «das perfekte Zeitfenster für den Genuss lässt sich am Reifegrad des Fleischs erkennen.» Bei seinem Geflügel sind das zwischen 10 und 14 Tagen. Der Connaisseur nimmt den weissen Gänsekopf mit dem glänzend gelben Schnabel in die Handkuhle und drückt prüfend in die weisse, feinporige Haut des Brustkorbes: «Das wird eine köstliche Martinigans.» Entsprechend den höchsten Qualitätsansprüchen in der Aufzucht seiner Fleischtiere vertritt Geschmackspurist Alfred von Escher eine möglichst ungekünstelte Zubereitung, damit der Eigengeschmack sich entfalten kann. Er schlägt für die Gans eine klassische Füllung aus Brot, Innereien, Äpfeln, einem Ei zum Binden und als zurückhaltende Gewürze Peterli und Estragon vor. Das Vorurteil von fett und trocken gilt nicht für von Eschers Gans, doch: «Durchgebraten muss sie sein, nicht rosé, darin liegt das Geheimnis, auch wenn das Fleisch dadurch optisch weniger schön anzuschauen ist.»

So verlockend die Festtagsvögel sich bei Tisch machen, dem Weihnachtschinken laufen sie deswegen noch lange nicht den Rang ab. Die Verkäufe von ganzem Festtagsgeflügel stagnieren die letzten Jahre beim Spezialisten wie beim Grossverteiler. Mit ein Grund dürften die tendenziell steigenden Preise sein, denn bei Gänsen wie Truten haben die Weihnachtstiere kaum etwas mit jenen der industriellen Mastproduktionsart gemein. Und so gilt beim Spezialisten oder beim Grossverteiler: Rechtzeitig bestellen.

Genüssliches Warten angesagt

Von Eschers rudimentäre Homepage www.alfredvonescher.ch ziert ein üppiges, an einen flämischen Altmeister angelehntes Stillleben. Die genussvolle Opulenz zeigt sich beim «artisan en comestibles» mit der Frage nach der Zubereitung. Aromen und Düfte kräuseln verborgen Nase und Gaumen, vielleicht Erinnerungen, seine Augen funkeln: «Zur Truthenne passt Rahmwirsig», meint von Escher abwägend, «ein leichter Kartoffelgratin, die Füllung und dazu ein tiefer, schöner Meursault, ein Elsässer Riesling oder als Rotwein ein fülliger Pinot Noir.»

Seine 3 bis 4 Kilogramm schwere Truthenne schmort nur zweieinhalb Stunden bei 180 Grad im Ofen, um dann noch 50 Minuten bei 80 Grad durchzuziehen, während er die etwa Fünf-Kilogramm-Gans fünf bis sechs Stunden bei 120 bis 130 Grad in den Ofen schiebt und ihr Duft Zeit hat, aus der Küche zu entweichen und die Gäste langsam zu Tisch zu locken. «Dazu nur Rotkraut, exquisite Bratkartoffeln, einen roten Rhône-Wein», Alfred von Escher reibt sich erwartungsvoll die Hände, «ausgezeichnet würde hierzu endlich einer dieser Amarone passen.»

Was das fachgerechte Tranchieren betrifft, weiss der Feinkostspezialist auch von Spitzenköchen, die einen Heidenrespekt davor hätten. Anleitungen und Tipps gibt es zuhauf, doch genau wie sich der Koch vielleicht erst an einer Poularde oder Ente versucht, bevor er die Gans und den Truthahn in Angriff nimmt, hält es sich mit dem fachgerechten Aufschneiden: Übung macht den Meister. Darum immer erst den ganzen Braten direkt aus dem Ofen nehmen, den Gästen zeigen und sich an ihren Ahs und Ohs erfreuen.