Unique hat es vorgeführt: Sparen können die Unternehmen auch mittels Lohnkürzungen. Die Flughafengesellschaft hat, mit dem Einverständnis der Mitarbeiter, beschlossen, die Löhne ab kommenden Jahr um bis zu 3% zu reduzieren. Die Kürzung ist nach Jahreseinkommen abgestuft: Angestellte, die weniger als 40000 Fr. verdienen, verzichten auf 1% ihres Lohnes, bei Gehältern zwischen 40000 und 60000 beträgt die Reduktion 2% und bei jenen über 60000 Fr. 3%.
Die bis Ende März 2005 befristete Massnahme soll dem krisengeschüttelten Unternehmen Einsparungen in der Höhe eines «einstelligen Millionenbetrags» bringen, wie Pressesprecherin Sonja Zöchling sagt.
An den Lohnkosten gespart wird auch in anderen Firmen. Die Kürzungen betreffen zwar in den allermeisten Fällen nicht die ganze Belegschaft, wie bei Unique oder Swiss. Aber «punktuelle Lohnreduktionen haben in den letzten anderthalb Jahren frappant zugenommen», so Susanne Erdös, Zentralsekretärin des kaufmännischen Verbands (KV) Schweiz .
Gekürzt werden die Löhne in jeder Branche und über alle Hierarchiestufen hinweg. Intensive Diskussionen über Lohnreduktionen haben nicht nur in der einstigen Hochlohn-Branche der Fiannzdienstleister stattgefunden. Auch in der Maschinen- und Elektroindustrie überlegt man sich solche Sparmassnahmen, wie Vital Stutz, Geschäftsführer des Angestelltenverbandes der Maschinenindustrie (VSAM), sagt. Verbreitet sind die Reduktionen aber vor allem in KMU, in denen hauptsächlich Kaderangestellte vermehrt mit Lohnreduktionen konfrontiert werden.
So hat etwa die Baufirma Messmer in Sulgen einem Teil der Belegschaft die Löhne reduziert. Und das Aluguss-Unternehmen Injecta im aargauischen Teufenthal liess sich, gemäss Gewerkschaftsberichten, von seinen Mitarbeitern Überstunden schenken.
Aber auch grössere Unternehmen machen vor versteckten Lohnreduktionen nicht halt: Die Migros Ostschweiz etwa hat Mitarbeitern Zulagen und Ortszuschläge gestrichen. Zurzeit sind auch Personalvertreter und Geschäftsleitung des krisengeschüttelten Energie-Konzern Alstom daran, über Lohnreduktionen, aber auch alternative Arbeitszeitmodelle zu beraten. Erste Vorschläge sollen dem Personal noch im August unterbreitet werden. Heute ist man sich aber noch nicht einig, in welchem Verhältnis die Lohn- und Zeitreduktion stehen sollen.
einige vorteile
Die Idee, besser das Lohnniveau hinunterzufahren als den Mitarbeiterbestand, ist nicht schlecht: So haben empirische Studien von Ernst Fehr, Leiter des Instituts für empirische Wirtschaftsforschung, ergeben, dass ein Stellenabbau umso geringer ausfällt, je eher die Löhne sinken. Und auch für die Unternehmen selbst ist es von Vorteil, wenn sie ihre Mitarbeiter behalten können: Sie bewahren wertvolles Know-how und sind rechtzeitig für einen nächsten Aufschwung gerüstet.
Doch Lohnkürzungen sind nicht für alle Unternehmen eine passable Lösung. Denn mit Kosten senken alleine ist es bei vielen Firmen nicht getan. Die Schwierigkeiten sind vielerorts struktureller Art. Hier ist vielmehr eine Neuausrichtung der Tätigkeiten nötig. So stellen sich gerade Bankenvertreter gegen Lohnreduktionen als Alternative zu Stellenabbau (vgl. Nr. 10 vom 3. Mai 2003). Ausserdem warnen Arbeitspsychologen auch vor den negativen Auswirkungen der Lohnschnitte auf die Motivation der Mitarbeiter. «Man muss Lohnkürzungen auf jeden Fall mit den Mitarbeitern diskutieren, die Massnahme muss ihnen aber plausibel sein, sonst wirkt sie schnell demotivierend», sagt Norbert Thom, Leiter des Instituts für Personal und Organisation (IOP) der Uni Bern.
nicht gerne gesehen
Kein Wunder also, wenn sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter ausnahmsweise ähnlicher Meinung sind und Lohnkürzungen nicht gerne sehen: Arbeitgeberpräsident Peter Hasler weist vor allem auf das Risiko der Demotivation in der Belegschaft hin. Auch Serge Gaillard, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, hält nichts von Lohnkürzungen. «Sie sind kein geeignetes Instrument, um Arbeitsplätze zu retten.» Dazu VHTL-Zentralsekretär Robert Schwarzer: «Wer Löhne in unserem Bereich von 4000 bis 5000 Fr. nicht bezahlen kann, wird auch nicht in der Lage sein, Arbeitsplätze zu garantieren.»
Der Angestelltenverband der Maschinenindustrie geht noch einen Schritt weiter. Der VSAM akzeptiert eher einen Stellenabbau als einen Lohnschnitt. Geschäftsführer Vital Stutz: «Uns ist es lieber, die Firmen arbeiten mit einer verkleinerter Kernbelegschaft, als die Mitarbeiter mit gekürzten Löhnen zu demotivieren.». Denn Lohnkürzungen von 3%, wie von Unique beschlossen, brächten den Firmen nichts, so Stutz. Kostenmässig wirksam würden erst Reduktionen ab 10%. Reduktionen kommen für Stutz denn auch nur im äussersten Notfall in Frage: Dann, wenn keine Alternativen wie Kurzarbeit möglich sind, die Reduktion zeitlich befristet ist, die Mitarbeiter eine Arbeitsplatzgarantie erhalten und sie mit der Kürzung einverstanden sind.
«Robustness and Real Consequences of Nominal Wage Rigidity», Ernst Fehr und Lorenz Goette, www.iew.unizh.ch/wp/iewwp044.pdf