Eine klare Mehrheit– knapp drei Viertel der Stimmbürger – hat sich gegen das Referendum und damit für das neue Geldspielgesetz in der aktuellen Vorlage entschieden. Mit anderen Worten: Wenn es um Casinos, Poker, Lotterien und Sportwetten geht, hört es sich mit dem in der Schweiz so hoch gehaltenen Liberalismus auf.

Der Bundesrat zieht jetzt Schranken insbesondere im Online-Glücksspiel hoch. Wer über sein Geld frei bestimmen und damit zocken will, darf das inskünftig nur noch eingeschränkt tun, und zwar mit Schweizer Anbietern. Das Spielen mit ausländischen Anbietern ohne Lizenz wäre nach Inkrafttreten des Gesetzes illegal. Das war es bislang übrigens nicht! Auch wenn das die Schweizer Geldspielunternehmen in ihren Kampagnen immer behauptet haben. Denn Angebote, die vom alten Gesetz gar nicht erfasst werden, können per se nicht illegal sein. Trotzdem wurden Casinos und Lotterien nicht müde, die bösen ausländischen Glücksspielanbieter als gesetzwidrige Invasoren darzustellen.

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Eine Frage der Umsetzung

Eines der Hauptargumente für das Gesetz war der Spielerschutz: ausländische Anbieter hätten nicht gleich hohe Standards wie die Schweizer Glücksspielfirmen. Deswegen seien sie auszuschliessen. Eigenartigerweise sehen das die meisten EU-Länder nicht so und sind mit deren Spielerschutzmassnahmen recht zufrieden. Hängt es doch nur davon ab, wie das Gesetz ausgestaltet ist und angewandt wird. Die internationalen Glücksspielfirmen sind schon seit Jahrzehnten mit ihren Online-Angeboten in Europa auf dem Markt – viel länger als Schweizer Casinos und Lotterien.

Ein weiteres Argument der Geldspielgesetz-Befürworter waren Steuereinnahmen und Gemeinnützigkeit: Fremdanbieter würden keine Gebühren abliefern, die AHV, IV und Kulturschaffenden zugute kämen. Viel Geld würde ins Ausland abfliessen. Allerdings hat sich der Bundesrat auch nicht die Mühe gemacht, ebenjene Fremdanbieter per Gesetz zu Abgaben zu verpflichten, wenn sie schon auf dem Schweizer Markt zugelassen würden.

Indirekte Schädigung der Staatskasse

Eine Auftragsstudie des Bundesamtes für Justiz kam zum Schluss, dass bei zusätzlichen Konzessionen für ausländische Anbieter in Kombination mit einem Gesetz zur Gebührenabgabe wesentlich höhere Einnahmen für den Fiskus erzielt werden könnten als bei einem pauschalen Verbot. Jetzt verzichtet man darauf und schädigt damit indirekt die Staatskasse. Und das zu Gunsten eines geschützten, zutiefst antiliberalen Marktes für einige wenige Firmen, die sich dem Wettbewerb entziehen und nicht so innovativ sein müssen.

Die Konsequenz wird sein, dass Glücksspieler einen Weg finden werden, trotzdem mit Bwin, bet365 und anderen internationalen Anbietern im Internet zu spielen. Die geplanten bundesweiten Netzsperren gegen diese wirken schwach und sind eine niedrige technische Hürde, die leicht umgehbar ist.

Beträchtlicher Kollateralschaden

Aber der Kollateralschaden ist bereits beträchtlich: werden in der Folge weitere Anbieter aus dem Ausland, beispielsweise im Tourismus (Airbnb, Booking.com) gesperrt werden, weil sich etwa die Hotellerielobby durchsetzt? Wenn man einmal damit anfängt, Internetzensur einzuführen, öffnet man diversen Interessengruppen Tür und Tor, solche Sperren und Zensuren im Eigeninteresse durchs Parlament zu kriegen. Diese können sich ja mit dem neuen Geldspielgesetz auf einen Präzedenzfall berufen.

Übrig bleibt nach diesem sehr klaren Abstimmungsergebnis ein schaler Nachgeschmack. Casinos und Lotterien haben eine Gehirnwäsche betrieben, die ihresgleichen sucht. Unsummen wurden in die Kampagne gebuttert, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen, Events auf Kantonsebene gesponsert und Kulturvereine mobilisiert; nach dem Motto: wenn ihr nicht gute Stimmung für unser Gesetz macht, dann sind eure Fördergelder gefährdet. Das ist billige Angstmacherei. Kommt hinzu, dass die Schweizer Glücksspiellobby ihre Vorstellungen von einem neuen Gesetz bei den Verhandlungen in den Rechtskommissionen praktisch eins zu eins in den Block diktiert hat. Fast jedem Wunsch wurde entsprochen.

Die mit dem Geldspieldossier betraute Bundesrätin Simonetta Sommaruga und ihre Berater waren wohl überfordert und hatten nicht das nötige Knowhow, um den ausgebufften Juristen und langgedienten Branchenprofis etwas entgegenzuhalten. Die Chance auf ein modernes, kompetitives Geldspielgesetz, das nicht nur den Schweizer Glücksspielbetrieben, sondern auch den Steuerzahlern und der Allgemeinheit zugute kommt, hat man vertan.